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Ernährung Richtige Ernährung bei Reizdarm

10 bis 15 Prozent der Deutschen, v. a. Frauen, haben einen sogenannten Reizdarm, d. h. die Funktion des Darms ist gestört. Doch die Symptome wie Bauchschmerzen, Blähungen oder Völlegefühl können durch die richtige Ernährung beeinflusst werden. Ernährungsexpertin Jutta Löbert gibt Tipps, was Betroffene - eine Zeit lang - von ihrem Speiseplan streichen sollten.

Stand: 04.01.2021

Frau liegt mit einer karierten Decke und einer roten Wärmflasche auf einem Sofa. Sie leidet unter Bauchschmerzen. | Bild: Colourbox

Symptome

Unter Reizdarm versteht man eine Funktionsstörung des Darms mit typischen und andauernden Symptomen, die auch im Wechsel auftreten können:

  • Bauchschmerzen
  • Druckgefühl
  • Völlegefühl
  • Blähbauch
  • Blähungen
  • Durchfall oder Verstopfung (oft beides im Wechsel)

Mögliche Ursachen

Die Ursachen für einen Reizdarm sind bisher nicht vollständig geklärt. Mögliche Faktoren können sein:

  • Fehlsteuerungen des Nervensystems: Das Hormon Serotonin kann zu einer fehlerhaften Kommunikation von Nerven und Darmmuskeln führen.
  • Überempfindlichkeit des Darms: Es besteht eine erhöhte Empfindlichkeit der Darmmuskulatur bei Reizen. Die Regulation der Darmwandmuskultur erfolgt über das autonome Nervensystem. Ist dieses funktionell gestört, kommt es zu einer erhöhten Empfindlichkeit und zu einer gestörten Darmbewegung.
  • genetische Faktoren

Die Ernährung sowie psychische Gründe gelten in der Regel nicht als Auslöser für einen Reizdarm. Sie können aber eine Verstärkung der Symptome bewirken.

Einfluss der Ernährung

Die Symptome können durch eine ballaststoffreiche und ausgewogene Ernährung beeinflusst werden. Teilweise reicht eine veränderte Ernährungsweise (in Ergänzung zu Medikamenten und psychologischen Verfahren) aus, um die Reizdarmbeschwerden deutlich zu verbessern.

Im Fokus sind sog. FODMAPs (= best. Kohlenhydrate und Zuckeralkohole), aber:

  • Manche Reizdarmpatienten vertragen vermutlich lediglich kleine Mengen davon und können die Zucker nur unvollständig im Dünndarm abbauen.
  • Bakterien im Dickdarm zerlegen die FODMAPs, was die typischen Symptome auslöst.
  • Zum Teil bereiten auch nur bestimmte Zucker wie Milchzucker oder Fruchtzucker Probleme.
  • Manche Betroffene reagieren eventuell auf Gluten, das Klebereiweiß aus Weizen, oder auf andere Inhaltsstoffe in Weizen empfindlich - obwohl keine Zöliakie vorliegt.

Allgemeine Ernährungstipps

  • Langsam essen und gründlich kauen, um nicht zu viel Luft zu schlucken (die den Bauch aufbläht).
  • Nicht zu große Portionen essen.
  • Kaffee und Schwarztee nur in Maßen trinken.
  • Wenig oder am besten keinen Alkohol zu sich nehmen.
  • Genügend trinken, circa 1,5 Liter Flüssigkeit täglich.
  • Häufig verdauungsfördernde Gewürze wie Kümmel, Fenchel, Pfefferminze, Ingwer, Kurkuma, Koriander verwenden.
  • Abends nur leicht verdauliche Speisen essen und wenn möglich keine Rohkost.

FODMAPs-Diät

Reizdarmpatienten sollen möglichst alle Stoffe aus der Ernährung eliminieren, die diese Symptome hervorrufen könnten.
Die Theorie: Der Verzehr von schlecht resorbierbaren, kurzkettigen Kohlenhydraten soll durch osmotische Wirkungen und schnelle Fermentation im Darm zu den Beschwerden führen.
Viele Reizdarm-Patienten reagieren auf bestimmte Lebensmittel mit Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung oder Durchfall. Essen sie weniger FODMAPs, lassen die Beschwerden oft nach.

FODMAP

Fermentierende (F)
Oligosaccharide (O),
Disaccharide (D),
Monosaccharide (M)
und/and (A)
Polyole (P).

Es handelt sich dabei also um bestimmte Zuckerarten, die im Dickdarm von Bakterien verstoffwechselt werden, wenn sie nicht in ausreichendem Maße zuvor im Dünndarm abgebaut wurden. Das kann typische Reizdarmbeschwerden hervorrufen.

FODMAPs sind zum Beispiel

  • Milchzucker (Laktose)
  • Fruchtzucker (Fruktose)
  • Raffinose
  • Stachyose
  • Sorbitol

In enger Abstimmung mit dem Arzt oder der Ärztin und gegebenenfalls einer Ernährungsberatung verzichtet der Patient für ca. vier Wochen komplett auf FODMAPs.
Bessern sich die Beschwerden dadurch deutlich, wird im Anschluss die individuelle Verträglichkeit der einzelnen Lebensmittel stufenweise ausgetestet.

Wichtig

Machen Sie nicht in Eigenregie eine komplette Auslassdiät, schon gar nicht über einen längeren Zeitraum, d. h. länger als vier Wochen. Denn das kann aufgrund der eingeschränkten Lebensmittelauswahl zu Mangelerscheinungen führen. Außerdem zeigen Studien, dass ein dauerhafter Verzicht auf FODMAPs negative Effekte auf die Darmflora hat, besonders hinsichtlich der "gesunden" Bakterien im Darm. FODMAPs dienen zum Beispiel Milchsäurebakterien als Futter.

Lebensmittel, die viele FODMAPs enthalten

  • Weizenbrot, Roggenbrot, Gerste, Couscous, Weizenkleie, Sojamehl, Müsli, Nudeln aus Hartweizen
  • Süßigkeiten, Kuchen
  • Milch, Eis, Joghurt, Streichkäse, Buttermilch, Frischkäse, Quark, Mascarpone, Hüttenkäse, Pudding
  • Pistazien, Cashewnüsse
  • Artischocken, Avocado, Spargel, Pilze, Zwiebeln, Lauch, Rote Bete, Pastinake, Knoblauch, Blumenkohl, Erbsen, Bohnen und andere Hülsenfrüchte
  • Äpfel, Aprikosen, Kirschen, Mangos, Nektarinen, Pfirsiche, Pflaumen, Birnen, Wassermelone
  • Chutneys, Fruchtaufstriche, Fertigsoßen
  • Honig, Maissirup, Süßungsmittel, Agavendicksaft
  • Obstsäfte, Kokoswasser

Lebensmittel, die wenig FODMAPs enthalten

  • Buchweizen, Hirse, Haferflocken, Polenta, Quinoa, Vollkornreis, Wildreis
  • glutenfreie Brote und Süßigkeiten
  • laktosefreie Milchprodukte, Butter, Hartkäse, Schnittkäse
  • Eier, Fisch, Fleisch, Tofu
  • Nüsse und Samen
  • Karotten, Brokkoli, Bambussprossen, Chinakohl, Auberginen, Salat, Oliven, Kartoffeln, Spinat, Kürbis, Zucchini, Tomaten, Papaya, Paprika, Gurke
  • Bananen, Blaubeeren, Honigmelonen, Kiwi, Zitrone, Erdbeeren, Himbeeren
  • Sojasoße, Senf, Essig
  • Fruchtsaftschorle (selbst gemischt, wenig Saft), Kokosnuss
  • Haushaltszucker, Ahornsirup

Hinweis

Die Verträglichkeit der Lebensmittel ist sehr individuell. Es kann sein, dass manche Menschen Lebensmittel mit vielen FODMAPs gut vertragen und solche mit wenigen nicht. Auch spielt die Kombination der Lebensmittel eine Rolle. 

Fazit

  • Es gibt keine spezielle Reizdarmsyndrom-Diät! Eine individuell auf die Symptome abgestimmte Ernährung, sowie eine Änderung des Lebensstils können jedoch den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen.
  • Die Basis ist eine vollwertige, dem Energiebedarf angepasste Ernährung mit einer möglichst fettarmen Zubereitung der Speisen. 
  • Lebensmittel sollten Betroffene nur dann meiden, wenn ihr Verzehr regelmäßig Beschwerden hervorruft und ihr Verzicht zu einer Besserung der Beschwerden führt. 
  • Das kann auch auf zu heiße, zu kalte sowie panierte, frittierte, geräucherte und zu stark gewürzte Speisen zutreffen.
  • Lebensmittel auf bloßen Verdacht hin vom Speiseplan zu streichen, schränkt die Lebensmittelauswahl unnötig ein und kann eine Fehl- und Mangelernährung begünstigen.

Bleiben Sie gesund! - wünscht Jutta Löbert und "Wir in Bayern"-Redaktion


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