"Biete Fensterplatz für vier Personen, pro Fenster 199 Euro." Solche und ähnliche Anzeigen gibt es aktuell zuhauf im Internet. Möglich machen es die großen Umzüge der "Landshuter Hochzeit 1475" an den vier Festspielsonntagen.
Die jeweils knapp 10.000 Sitzplätze auf den Tribünen in der Altstadt waren für alle vier Sonntage innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Für die Zehntausenden kostenlosen Stehplätze wollen oder können sich aber auch nicht alle anstellen. Deshalb floriert das Geschäft mit Fensterplätzen in Landshut.
- Vom BR in der ARD Mediathek: Doku über die Landshuter Hochzeit 2023
Angebote auch mit Verpflegung
Dabei gibt es große Preisunterschiede. So werden "Schnäppchen"-Fensterplätze für 40 bis 50 Euro pro Platz angeboten, Familienfenster für mehrere Personen kosten auch mal ein paar Hundert Euro – je nach Vermieter, Aussicht und Service.
So inseriert ein Anbieter für kommenden Sonntag: "ein Turmfenster 200 EUR, Blick hervorragend". Ein Wohnzimmerfenster mit Blick auf die Martinskirche ist für 100 Euro ausgeschrieben. Ein Anbieter stellt sogar noch seine Wohnküche und einen Balkon mit Burgblick zur Benutzung am Sonntagnachmittag bereit. Oft sind bei den Anzeigen Fotos mit der genauen Perspektive aus dem Fenster dabei.
Bei manchen Anbietern gibt es nur den Blick auf die 2.400 Darsteller der Umzüge. Andere bieten auch Catering zum Fensterblick an und servieren Wasser, Kaffee, Tee, Bier, Wein und kleinere Snacks dazu. Viele Fenster an den beiden noch ausstehenden Hochzeitszügen sind allerdings bereits vermietet.
Kuriose Perspektiven
Ein Anbieter versucht sogar mit einem Fenster ohne direkten Blick auf den Hochzeitszug ein paar Euro zu machen. Mit einem so genannten "Special Interest"-Blick. So wird "ein schönes großes Fenster" für maximal drei Personen angeboten. Allerdings nicht mit Aussicht auf den Hochzeitszug.
Angeboten wird stattdessen ein "toller Blick auf die Rettungsgasse parallel zum Hochzeitszug (Altstadt und Neustadt)". Das potenzielle Publikum? "Für Freunde der Blaulichtbehörden - Polizei, Rettungsdienst, Feuerwehr oder THW - ein wahres Paradies", heißt es in der Anzeige im Netz. Statt Mittelalter gibt es moderne Einsatzfahrzeuge zu sehen und im Preis inbegriffen sind zwei Bier und eine kleine Brotzeit. Der Preis pro Person: 40 Euro.
Einladungen an Freunde und Verwandte
Allerdings werden längst nicht alle Fensterplätze entlang des großen mittelalterlichen Hochzeitweges von 1475 vermietet. Ein Hausbesitzer erzählt, dass er traditionell an den vier Sonntagen der Landshuter Hochzeit langjährige Freunde der Familie in die von ihm selbst bewohnte Etage einlädt und seine Fenster für sie öffnet.
Entlang der Strecke befinden sich auch viele Bürofenster. Manche Unternehmen stellen die Fensterblicke dann als "Zuckerl" für die Mitarbeiter zur Verfügung. Oder sie schenken Kunden und Geschäftsfreunden den sonntäglichen Blick aus dem Bürofenster.
Trostpflaster für Lärmbelästigung
Manche Altstadtbewohner sehen den Erlös aus der "Fenstervermietung" sozusagen auch als Entschädigung für Begleiterscheinungen der "Landshuter Hochzeit 1475". Wegen der spontanen Tribünenfeste während der gut dreiwöchigen Festspielzeit sei in der Altstadt an Schlaf vor ein Uhr wegen des Lärms der Feiernden oft nicht zu denken.
Einer der Vermieter, der heuer zum allerersten Mal seine "Fensterblicke" anbietet, kann bislang nur Gutes berichten über die Kundschaft. Alle Besucher seien sehr freundlich und angenehm gewesen und kein "Störfaktor" in der eigenen Wohnung. Und alle seien auch wieder gegangen nach dem Umzug – trotz des kolossalen Blicks auf die herrliche Altstadtkulisse von Landshut.
Einkünfte steuerpflichtig
Allerdings - und das sollten alle Vermieter von Fensterplätzen in Landshut beachten - sind die Einnahmen grundsätzlich steuerpflichtig, sagt ein Sprecher des Finanzamtes in Landshut auf BR-Anfrage. Wenn Teile der Wohnung - und das seien auch Fensterplätze - vermietet werden, handelt es sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Und die seien grundsätzlich steuerpflichtig. Ob tatsächlich Steuer anfällt, hänge vom Einzelfall ab.
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