"Es ist die Hölle, auf gut Deutsch gesagt", erklärt Thomas Erler, der in Garching bei München direkt vor zwei Schulen wohnt. Morgens und bei Schulende strömen Hunderte Kinder durch die engen Straßen, dazwischen Elterntaxis, die sich durchzwängen, überall parken, wo gerade Platz ist, oder wenden. "Nicht wirklich jedes Elternteil schaut nochmal, ob wirklich kein Kind da ist, und selbst wenn noch ein Kind da ist, wird’s manchmal echt knapp", erzählt Schüler und Schulweghelfer Jonathan Erler.
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Eltern fordern Schulstraßen
"Wir wollen einfach nicht warten, bis ein Kind zu Schaden kommt", sagt Silke Rolles, stellvertretende Elternbeiratsvorsitzende am Garchinger Werner-Heisenberg-Gymnasium. Ihre Forderung – und die vieler Eltern: Die Stadt soll Schulstraßen um die zwei Schulzentren einrichten.
Das sind zeitweise für den Durchgangsverkehr gesperrte Straßen, also zum Beispiel morgens eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn. Für Anwohner gelten die Beschränkungen nicht. Die Hoffnung: mehr Kinder würden dann zu Fuß gehen oder mit Rad fahren, der Schulweg würde sicherer.
Regierung: Hohe rechtliche Hürden
In Bayern scheint die Einrichtung von Schulstraßen aber schwierig zu sein. Auf eine Anfrage an die Regierung von Oberbayern, so die Stadt Garching, sei ihr mitgeteilt worden: Die Einrichtung von Schulstraßen sei nicht umsetzbar – denn es gebe dafür keine Vorgaben im Landesrecht und in der Straßenverkehrsordnung.
Auf eine direkte Anfrage antwortet die Bezirksregierung differenzierter: Solche Einschränkungen des fließenden Verkehrs seien nur dann zulässig, wenn eine Gefahrenlage bestehe, "die das allgemeine Risiko von Schadensfällen erheblich" übersteige.
Schulstraßen gibt es bereits in anderen Bundesländern
Im Gegensatz zu Bayern lassen andere Bundesländer Schulstraßen nicht nur zu, sie fördern sie sogar aktiv. Nordrhein-Westfalen, wo es mittlerweile rund 40 Schulstraßen gibt, hat für seine Kommunen eine Handreichung verfasst, wie solche zeitweisen Einschränkungen des Verkehrs rechtssicher umgesetzt werden können.
"Viele sehen, dass das gefährliche Verkehrschaos vor den Schulen kein Naturgesetz ist", sagt Nordrhein-Westfalens Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Und auch in Baden-Württemberg hält man die Einrichtung von Schulstraßen jetzt schon problemlos für möglich, ja, laut Verkehrsministerium sollen sie sogar an allen geeigneten Schulstandorten eingerichtet werden, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen.
Bayern: Viele Eltern wollen Schulstraßen
Auch in Bayern wird die Forderung nach Einführung von Schulstraßen lauter. In Nürnberg und Fürth wird es Ende April mehrtägige Aktionen geben, bei denen Eltern Straßen vor Schulen sperren, um für Verkehrsbeschränkungen zu demonstrieren.
Ein Sprecher der Stadt Bamberg teilt mit: Die Regierung von Oberfranken habe dort wie in Oberbayern mitgeteilt, dass die Einrichtung von Schulstraßen nicht möglich sei, die Stadt Bamberg würde eine rechtliche Klarstellung begrüßen. In Fürth hat die Stadt schon tageweise die zeitweise Sperrung von Zufahrtsstraßen zu Schulen ausprobiert.
München: Geht doch!
Umso überraschender jetzt die Nachricht aus München: Die Stadt will im kommenden Jahr an zwei Standorten Schulstraßen einrichten, das hat der städtische Mobilitätsausschuss beschlossen. In Garching haben rund 150 Eltern und Kinder mit einer Fahrrad-Demo für Durchfahrtsbeschränkungen geworben. Ihre Hoffnung: Was im übrigen Bundesgebiet geht, könnte mit der Münchner Entscheidung bald auch in Bayern möglich sein.
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