Seehofer im Direktvergleich mit Ude vorne - FDP unter fünf Prozent - CSU und SPD legen bei Kompetenzen zu
Im Moment hätte die CSU die absolute Mehrheit, die SPD kann um vier Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr zulegen, Horst Seehofer liegt im direkten Vergleich vor Christian Ude, und FDP, Piraten sowie Die Linke liegen unter fünf Prozent. Dies sind die wichtigsten Aussagen des BayernTRENDS, den das Meinungsforschungsinstitut Infratest dimap im Auftrag des BR-Politikmagazins Kontrovers durchgeführt hat. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse und Analysen von Infratest dimap dokumentiert.
Wenn am kommenden Sonntag in Bayern Landtagswahlen wären, käme die CSU auf 44 Prozent und könnte damit wieder auf eine absolute Mehrheit der Mandate im Bayerischen Landtag hoffen. Die SPD käme demnach auf 21 Prozent, die Grünen auf 14, Freie Wähler auf acht Prozent. Die FDP würde mit drei Prozent den Einzug ins Maximilianeum verfehlen, genauso wie die Piratenpartei, die auf vier Prozent kommt, und Die Linke mit zwei Prozent.
Ministerpräsident Seehofer und OB Ude im Direktvergleich
In der direkten Entscheidung zwischen Horst Seehofer und Christian Ude würden sich 49 Prozent für den Amtsinhaber und 43 Prozent für den SPD-Politiker aussprechen. Beide Politiker mobilisieren ihre jeweiligen Anhängerschaften etwa gleich stark. Von den Anhängern der Grünen abgesehen spricht Christian Ude auch die Anhänger der Freien Wähler eher an als der CSU-Ministerpräsident.
Der CSU-Amtsinhaber verkörpert nach Ansicht der Befragten besser die bayerische Lebensart (58:30 Prozent), gilt als führungsstärker (52:32 Prozent) und kompetenter in Wirtschaftsfragen (45:28 Prozent). Auch in der zusammenfassenden Bewertung, wer die wichtigsten Probleme des Freistaats lösen kann, liegt Seehofer vor dem SPD-Politiker (49:30 Prozent).
Die Bayern attestieren dagegen dem SPD-Herausforderer Christian Ude neben einem stärkeren Engagement in sozialen Fragen (46:30 Prozent) vor allem eine größere Glaubwürdigkeit (45:28 Prozent).
Größerer Rückhalt für Landesregierung
Zu Jahresbeginn sind 48 Prozent der Bayern mit den Leistungen der Münchener Koalition aus CSU und FDP sehr zufrieden bzw. zufrieden. 50 Prozent äußern Kritik. Anfang 2011 hatten sich 46 Prozent positiv und 52 Prozent kritisch zur Kabinettsarbeit geäußert.
Die positive Gesamtwahrnehmung der Landesregierung wird allerdings in erster Linie von der CSU getragen. 61 Prozent der Wahlberechtigten äußern sich aktuell wohlwollend zu ihrer Regierungsarbeit nach 52 Prozent im vergangenen Januar. Damit erreicht die CSU aktuell mit ihrer Regierungsarbeit einen ähnlichen Rückhalt wie zu Zeiten von Ministerpräsident Edmund Stoiber. Der Koalitionspartner FDP verharrt dagegen weitgehend unverändert im Ansehenstief. Ähnlich wie vor einem Jahr stößt die Arbeit der Liberalen in der Landesregierung nur bei jedem Sechsten (17 Prozent) auf positive Resonanz, während sich 81 Prozent unzufrieden äußern.
Mögliche Regierungskonstellationen: Große Koalition am besten beurteilt, Schwarz-Gelb am schlechtesten bewertet
Bei einem Wahlausgang entsprechend der aktuellen landespolitischen Stimmung könnte die CSU die bestehende Koalition aufgrund eines Scheiterns der FDP an der 5-Prozenthürde nicht fortsetzen. Dieses Regierungsmodell stößt derzeit aber auch auf den vergleichsweise geringsten Rückhalt in Bayern. Nach 51 Prozent unmittelbar vor der letzten Landtagswahl 2008 betrachtet nur noch jeder Vierte (25 Prozent) Schwarz-Gelb als ein gutes Modell für Bayern. Wesentlich besser als Schwarz-Gelb schneiden im aktuellen Urteil der Bayern eine große Koalition aus CSU und SPD (43 Prozent) bzw. ein Bündnis der CSU mit den Freien Wählern (40 Prozent) ab. Danach folgt im Urteil der Wahlberechtigten die Rückkehr zu einer CSU-Alleinregierung (37 Prozent), Schwarz-Grün betrachten 34 Prozent als eine gute Option für den Freistaat, eine Drei-Parteien-Koalition aus SPD, Grünen und Freien Wählern 32 Prozent.
Sieben von zehn Bayern (71 Prozent) setzen bei der Sicherung des Wirtschaftsstandortes auf die regierenden Christsozialen. Die Schaffung und der Erhalt von Arbeitsplätzen sowie eine gute Haushalts- und Finanzpolitik sehen jeweils sechs von zehn (58 bzw. 57 Prozent) am ehesten bei der CSU aufgehoben. In Fragen der Schul- und Bildungspolitik (48 Prozent) sowie bei der Familien- und Kinderbetreuung (42 Prozent) fällt der Rückhalt nicht ganz so deutlich aus. Die CSU liegt aber auch hier im Urteil der Wahlberechtigten besser als die anderen Parteien. 57 Prozent erwarten am ehesten von den bayerischen Christsozialen, die wichtigsten Probleme des Bundeslands zu lösen.
Im Unterschied zur CSU sind die sachpolitischen Erwartungen an den Koalitionspartner FDP zum Vorjahr fast durchgehend gesunken, so dass die in Bayern mitregierenden Liberalen derzeit in keinem Feld größeres Sachvertrauen binden können.
In ihrem Kernbereich, der sozialen Gerechtigkeit, schließt die SPD mit 34 Prozent wieder zur CSU auf (35 Prozent). Auch in allen anderen Bereichen können die Sozialdemokraten zulegen. Dies gilt vor allem für die Familien- (25 Prozent; +4), die Schul- (22 Prozent; +5) sowie die Arbeitsmarktpolitik (18 Prozent; +5).
Den Grünen wird die größte Kompetenz beim Voranbringen der Energiewende mit 40 Prozent zugeschreiben (CSU: 32 Prozent).
Die Freien Wähler haben auch nach mehr als drei Jahren Parlamentsarbeit lt. Umfrage noch nicht zu einem sichtbaren landespolitischen Profil gefunden. Auf den abgefragten Politikfeldern wecken sie derzeit weniger Erwartungen als die Liberalen. Die in Bayern nicht im Landtag vertretene Linke spielt in der Sachwahrnehmung der bayerischen Wahlberechtigten weiterhin ebenso wenig eine Rolle wie die zuletzt in Berlin erfolgreiche Piratenpartei. Entgegen der Klage um ein generell sinkendes Vertrauen in die politischen Parteien, ist in Bayern die Zahl derer zurückgegangen, die keiner Partei Lösungskompetenzen zutrauen.
Politikerbewertung: Ministerpräsident Seehofer gewinnt an Profil
Horst Seehofer gilt bei 65 Prozent als guter Ministerpräsident. Die Reputation des CSU-Chefs fällt damit höher aus als zu Beginn des vergangenen Jahres und erreicht das Zustimmungsniveau unmittelbar nach seinem Amtsantritt. Nicht nur die Anhänger der CSU sind mit Seehofer zufrieden (83 Prozent), auch bei den Anhängern der SPD (56 Prozent) und der Freien Wähler (62 Prozent) findet er Zustimmung. In den Reihen der Grünen überwiegt dagegen die Kritik (39:56 Prozent).
Christian Ude populärster Politiker
So positiv insgesamt das Urteil zu Horst Seehofer als Ministerpräsident ausfällt, in der Bewertung der bayerischen Politiker kommt er trotz Verbesserung über das vordere Mittelfeld nicht hinaus. In der Beurteilung mittels Schulnoten erhält der CSU-Ministerpräsident einen Durchschnittswert von 2,9.Angeführt wird die aktuelle Liste der populärsten Politiker von Christian Ude. Der Münchner Oberbürgermeister und designierte SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2013 erhält eine 2,3. Auf Platz zwei liegt Landtagspräsidentin Barbara Stamm (2,6), gefolgt von der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz Ilse Aigner, CSU-Innenminister Joachim Herrmann und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (jeweils 2,8). Dahinter liegen mit einer Durchschnittsbewertung von jeweils 2,9 neben CSU-Ministerpräsident Horst Seehofer CSU-Arbeits- und Sozialministerin Christine Haderthauer, der neue und noch weitgehend unbekannte Leiter der Staatskanzlei Thomas Kreuzer sowie Landwirtschaftsminister Helmut Brunner. Mit identischen Werten (3,0) folgen CSU-Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, Justizministerin Beate Merk, der neue CSU-Umwelt- und Gesundheitsminister Marcel Huber, aber auch Dieter Janecek von den Grünen. Der Grünen-Landesvorsitzende kann sich im Vergleich zum Vorjahr verbessern (+0,2), ist aber weiterhin der Mehrzahl kein Begriff (Bekanntheit: 12%). Ihm folgt der neue bayerische Finanzminister Markus Söder (3,1).
Dahinter platzieren sich die zweite Landesvorsitzende der Grünen, Theresa Schopper, der SPD-Fraktionsvorsitzende Markus Rinderspacher, die CSU-Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Emilia Müller, der Landes- und Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Hubert Aiwanger, FDP-Wirtschaftsminister Martin Zeil und der liberale Fraktionsvorsitzende Thomas Hacker (jeweils 3,1). Dahinter folgen die beiden Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Margarete Bause und Martin Runge, ihr CSU-Amtskollege Georg Schmid sowie FDP-Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (jeweils 3,2). Schlusslichter sind der SPD-Landesvorsitzende Florian Pronold, CSU-Kultusminister Ludwig Spaenle und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mit einem Notendurchschnitt von 3,3.
Geteilte Meinung zu Guttenberg-Comeback
Im vergangenen Jahr war Karl-Theodor zu Guttenberg der populärste Politiker im Kontrovers BayernTREND. Die jüngste Einladung von Horst Seehofer an den früheren Verteidigungs-minister, wieder in die deutsche Politik zurückzukehren, stößt auf ein geteiltes Echo. Während 51 Prozent es gut fänden, wenn zu Guttenberg wieder eine stärkere Rolle in der CSU spielen würde, sprechen sich 47 Prozent dagegen aus. In den CSU-Reihen wünschen sich aber immerhin zwei Drittel (64 Prozent) ein Comeback des Politikers in der eigenen Partei.
Kontrovers fragte auch die Meinung zum umstrittenen Ausbau des Münchner Flughafens ab. Eine Mehrheit der Bayern ist demnach für einen weiteren Ausbau des Münchner Flughafens. 51 Prozent sprachen sich dafür aus, 39 Prozent dagegen.
Informationen zur Untersuchungsanlage
Für die Umfrage wurden von Infratest dimap 1000 Wahlberechtige in Bayern am 2. und 3.1.2012 interviewt. Stichprobe: repräsentative Zufallsauswahl/Randomstichprobe. Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews. Fehlertoleranz: 1,4 bis 3,1 Prozent.