"Geld ist ein Schlüssel. Es ist genügend Geld da. Es ist mehr Geld da als jemals zuvor auf diesem Planeten", sagt Ruppert Bader. "Aber dort, wo es gebraucht wird, für die guten Projekte, da ist es knapp: in der Pflege, in der Bildung. Und das ist ein Widerspruch."
Welche Rolle spielt Geld in unserem Alltag?
Wie kann unser Zusammenleben unter ökonomischen, ökologischen und nachhaltigen Kriterien gelingen? Diese Frage beschäftigt Bader, der selbstständiger Vermögensberater ist. Zusammen mit Blanca Pohl, die Firmen bei nachhaltiger Unternehmensführung berät, hat er 2018 die Initiative "DialogRaumGeld" gegründet. Wer die Welt nachhaltiger machen will, muss sich mit der Rolle des Geldes in unserem Alltag auseinandersetzen, finden beide.
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So begannen sie eine Utopie zu denken, erzählt Blanca Pohl: "Was wäre, wenn wir hier in Augsburg - wo die Fugger ja damals unser Geld- und Wirtschaftssystem so stark geprägt haben - auch einen Augsburger Geld-Frieden feiern könnten?" Die Idee findet schon 2018 ein überwältigendes Echo. Durch das persönliche Engagement der beiden und ihre bestehenden Netzwerke sind bis heute immer mehr Menschen dazu gekommen.
Erkenntnis: Wirtschaftssystem muss neu gedacht werden
Bei "DialogRaumGeld" engagieren sich inzwischen etwa 20 Menschen mit unterschiedlichster Verbindung zum Thema Geld und Finanzwirtschaft. Sie alle eint eine tiefe Erkenntnis, dass das bestehende Wirtschaftssystem neu gedacht und reformiert werden muss sowie die Bereitschaft, dafür ehrenamtlich aktiv zu werden.
Im Mai 2022 ist es dann soweit: Für den ersten "Konvent DialogRaumGeld" finden sich etwa 120 Teilnehmer und Teilnehmerinnen an drei Tagen im Augsburger Kongress am Park zusammen. Mit der Bezeichnung "Konvent" soll hervorgehoben werden, dass es um einen Dialog auf Augenhöhe geht, um eine gemeinsame Suche nach neuen Antworten. Betriebswirtschaftliches Knowhow trifft ethisch-moralische sowie spirituell-religiöse Fragestellungen.
Der Mensch macht die Veränderung
Geld ist schließlich weder gut noch schlecht. Es ist, was man draus macht, sagt Blanca Pohl. Eine Erkenntnis: "Es ist nicht die Wirtschaft, nicht die Unternehmen, nicht die Politik, sondern es sind auch hier handelnde, menschliche Wesen, die Veränderung bewirken."
Und der Mensch ist auch derjenige, der das Geld als Grundlage seines Wirtschaftssystems erfunden hat. Inzwischen haben sich Geldkreisläufe nahezu verselbstständigt. Wie lässt sich dieses System sinnvoll verändern? Wenn Unternehmensberater Andreas Philipp darüber redet, wie dies gehen könnte, klingt es erst mal abstrakt.
"Wir haben da drei Pfade: Wir haben einen Pfad, der heißt praktisch 'Arbeit im System' - wie können wir das Bestehende nachhaltiger, gesellschaftsorientierter und menschlicher gestalten? Dann haben wir den zweiten Pfad. Da geht es um Transformation des Systems. Da wird es etwas radikaler. Und dann haben wir den Raum für Neues, das sind spirituelle und künstlerische Angebote, die die Tagung begleiten."
Diskussionen über nachhaltiges und geldfreies Wirtschaften
In Workshops diskutieren die Teilnehmer, wie Unternehmen nachhaltig wirtschaften und wie von außen erkennbar ist, wer sich nur mit einem "grünen Label" schmücken möchte. Oder es geht um regional erfolgreiche Projekte, die ohne Geld wirtschaften, zum Beispiel Tauschbörsen für Talente und Fähigkeiten.
Viele ermutigende Gedanken, Rückbesinnung, Neugestaltung. Die Initiatoren des "DialogRaumGeld" wollen Mut machen, dass sich Menschen für einen neuen Umgang mit Geld einsetzen. Gerade weil das jetzige System überall an seine Grenzen stößt und die Gesellschaft spaltet.
Wirtschaftswissenschaften verbreitern ihren Methodenansatz
Auch Bernd Villhauer vom Weltethos-Institut in Tübingen, gegründet vom bekannten Theologen Hans Küng, ist nach Augsburg zum "Konvent DialogRaumGeld" angereist. Das Institut gehört zur Universität Tübingen. Weltethos wird dort reflektiert und dazu gehören natürlich auch Fragen von globaler Wirtschafts- und Unternehmensethik. Viel ist im Umbruch, auch in den Wirtschaftswissenschaften, berichtet Bernd Vilhauer.
Psychologie und Wirtschaftsgeschichte rücken ins Zentrum, die Wirtschaftswissenschaften verbreitern ihren Methodenansatz – und das hat Folgen. Zum Beispiel für Investitionspolitik: "Die Geldanlage in ökologische Produkte, die nachhaltigen Fonds - die sind nicht schlechter in der Performance als andere, und was die Rendite betrifft, zum Teil sogar besser. Man kann insofern auch nachhaltige Finanzen nach oben bringen und und stark machen, ohne dass es größere Einbußen gibt."
- Zum Artikel: "Studie: Menschen in Bayern wünschen sich mehr Nachhaltigkeit"
"DialogRaumGeld": Gestartet als Utopie - und irgendwann mehr?
Im Konvent "DialogRaumGeld", gestartet als Denk-Utopie innerhalb der Augsburger Friedenswochen, begegnen sich Menschen aus Bürgerinitiativen, NGOs, Universitäten, Wirtschaftsunternehmen, Banken, Fonds und Vermögensverwaltungen. Auf drei Jahre ist der gemeinsame Weg im Moment verabredet. Jährlich wird der stattfindende Konvent neue Erkenntnisse und Impulse bündeln. Und vielleicht ist der "Frieden des Geldes" dann doch irgendwann mehr als eine Utopie.
Europäische Perspektiven
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- zum Artikel "EBU-Projekt Europäische Perspektiven"
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