Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte das erste Urteil der Augsburger Richter kassiert und dem Revisionsantrag der Augsburger Staatsanwaltschaft stattgegeben. Seit heute wird das Strafmaß von der 1. Strafkammer des Augsburger Landgerichts neu verhandelt. Die Tat im März 2021, der Tathergang, sowie die Schuld des Angeklagten sind laut dem Richter unstrittig, das sei vom BGH auch so festgestellt worden. Der angeklagte 51-Jährige sei verantwortlich, seinen Wagen mit fast 100 km/h und durchgedrücktem Gaspedal von der B17 gegen einen Baum gelenkt und seine damalige Frau dadurch lebensgefährlich verletzt zu haben. Der Richter spricht in der Wiederaufnahme des Verfahrens daher auch nicht von einem "Unfall", sondern von "dem Vorfall".
Opfer sagt erstmals aus
Erstmals sagte die Frau vor Gericht aus: Sie ist Opfer, Zeugin und Nebenklägerin und sitzt seit dem Vorfall im Rollstuhl. Gehen könne sie nur noch kurze Strecken, sagte sie am Vormittag, viel mehr als ein paar Schritte auf die Terrasse seien nicht möglich. Sie habe keine Erinnerungen an den Unfall, schilderte aber, wie sie danach im Koma lag und anschließend sieben Monate in verschiedenen Kliniken verbringen musste. Erst im Juni wurden ihr Metallplatten aus dem Körper entfernt, eine Schmerzlinderung sei dadurch aber nicht eingetreten. Sie müsse viermal täglich starke Schmerzmittel und Antidepressiva nehmen. "Ich werde mein ganzes Leben mit Schmerzen leben müssen", erklärte sie zum Abschluss ihrer bewegenden Schilderung. Ihre Angaben wurden später von den behandelnden Ärzten bestätigt.
Die schweren gesundheitlichen Folgen des Unfalls – so der Richter – sei ein zentraler Aspekt der neuen Strafbemessung. Sie waren laut BGH im ersten Urteil "nicht angemessen" berücksichtigt worden, weshalb der Fall nun erneut verhandelt wird. Im ursprünglichen Urteil war der Angeklagte zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt worden.
Angeklagter hält Tatvorwurf für "absurd"
Unstrittig sind nach Ansicht des BGH der Tathergang und auch die Schuld des Angeklagten, selbst wenn dieser auch bei der Neuverhandlung heute die Vorwürfe immer wieder als "absurd" zurückwies. Er finde es nach wie vor "absurd", dass er sein Auto absichtlich mit fast 100 km/h gegen einen Baum gelenkt und dadurch sich selbst, vor allem aber seiner jetzigen Ex-Frau schwerste Verletzungen zugefügt haben solle. Warum solle er das getan haben, fragt er immer wieder, seine jetzige Situation im Gefängnis gebe viel mehr Grund zum Selbstmord als die für ihn "einvernehmliche Trennung". Aus seiner Sicht "quäle" sich der 51-Jährige heute "nur so durchs Leben".
Urteil könnte härter ausfallen
In den kommenden Verhandlungstagen wird zu bewerten sein, ob die Tat bedingt vorsätzlich oder mit Tötungsabsicht durchgeführt wurde und ob es sich rechtlich um eine schwere Körperverletzung handelt. Grundsätzlich, so der Richter, könne der Angeklagte auch mit einer milderen Strafe "davonkommen" als den zehn Jahren Gefängnis, zu denen er ursprünglich verurteilt war. Das scheint allerdings eher unwahrscheinlich, da der Revisionsantrag der Verteidigung vom BGH abgelehnt wurde und nur dem Revisionsantrag der anklagenden Staatsanwaltschaft stattgegeben wurde.
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