Jeder Gläubige solle seine Sprache finden, sagt Pfarrer Guido Seidenberger. Wenn das Glaubensbekenntnis gesprochen wird, dann hört man in der Pruttinger Kirche jetzt den letzten Satz in unterschiedlichen Versionen.
Nicht mehr mit einer Stimme
Diese Änderung eines einzelnen Wortes sei keineswegs eine Vorschrift, sagt Pfarrer Seidenberger. Beim Gottesdienst am Sonntag sagt er selbst vom Altar laut und deutlich: "Ich glaube an die heilige christliche Kirche", von den Besuchern kommt eine Mischung aus "katholische" und "christliche Kirche". Das Gebet wird in diesem letzten Satz des Glaubensbekenntnisses nicht mehr einheitlich gesprochen in der Pruttinger Kirche.
Für Pfarrer Seidenberger kein Problem, man erlebe so Einheit in Vielfalt. Auch wenn jeder seine eigenen Worte wähle, bekenne man den gemeinsamen Glauben.
Zeichen für die Ökumene
Wie kam es zu diesem Beschluss, den der Pfarrer und die Pfarrgemeinderäte gemeinsam gefasst haben? Seidenberger nennt vor allem zwei Gründe: Zum einen wolle man ein Zeichen für die Ökumene setzen, das liege ihm und vielen in der Gemeinde sehr am Herzen. Es gebe mittlerweile eine Menge Paare mit unterschiedlicher Konfession, die mal in der katholischen, mal in der evangelischen Kirche den Gottesdienst besuchten. Man drücke mit der Wortwahl "christlich" eine ökumenische Verbundenheit aus, die immer wichtiger werde.
Missbrauchsfälle erschüttern Vertrauen zur römisch-katholischen Kirche
Zum anderen, so Seidenberger, seien in den letzten Wochen einige Gemeindemitglieder zu ihm gekommen, die mit ihrer Kirche ringen, denen die aktuelle Lage schwer zu schaffen mache. So manchem gehe angesichts der jüngsten Ereignisse der Begriff "katholisch" nur noch schwer über die Lippen. Bei diesem Wort dächten die meisten eben schon an die römisch-katholische Kirche, auch wenn ihm und allen anderen klar sei, dass "katholisch", aus dem Griechischen stammend, eigentlich "das Ganze betreffend" oder "allumfassend" bedeutet.
Gemeinsamkeit aller Christen betonen
Aber schwingt dann in der neuen Wortwahl eine gewisse Distanzierung von der eigenen Kirche mit? So will Seidenberger das auf keinen Fall verstanden wissen. Es gehe ihm nur um die Betonung der Gemeinsamkeit aller Christen. Beim Gespräch mit den Besuchern des Gottesdienstes ist viel Zustimmung zu der Reform zu hören. Sich öffnen, auf andere zugehen, andere Konfessionen einbinden, das sind die wichtigsten Argumente. Manche deuten auch an, dass das Verhalten vieler Kirchenoberen beim Thema Missbrauchsfälle zwar nicht ihren christlichen Glauben, aber doch die Beziehung zur Organisation Kirche erschüttert habe.
Manche wollen bei "katholisch" bleiben
Aber es gibt auch kritische Stimmen zu dieser Veränderung eines uralten Gebetes. Ein Familienvater, der mit Frau und Kind gekommen ist, sagt, er sei "befremdet" vom Vorgehen des Pfarrers. In der Kirche gebe es so schon große Verwirrung, jetzt komme eine neue dazu. Den Sinn dieser Veränderung verstehe er nicht. Die katholische Kirche sei so etwas wie eine Nabelschnur für ihn, sagt der Mann, die ihn mit seinem Glauben verbinde und diesen lebendig halte in ihm. Er werde sich weiterhin zur "heiligen katholischen Kirche" bekennen. Eine Frau hört das Gespräch und nickt dazu. Sie verstehe nicht so recht, warum das jetzt sein müsse. Es habe eine Ewigkeit so geheißen, so viele Menschen hätten "katholisch" gebetet, das könne doch jetzt nicht falsch sein. "Aber", so fügt sie noch an, "wenn unser Herr Pfarrer das so meint, dann wird es schon passen."
Wie geht es jetzt weiter?
Der Pfarrer spricht von einem Prozess, den man in Gang gesetzt habe. Er hoffe, dass man in einen Dialog mit vielen Stellen und Menschen komme. Ob sich die Pruttinger Reform genau so durchsetzen werde, könne er nicht sagen, das sei auch nicht so wichtig. Es gebe auch andere Formulierungen, die ein ökumenisches Zeichen setzen könnten. Gemeinsam mit dem Pfarrgemeinderat hat er den Bischof eingeladen, zu ihnen zu kommen und sich ihre Gedanken anzuhören.
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