Sepp Heindlmaier beim Mosten auf seinem Hof in Enhofen bei Winhöring.
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Sepp Heindlmaier beim Mosten auf seinem Hof in Enhofen bei Winhöring.

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Apfelmost - Ein altes Getränk neu entdeckt

Das Mosten hat in Südostbayern und in Teilen Österreichs eine sehr lange Tradition. Dort kennt man den Most teilweise sogar schon länger als das Bier. Jetzt im Oktober wird der Apfelwein noch immer auf vielen Höfen selbst hergestellt.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 Zeit für Bayern am .

Sepp Heindlmaier aus Winhöring im Landkreis Altötting hat an diesem Sonntagmorgen schon einiges geschafft: Die über 100 Jahre alte Mostpresse aus dem Stall gezogen, sie noch einmal mit Wasser saubergespritzt und aufgebaut. Dutzende Eimer voller Äpfel wurden schon am Vortag zusammengesammelt und stehen jetzt bereit, um im großen Wassergrandl gewaschen zu werden. Wenn um 9 Uhr seine beiden Freunde Günther und Lenz kommen, wird die alte Mostpresse mit der aufgesetzten Zerkleinerungsmaschine angemacht. Rund 30 Liter Apfelsaft sollen an diesem Vormittag gepresst werden. Und daraus wird dann in ein paar Monaten Mostwein.

Most wurde früher auf fast allen Höfen selbst hergestellt

"Früher ist noch kein Bierwagen gekommen. Da hat man die Getränke noch selbst gemacht. Zu Großvaters Zeit ist dann sogar der Drester, also der Apfelkuchen, noch einmal eingeweicht und gepresst worden", erzählt Sepp Heindlmaier, während er an der lauten Maschine die zerkleinerten Apfelstücke in einem großen Holzkorb auffängt. Gleich werden die zerkleinerten Apfelstücke mit einer langen Eisenstange und zwei aufeinandergelegten Holzscheiben so lange ausgepresst, bis unten kein Saft mehr rausläuft.

Früher wurde Most fast auf jedem Bauernhof in der Region selbst hergestellt. Denn alles, was man dafür brauchte, war ein Obstgarten und eine Pressmaschine. Getrunken hat man den Most dann aber nicht nur, wenn Besuch da war oder zur Feierabend-Brotzeit - sondern mit Wasser verdünnt auch während der schweren Arbeit. Denn man war davon überzeugt, dass der Most Kraft gibt. Das war auf dem Heindlmaier-Hof bis etwa der 1960er-Jahre so. Danach ist der Most dann langsam in Vergessenheit geraten.

Ein fast vergessenes Getränk neu entdeckt

Nicht nur aus Trauben, auch aus Äpfel und Birnen kann man Wein machen, Obstwein. In Süddeutschland heißt er "Most". Der Name stammt vom Lateinischen "mostum" für 'gärendes Getränk'.

Most, der sortenrein aus Äpfeln oder Birnen oder auch gemischt hergestellt werden kann, ist bis heute im östlichen Bayern und im angrenzen Österreich bekannt, wo sogar eine Gegend danach benannt ist, das Mostviertel. Und gerade in letzter Zeit wird der Most als alkoholärmere Alternative zum Weintraubenwein vielerorts wieder neu entdeckt. Wer ihn probieren will, kann das auch auf den Mostfesten in der Gegend tun.

Seit den 1980er-Jahren gibt es auch in Winhöring einmal jährlich ein traditionelles Mostfest, eines der größten Feste in der Gemeinde. Und da hat das mit dem Mosten im Ort dann auch wieder langsam angefangen. Viele Bauern und Gartenbesitzer aus der Umgebung, aber auch Vereine, bringen ihre Äpfel seitdem auf den Heindlmaier-Hof zum Mosten, denn die uralte Maschine, vermutlich aus dem Jahr um 1912, funktioniert auch noch heute noch einwandfrei.

Nach rund drei Monaten wird aus Apfelsaft Obstwein

Mittlerweile ist es 11 Uhr und fast alle Äpfel sind gepresst. An der schattigen Hauswand stehen die großen Plastikkanister schon aufgereiht - sie sind bis oben hin mit Saft gefüllt. Bevor die Maschine ausgespritzt und der Hof gekehrt wird, heißt es jetzt erst einmal: selbst probieren! Der frisch ausgepresste Apfelsaft hat eine trübe Farbe und schmeckt fruchtig-sauer.

Sepp Heindlmaier erklärt, wie es dann nach dem Pressen weitergeht. Denn aus dem Apfelsaft soll ja irgendwann mal Most werden: "Der Saft kommt dann in Fässer, dann kommt ein sogenannter 'Gärspund' drauf und darin ein kleiner Wasserbehälter, damit keine Luft reinkommt. Das blubbert dann und je wärmer es im Keller ist, umso schneller geht es. Wenn es still geworden ist, dann ist er ausgegoren".

Rund drei Monate dauert es, bis aus Apfelsaft Most wird. Umso länger er mit dem sogenannten "Gärspund" im Fassl bleibt, umso stärker wird er. Denn das funktioniert so: Durch den speziellen Verschluss kann zwar der Druck, der durch die Gärung entsteht, raus. Das Wasser im Gärspund sorgt aber dafür, dass von oben keine Luft reinkommt, damit der Most nicht sauer wird.

Wenn der Gärprozess abgeschlossen ist, wird der Most in Flaschen umgefüllt. Etwa zwei Jahre ist er dann haltbar.

"Most war fast out, doch jetzt ist die Zeit wieder gekommen"

Most hat einen eigenen, sauer-herben Geschmack, das muss man mögen. Er ist nicht ganz so fein, wie beispielsweise der französische Cidre und schmeckt ein bisschen "rass" - wie man in der Gegend rund um Altötting sagt, also geschmacklich gewöhnungsbedürftig. Denn für den Most werden hauptsächlich säuerliche Apfelsorten oder die spezielle "Mostbirne" verwendet. Und der Zusatz von Zucker ist beim echten Most verboten.

Auf dem Mostfest in Winhöring wird deshalb nicht nur der pure Obstwein ausgeschenkt, sondern auch Mostschorlen. Und dieses Getränk mit einem geringen Alkoholanteil schätzen mittlerweile auch wieder mehr junge Menschen, sagt der Vorsitzende der Gartenbau-Ortsvereine im Landkreis Altötting, Clemens Jobst: "Vor 20, 25 Jahren war Most fast out. Und jetzt ist die Zeit wieder gekommen, auch bei jungen Leuten, die mit dem gespritzten Most ganz zufrieden sind".

Most hat ein paar Vorteile gegenüber dem Bier

Das bestätigt auch Hans Wick, der das Fest jedes Jahr organisiert. Er sagt, dass der Most auch eine wichtige Bedeutung für das Dorf hat und eine Gelegenheit für Jung und Alt ist, zusammenzukommen: "Des mit Abstand größte Fest, das wir hier machen. Es ist halt was Tolles und Besonderes und das macht den Reiz von dem Fest aus".

Feste mit Bier gibt es genug in Bayern. Mostfeste sind seltener und eher im östlichen Bayern üblich. Doch im Vergleich Bier vs. Most hat der Apfelwein ein paar Vorteile: Er ist alkoholärmer, insgesamt bekömmlicher und wenn er warm wird, schmeckt er immer noch gut. Man kann ihn sogar erhitzen und mit Honig verfeinern – dann ist er auch nicht mehr ganz so kernig.

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