Szene aus einem Kindergarten
Bildrechte: BR/Andreas Schuster

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel wird ein Nürnberger Kitaträger mit einer ungewöhnlichen Maßnahme zum Vorreiter: kürzere Arbeitszeiten.

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Arbeitszeitmodell: Nürnberger Kita-Träger wird zum Vorreiter

In vielen Kitas fehlt es an Erzieherinnen und Erziehern. Im Kampf gegen den Fachkräftemangel wird ein Nürnberger Kitaträger mit einer ungewöhnlichen Maßnahme zum Vorreiter: indem er die Arbeitszeiten reduziert.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Der Fachkräftemangel trifft so gut wie jede Branche. Doch wenn es in Kindertagesstätten an Personal fehlt, sind die Folgen oftmals gleich an mehreren Stellen spürbar: Bleibt die Kindertagesstätte zu, muss häufig ein Elternteil zuhause bleiben und kann keiner Arbeit nachgehen. Die Kita-Träger stehen deshalb unter besonderem Druck, ausreichend Personal zu finden.

Über einen halben Tag weniger Arbeiten

Mit dem Kinderhaus geht in Nürnberg jetzt ein Träger neue Wege: Zum Jahreswechsel will es die Wochenarbeitszeit seiner Beschäftigten spürbar reduzieren – bei gleichem Lohn. Um als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben und ältere Beschäftigte länger im Job zu halten.

Noch ist das neue Arbeitszeitmodell im Kinderhaus Nürnberg mit seinen rund 20 Einrichtungen nicht vollständig in trockenen Tüchern. Viele Fragen sind noch offen. Trotzdem hat Geschäftsführerin Carola Weise die Grundzüge des neuen Arbeitszeitmodells ihren 230 Beschäftigten bereits angekündigt: Die Wochenarbeitszeit von bislang 38,5 Stunden wird spürbar reduziert – auf 36 Stunden. Wer über 60 Jahre alt ist, muss sogar ab Januar voraussichtlich sogar nur noch 34 Wochenstunden arbeiten.

Auch flexiblere Arbeitszeiten möglich

Bei den Beschäftigten des Kinderhauses Nürnberg kommt das neue Arbeitszeitmodell ihres Arbeitgebers gut an. Gabriela Helbling, die langjährige Leiterin der Kita Siegfriedstraße in Nürnberg freut sich: "Ich finde das schon eine sehr große Entlastung". Weil sie über 60 Jahre alt ist, muss sie voraussichtlich ab Januar 4,5 Stunden pro Woche weniger arbeiten.

Für sie und ihre Kolleginnen und Kollegen soll das Arbeiten mit der neuen Regelung auch flexibler werden. So könnten die einen später gehen, während andere früher gehen und wiederum andere vielleicht sogar auf eine Vier-Tage-Woche umsteigen.

Träger will ältere Beschäftigte halten …

Auch wenn "weniger arbeiten" in Zeiten des Fachkräftemangels erst einmal widersprüchlich klingt: Für das Kinderhaus Nürnberg und Geschäftsführerin Carola Weise ist das neue Arbeitszeitmodell genau der richtige Weg.

Unter den 230 Beschäftigten in den Kitas seien auch viele Ältere, die sich die teils körperlich anstrengende Arbeit in einer Krippe mit dem ständigen Hochheben von Kindern nicht bis zum regulären Renteneintritt zutrauen, so Weise. Mit den reduzierten Arbeitszeiten helfe man diesen älteren Kolleginnen und Kollegen, ihre Arbeit länger ausführen zu können. Es gehe mit dem neuen Arbeitszeitmodell auch darum, ein "Signal zu setzen: Bleibt bitte bei uns! Geht nicht vorzeitig in Rente! Wir brauchen euch als erfahrene Fachkräfte", so Carola Weise.

… und neue Beschäftigte hinzugewinnen

Auf der anderen Seite will das Kinderhaus Nürnberg durch die reduzierte Wochenarbeitszeit auch neues Personal für sich gewinnen. Direkt nach Bekanntgabe der Pläne hätten sich bereits Interessentinnen und Interessenten gemeldet und sich beworben. Teils seien auch schon neue Arbeitsverträge unterschrieben worden, so Kinderhaus-Geschäftsführerin Carola Weise.

Dabei würden sich aber nicht nur Ältere, sondern insbesondere auch Jüngere oft für Jobs mit geringeren Arbeitszeiten interessieren, sagt sie.

Mehr Freizeit statt mehr Geld

Das neue Arbeitszeitmodell des Kinderhaus Nürnberg mag für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer attraktiv sein. Tatsächlich ist es allerdings auch aus der Not heraus geboren. Man tue seit jeher viel für die Beschäftigten, sagt Geschäftsführerin Carola Weise. Was aber nicht möglich sei: Die rund 230 Angestellten in den Kitas und Horten nach Tarif zu bezahlen – so wie es vergleichsweise bei den Kita-Beschäftigten der Stadt Nürnberg der Fall ist.

Die Reduzierung der Arbeitszeiten sei im Wesentlichen durch eine bessere und effektivere Nutzung der bestehenden Personalkapazitäten möglich. Der sogenannte Anstellungsschlüssel liege über den gesetzlichen Vorgaben, so Weise.

Eine interne Prüfung habe ergeben, dass man trotz der geplanten Arbeitszeitreduzierung "noch genug Personal in den Einrichtungen hat", so die Kinderhaus-Geschäftsführerin. Die Qualität der Kinderbetreuung werde nicht unter den reduzierten Arbeitszeiten leiden, sagt Weise.

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