Bootsbauer Peter Heistracher enthüllt die Schutzabdeckung seiner Plätte. An diesem Tag möchte er für die nächste Regatta trainieren. Hier, am Ufer der Fraueninsel im Chiemsee, betreibt er die einzige Werft, die noch traditionsgemäß Chiemseeplätten baut - und das schon in der vierten Generation. Sein eigenes Boot hat er geerbt - 70 Jahre hat es schon auf dem Rumpf. Sein Vater und Großvater hatten die Plätte gemeinsam gebaut.
Vor 90 Jahren ein erschwingliches Boot für viele
Die klassische Chiemseeplätte ist ein einfaches Boot aus Fichten- oder Mahagoni-Holz. Sie ist zehn Quadratmeter groß und hat nur ein Segel. Vor 90 Jahren – in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg – sollte ein erschwingliches Boot gebaut werden, damit möglichst viele Menschen einen Zugang zum Segelsport erhalten. 180 Reichsmark kostete die Einheitsplätte damals, heute liegt der Preis zwischen 20.000 und 25.000 Euro. Außerdem mussten alle Plätten einheitlich gebaut sein, um sich im Wettkampf unter den gleichen Voraussetzungen messen zu können.
Einheitlichkeit der Chiemseeplätte zum Erhalt der Tradition
Für die Einheitlichkeit der Chiemseeplätten setzt sich heutzutage Peter Heistracher ein. Neben seiner Werft ist er auch Vorsitzender der Chiemseeplätte Klassenvereinigung. Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, dass auch heute alle Plätten einheitlich nach den Vorschriften des alten Bauplans gebaut sind. Damit verfolgt er zweierlei Absichten: Zum einen solle bei Regatten die bessere Segelfertigkeit des Skippers entscheidend sein und nicht das bessere Boot. Und andererseits geht es Heistracher um die Fortsetzung einer langjährigen Tradition: "Wir wollen natürlich schauen, dass wir das erhalten können und fördern, sodass wir das gut in die Zukunft bringen.“
Nur 40 Plätten entsprechen der traditionellen Bauweise
Allerdings gebe es gewisse "Auswüchse": So nennt Peter Heistracher diejenigen Plätten, die nicht mehr dem ursprünglichen Bauplan entsprechen. Ihre Besitzer haben sie so umgebaut, dass sie schneller sind. Von fast 500 Booten, die insgesamt gebaut worden sind, gibt es nur noch knapp über 100 Chiemseeplätten. Davon sind nur noch 40 gemäß der traditionellen Vorschrift gebaut. Viel zu tun also für Heistrachers Verein, der einer möglichen Flaute in der Plätten-Tradition entgegensteuern möchte.
Im heutigen Training auf dem Chiemsee hat Peter Heistracher es allerdings mit einer echten Flaute zu tun: "Bei dem Wind ist das Vergnügen überschaubar. Es gehört dazu, klar, aber ein bisschen mehr wäre schon nicht schlecht."
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!