Martin setzte sich die Bäckermütze auf.
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Immer mehr Bäckereifachbetriebe in Franken müssen schließen. (Symbolbild)

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Bäckereien: Immer mehr machen dicht, einige starten durch

Immer mehr Bäckereifachbetriebe in Franken müssen schließen. Von 2010 bis 2022 sind 355 Bäcker von der Bildfläche verschwunden. Die Gründe: Fachkräftemangel, unattraktive Arbeitszeiten, wenige Azubis. Einige Betriebe aber haben frische Ideen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau am .

Kirschkuchen, Kellerbrot und Kürbisbrötchen: Die Auswahl an der Backtheke ist immer noch riesig – doch immer weniger Bäcker schalten ihre Öfen an. Die Zahl der Betriebe ist stark gesunken. Waren es 2010 noch 1.149 Bäckereien in Ober-, Mittel- und Unterfranken, sank die Zahl im vergangenen Jahr auf 794.

Noch dramatischer ist der Rückgang bei den Fachkräften: 758 Azubis zählte das Bäckerhandwerk in Franken im Jahr 2010. Im vergangenen Jahr waren es noch 224 Lehrlinge. Der Fachkräftemangel mache sich in der ganzen Region bemerkbar, so Bäckermeister Alfred Seel, Obermeister der Bäckerinnung für Bamberg und Forchheim. Sehr frühes Aufstehen, lange und familienunfreundliche Arbeitszeiten und körperliche Arbeit – das schreckt Interessenten ab.

Bäckereien finden keine Nachfolger und klagen über Bürokratie

Weitere Gründe: Traditionelle Bäckereien konkurrieren mit günstigen Backshops und Discountern. Rohstoffe sind auch für Bäcker teurer geworden. Dazu kommen hohe Heizkosten. Viele ältere Betriebe finden keine Nachfolger – und so schließen auch Traditionsbäckereien. So machte 2021 die Bäckerei Nagel in Forchheim dicht, 1880 gegründet. Der Grund auch hier: Personalmangel. Umfangreiche Dokumentationspflichten würden den Bäckern zusätzlich ihren Job verleiden.

"Dann haben wir aber nebenbei noch einen Bürokratiewahnsinn, den wir noch nebenbei erledigen müssen, der uns eigentlich die Lust und den Spaß an diesem Handwerk wieder nimmt.", Alfred Seel, Obermeister der Bäckerinnung für Bamberg-Forchheim

Kreativ gegen das Bäckereisterben

Doch die Branche stemmt sich gegen den Trend – mit frischen Ideen. So hat die Biobäckerei "Laibgarde" in Erlangen eine gläserne Backstube ins Leben gerufen. Die Kunden können zusehen, wie die Backwaren vor ihren Augen entstehen. Wer Fragen zu Inhaltsstoffen hat, kann die Bäcker jederzeit ansprechen. Geschäftsführer Roland Postler führt verschiedene Filialen. In Erlangen will er das Handwerk so zeigen, wie er es von früher - aus der väterlichen Backstube - kennt: Die Ware kommt direkt vom Ofen zu dem Kunden in die Tüte. Ohne lange Transportwege.

Das Sortiment ist sehr reduziert. Die kleine Bäckerei hat vor allem Seelen, Hörnchen und Bio-Brot im Angebot. Lange Teigführung soll einen besonders guten Geschmack bringen. In Flyern und sozialen Medien werden die Backwaren in Szene gesetzt. Für das Konzept wurde die "Laibgarde" von der IHK Mittelfranken als "Zukunftshändler des Jahres 2022" ausgezeichnet.

In Kronach backt der 24-jährige Pascal Förtsch Brote und Krusties mit Hanf. Er verwendet Hanfmehl aus dem Frankenwald und setzt auf natürliche Zutaten. Auch Andreas Fickenscher aus dem oberfränkischen Münchberg, Bäckermeister in der 11. Generation, hat umgedacht. Er verkauft sein Sortiment nun auch online und verschickt halbgebackene Ware deutschlandweit, die zu Hause fertiggebacken werden kann.

Arbeitstag von ein Uhr früh bis 15 Uhr

Viele Bäckereien sichern sich zusätzliche Einkünfte: Sie eröffnen Cafés oder bieten Frühstücke und Belegtes "to go" an. Betriebe wie die Bäckerei Seel in Bamberg punkten mit Spezialitäten wie dem Bamberger Hörnla, einem seit dem Mittelalter traditionell gebackenen Butterhörnchen. Und es gibt auch Lichtblicke in der Branche – zum Beispiel in Forchheim: Hier hat Celina Oligschläger im Mai ihre eigene Bäckerei "Brot-Körbchen" eröffnet. Sie möchte nicht, dass das Bäckerhandwerk ausstirbt, sagt sie. Celina ist in der elterlichen Backstube großgeworden und hat sich dort viel abgeschaut. Ihr Vater hat seine Bäckerei nun aufgegeben und arbeitet im "Brot-Körbchen" als Betriebsleiter mit.

Eine Lehre als Bäckerin hat die junge Forchheimerin nicht gemacht – dafür, sagt sie, habe sie gerade keine Zeit. Ihr Arbeitstag beginnt um ein Uhr früh und endet um 15 Uhr, wenn der Laden schließt. Die Neueröffnung hat sich in Forchheim schnell herumgesprochen; schon früh am Tag sind die ersten Brotsorten ausverkauft.

Den ersten Großauftrag hat Celina Oligschläger auch schon an Land gezogen. Ein Kellerwirt aus Forchheim hat kurz nach der Eröffnung 100 Kilo Brot pro Woche bestellt. Celina schreckt das nicht – sie sagt, an dem Beruf mache ihr einfach alles Spaß.

Eine Auszeichnung mit der Aufschrift "Lokaler Lieblingsladen 2022 - IHK Zukunftshändler Mittelfranken".
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Die Biobäckerei "Laibgarde" in Erlangen hat eine gläserne Backstube ins Leben gerufen und wurde von der IHK Mittelfranken dafür ausgezeichnet.

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