Ein Krankenwagen und ein HvO-Auto (Helfer vor Ort) im Einsatz (Archiv)
Bildrechte: BR/Marcel Kehrer

Kriseninterventionsteams helfen Angehörigen in der Akutphase.

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Krisenintervention in Langweid: "Man ist ganz einfach da"

Nach den Todesschüssen im schwäbischen Langweid waren auch Kriseninterventionsteams und Notfallseelsorger vor Ort. Sie kommen immer dann zum Einsatz, wenn Angehörige und Zeugen von Gewalttaten schnelle Unterstützung brauchen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Auch am Freitagabend in Langweid waren ein Kriseninterventionsteam und Notfalllseelsorger im Einsatz. Ein Täter hatte drei Menschen getötet und zwei schwer verletzt, offenbar wegen eines Nachbarschaftsstreits.

Einer der Helfer an dem Abend war Dieter Lenzenhuber. Er war sogar zu früh am Einsatzort. Denn anfangs war die Lage in Langweid unklar. Bei einer lebensbedrohlichen Einsatzlage klärt erst die Polizei, ob noch Gefahr besteht, bevor die Mitarbeiter des Kriseninterventionsteams mit ihrer Arbeit beginnen können. Wo Polizei, Feuerwehr oder Rettungskräfte sehen, dass psychologische Hilfe nötig sein könnte, wird auch der Kriseninterventionsdienst (KIT) alarmiert. "Wir werden für die Akutsituation gerufen", erklärt Lenzenhuber, der vor mehr als 25 Jahren den Kriseninterventionsdienst Augsburg initiiert hat.

Zuhören und unterstützen in der "Chaosphase"

Insgesamt 16 ehrenamtliche Kräfte waren vor Ort in Langweid nach der Gewalttat. Zuhören, beraten, unterstützen und sortieren sind ihre Aufgaben in der sogenannten Chaosphase. "Man ist ganz einfach da für die Menschen. Es sind ja unterschiedliche Betroffenheitsgrade und unterschiedliche Betroffene in Beziehungen zueinander. Es gibt Todesnachrichten zu überbringen. Es gibt soziale Ressourcen zu aktivieren, die zusammenzuführen, oftmals dieselben Dinge hintereinander zu erzählen. Nicht weil die Menschen das nicht verstehen, sondern ganz einfach, weil sie es nicht aufnehmen können und auch ihre Zeit brauchen. Sie müssen sich immer das so vorstellen, dass für die Betroffenen in dieser Situation danach ihr Leben komplett anders ist", so Lenzenhuber.

Für diese Aufgaben haben die Ehrenamtlichen eine spezielle psychosoziale Ausbildung. Sie beobachten, was die Betroffenen brauchen und machen Vorschläge für spezielle, weitergehende Hilfsangebote. Davon gebe es bei uns sehr viele, so Lenzenhuber, allerdings fehle ein guter Überblick.

Auch Menschen ohne Ausbildung können in Krisenlagen helfen

Auch wer zufällig Zeuge einer Krisensituation wird, kann oft helfen, sagt Lenzenhuber: "Das, was sie falsch machen können, ist, nichts zu tun." Wichtig ist es, laut Lenzenhuber, einfach da zu sein. Auch wenn es nur um einen Sturz vom Fahrrad geht. Die Zeugen sollten bei den Menschen bleiben, bis Einsatzkräfte kommen. Das "Dasein, das miteinander Aushalten", ist für Betroffene sehr, sehr hilfreich und auch sehr beruhigend, "dass er eben nicht alleine ist oder alleingelassen wird", so Lenzenhuber.

Unterstützung für Einsatzkräfte

Auch die Mitarbeiter der Kriseninterventionsteams bekommen Unterstützung. Damit die Einsatzkräfte sich selbst nicht überfordern und jederzeit Probleme besprechen können, gibt es während des Einsatzes einen extra Mitarbeiter, der nur für die Kollegen da ist. Angegliedert ist die psychosoziale Notfallversorgung bei Rettungsorganisationen, zum Beispiel dem Roten Kreuz. Jeweils ein Ansprechpartner ist rund um die Uhr im Einsatz. Bei einem Alarm werden weitere Mitarbeiter aktiviert. Zum Problem werde das nur, wenn der Einsatz in die normale Arbeitszeit fällt, so Lenzenhuber.

Hilfsangebote zur Krisenintervention

Bayerischer Krisendienst (täglich kostenfrei rund um die Uhr erreichbar von 0 – 24 Uhr).

Psychosoziale Beratung und sozialpsychiatrische Dienste vor Ort, zum Beispiel

Einen Überblick, gegliedert nach Landkreisen und Städten, finden Sie hier in einer Broschüre des Bezirks Schwaben

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