Wohnungen, die zu günstigen Preisen vermietet werden, bedeuten Steuernachteile für die Vermieter. Liegt der Mietpreis unter 50 Prozent der ortsüblichen Mieten, können Werbungskosten für die Wohnung nur anteilig abgesetzt werden. Das betrifft zum Beispiel Kosten für Renovierungen. So regelt es das Einkommensteuergesetz.
FDP-Unterhändler Föst: "Unsäglich"
Den bayerischen FDP-Chef Daniel Föst, der in Berlin die Liberalen in den Koalitionsverhandlungen zum Thema Bauen und Wohnen vertritt, stört diese Regelung seit langem. Sie sei "unsäglich", sagt Föst im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers. "Wir müssen dankbar dafür sein, insbesondere in den Ballungszentren, wenn Privatvermieter, gute Vermieter, weit unterhalb des erzielbaren Marktwertes vermieten." Und in der Frage, ob sie dafür bestraft werden sollten, hätten die möglichen Ampel-Koalitionäre SPD, Grüne und FDP die gleiche Meinung. Das Thema sei allerdings bisher bei den Verhandlungen noch nicht besprochen worden, räumt Föst ein. Für ihn persönlich ist die Entscheidung aber jetzt bereits klar:
"Das ist doch widersinnig, wenn wir sagen: Wir pumpen Milliarden in die Wohnraumförderung, aber der, der es freiwillig tun würde, der macht es nicht, weil er dann die Kosten für Instandhaltung nicht von der Steuer absetzen kann." Daniel Föst, FDP
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Finanzamt fordert Nachzahlung
Auf Bewegung in der Steuerpolitik hofft zum Beispiel das Ehepaar Försch aus Würzburg. Helmut Försch ist 93 Jahre alt, ehemaliger Fotograf. Er und seine 84-jährige Frau leben in der Wohnung ihrer Tochter. Vor acht Jahren hatte sie die Wohnung gekauft und für ihre Eltern die Miete seitdem nicht mehr erhöht. 350 Euro zahlen sie an die Tochter - für sie mit ihrer niedrigen Rente passt das. Nicht aber für das Finanzamt: Die Tochter musste mehrere hundert Euro Steuer nachzahlen.
Brief an Finanzminister
Helmut Försch wollte sich die Steuernachzahlung nicht bieten lassen und schrieb an den Bayerischen Finanzminister. Er bekam eine Antwort: Auch Bayern sieht hier immer noch ein Problem, obwohl der Paragraf in der vergangenen Legislaturperiode etwas entschärft wurde. Bayern hatte bereits 2019 eine entsprechende Bundesratsinitiative gestartet. Das von Olaf Scholz (SPD) geführte Bundesfinanzministerium war aber lange gegen eine Änderung des Paragrafen. Am Ende stand ein Kompromiss, der preiswertes Vermieten zumindest etwas leichter macht: Man kann zwischen 50 und 66 Prozent der ortsüblichen Miete vermieten, muss sich aber einer Einzelfallprüfung durch das Finanzamt unterziehen. Der Vermieter muss eine sogenannte "Totalüberschussprognose" machen.
Kritik an "Bürokratiemonster"
Der Interessensverband der privaten Haus- und Wohnungseigentümer, Haus & Grund, kritisiert die aktuelle Rechtsänderung bei günstigen Mieten. Mit der "Totalüberschussprognose" habe man ein "Bürokratiemonster" erschaffen, sagt Ulrike Kirchhoff, Vorsitzende des bayerischen Landesverbands von Haus & Grund. Auch weil selbst Vermieter getroffen werden, die nicht an Familienmitglieder preiswert vermieten: "Das sind schon alte Mietverhältnisse, bei denen der Vermieter einfach über die Jahre hinweg die Miete nicht erhöht hat, weil er seine Mieter mochte", sagt Ulrike Kirchhoff im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers.
Ministerium: Steuertricks vermeiden
Das Bundesfinanzministerium verteidigt die aktuelle Regelung des Einkommensteuergesetzes auf Anfrage von Kontrovers. Die Totalüberschussprognose sei trotz des höheren Verwaltungsaufwands "sachgerecht". Denn das Ministerium verweist darauf, dass Wohnungen auch für Steuertricks günstig vermietet werden könnten: "Eine nicht kostendeckende Vermietung etwa an eine nahe stehende Person kann auch dazu genutzt werden, steuerwirksame Verluste zu erzeugen", heißt es in einer schriftlichen Antwort.
Keine Reform für Verwandte
Die Förschs aus Würzburg verstehen nicht, warum niedrige Mieten automatisch verdächtig machen – auch nicht innerhalb der eigenen Familie. Helmut Försch hofft deshalb, dass die neue Bundesregierung dieses Thema auf die Tagesordnung bringt: "Das wäre für mich wichtig." Kommt es dazu? Der FDP-Unterhändler Daniel Föst sagt, dass Vermieter, die unter Marktwert vermieten, steuerlich nicht bestraft werden dürfen. Allerdings macht er im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers deutlich, dass die FDP davon Vermietungen an engste Verwandte ausnehmen würde. Ob Familie Försch von einer möglichen Gesetzesänderung profitieren würde, ist deshalb fraglich. Soziale Vermieter, die an Dritte vermieten, können aber zumindest laut FDP auf eine Reform hoffen.
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