Bayerischer Innenminister Joachim Herrmann (CSU)
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Herrmann: "Zuerst ist die Randale da, dann reagiert die Polizei"

Deutliche Worte von Innenminister Joachim Herrmann im Interview mit dem BR-Politikmagazin Kontrovers. Er warnt davor, die Krawalle in Augsburg alleine auf Corona-Frust zu schieben und verspricht sorgfältige Ermittlungen zum Messerangriff in Würzburg.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hat die Reaktion der Polizei und des Freistaats auf die Krawalle in der Augsburger Maximilianstraße vor gut einer Woche verteidigt. "Zuerst ist die Randale da und dann reagiert die Polizei darauf", sagt er im BR-Politikmagazin Kontrovers. Und er macht deutlich, dass er die Verbindung von Corona-Frust und Gewaltausbrüchen gegen Polizisten und Sanitäter für nicht statthaft hält: "Die Zunahme an Angriffen auf Feuerwehrleute, Rettungssanitäter und Polizisten, die haben wir seit Jahren zu beobachten. Das hatte lange nichts mit Corona zu tun."

CSU-Ordnungsreferent fordert geöffnete Clubs

Nachdem vor einer Woche aus einer aufgebrachte Menge in der Augsburger Innenstadt Flaschen auf Polizisten und Rettungskräfte geschmissen worden sind, war an diesem Wochenende die Augsburger Feiermeile weitgehend abgeriegelt. Straßensperren, Kontrollen – ein Kommunikationsteam der Polizei sprach gezielt Jugendliche an. Sind mehr Polizei und mehr Verbote die Lösung? Der städtische Ordnungsreferent von der CSU, Frank Pintsch, fordert im BR-Politikmagazin Kontrovers einen anderen Weg. Clubs und Diskotheken sollten wieder öffnen, in dem Maße es der Gesundheitsschutz zulasse. "Das wäre für mich auch ein Konzept, die Spannungen, die in unserer Gesellschaft zweifellos zu beobachten sind, besser zu regulieren und besser auszugleichen."

Herrmann: Corona-Lockerung wird Gewalt nicht lösen

Herrmann verwies im Kontrovers-Interview dagegen auf die jüngsten Lockerungs-Schritte. Etwa auf die Öffnung von Gaststätten bis 1.00 Uhr nachts, die diese Woche von der Staatsregierung beschlossen worden ist. Er sei dafür, das normale Leben wieder herzustellen. Dies werde das Gewaltproblem aber nicht aus der Welt schaffen.

"Was die Diskos angeht, haben wir immer noch ein Infektionsproblem. Wenn ich erinnern darf: die Auseinandersetzungen im Englischen Garten in München, die hat es lange vor Corona gegeben. Und zu meinen, dass was wir aktuell feststellen, nur auf die Corona-Maßnahmen zurückzuführen ist oder weil die Diskos geschlossen sind, das halte ich für verfehlt." Joachim Herrmann (CSU)

Würzburger Angreifer: Sorgfältige Recherchen

Mit Blick auf den Messerangriff in Würzburg, bei dem drei Frauen ums Leben gekommen sind, fordert Herrmann sorgfältige Recherchen der Polizei: "Dann werden wir ein umfassendes Bild haben, wie konnte sich die Lage so zuspitzen? Wie kam es zu diesem Tatentschluss?" Am Freitag hatte ein 24-Jähriger Mann in der Würzburger Innenstadt Menschen mit einem Messer angegriffen. Er wurde von der Polizei festgenommen. Der Täter, der 2015 als Asylbewerber nach Deutschland kam, ist wegen Mordes und Mordversuchs in Haft.

Nicht optimal integriert

Herrmanns Parteifreund – Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) – hat angesichts der bekannten Informationen über den Angriff die Integrationsbemühungen für Geflüchtete hinterfragt. Der 24-Jährige Mann aus Somalia hatte in Würzburg in einer Obdachlosenunterkunft gelebt.

Seehofer sagte dazu der Augsburger Allgemeinen: "Wenn ein junger Mann sechs Jahre in einem Obdachlosenheim lebt, ohne dass jemand hinschaut und sich kümmert, dann kann ich mit unserer Politik nicht zufrieden sein, da fehlt es am Bewusstsein." Sein bayerischer Kollege Joachim Herrmann bestätigt, dass der Angreifer nicht optimal integriert gewesen sei. Er hätte eine Beschäftigung als eine Hilfskraft gehabt, aber nur wenig Deutsch gekonnt. In Sachsen, NRW und zuletzt in Bayern gelebt.

"Man muss immer sehen, was gab es für Angebote und was hat der Betroffene angenommen", betont Herrmann. Dies sei Gegenstand der Ermittlungen des LKA.

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