Eine Frau steht an einem Fenster.
Bildrechte: BR/Julia Müller

Angehörige von psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen sollen am BKH Bayreuth die Möglichkeit bekommen, sich auszutauschen. (Symbolbild)

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"Keiner hört mich" – Hilfe für Eltern psychisch kranker Kinder

Wenn junge Menschen mit psychiatrischen Erkrankungen behandelt werden, dann leiden auch die Eltern mit – doch zu selten werden sie gehört. Eine neue Selbsthilfegruppe am Bezirkskrankenhaus in Bayreuth soll das ändern.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

"Ich bin nur noch mit Psychopharmaka aufgestanden, weil ich nicht mehr konnte. Aber da redet ja keiner drüber", sagt eine Mutter. Eine andere ergänzt: "Es ist auch manchmal so eine Wut, wenn du so ein Kind daheim hast. Was soll ich noch machen? Ich schreie um Hilfe und keiner hört mich."

Es sind Geschichten, die berühren. Die zwei Mütter geben einen kleinen Einblick in ihren Alltag mit ihren psychisch erkrankten Kindern. Sich zu öffnen, ist für sie schwierig, aber wichtig. Am Bezirkskrankenhaus (BKH) in Bayreuth soll es dafür nun einen geschützten Raum geben, dank eines neuen Selbsthilfetreffpunktes. Denn wenn die eigenen Kinder krank sind, leiden auch die Angehörigen.

Tabuthema: Psychisch erkrankte Kinder

Ein psychisch krankes oder ein süchtiges Kind ist oft ein Tabuthema. "Jeder sagt dir, du bist selber schuld. Keiner fragt, wie es dir geht. Da zieht man sich als Mama zurück und redet nicht mehr drüber." Jahrelang hat diese Mutter alles versucht, ihrem süchtigen Sohn zu helfen. Psychologen, Ärzte, Jugendamt und letztlich Jugendpsychiatrie. Hilfe aus ihrem Umfeld bekam sie nicht, erzählt sie mit Tränen in den Augen.

Mit ihrer Geschichte, Erlebnissen und Gefühlen will sie anderen Eltern Mut geben, sich zu öffnen. Zu reden, oder einfach nur zuzuhören. Mit der klaren Botschaft: Ihr seid nicht allein. "Die psychisch kranken oder süchtigen Patienten bekommen Hilfe, aber was ist mit der Mama, dem Papa, Onkel, Oma?"

Keine Therapie, kein Stuhlkreis

Und genau deshalb sollen Angehörige von psychisch erkrankten Kindern und Jugendlichen jetzt am BKH Bayreuth die Möglichkeit bekommen, sich in einem geschützten Raum auszutauschen, über ihre Sorgen und Ängste sprechen zu können, eingerichtet von der GeBo (Gesundheitseinrichtung des Bezirks Oberfranken). Das Ziel sei klar, sagt Selbsthilfebeauftragte Susanne Freund: "Mehr darüber sprechen, wir sind alle nicht unbegrenzt belastbar."

"Mamas stärken, Papas stärken. Ihnen das Gefühl geben, sie sind nicht alleine." Susanne Freund, Selbsthilfebeauftragte BKH Bayreuth

Es handelt sich dabei nicht um eine Therapie. Das Angebot ist freiwillig und unverbindlich. Ohne Verpflichtung von regelmäßigen Treffen, ohne den Zwang, die eigene Person oder Hintergründe vorzustellen – und vor allem ohne Stuhlkreis.

Alles geht, nichts muss, so Freund. "Man nennt das Schwarmaustausch. Weg von fest strukturierten, hin zu lockeren, offenen Treffen. Wir wollen Barrieren aufbrechen und auch mit dem Klischee aufräumen, dass es nur in Familien mit alkohol- oder drogenabhängigen Eltern passiert. Es kommt überall vor und vor allem viel öfter als vielen bewusst ist", so Freund.

Geschützter Raum zum Austausch

Alle zwei Wochen will man sich mittwochs zwischen 16 und 18 Uhr treffen. Anfangs zusammen mit Susanne Freund, im Idealfall später auch nur unter Betroffenen. "So eine Gruppe muss wachsen und braucht Geduld", so die Selbsthilfebeauftragte. Eine kurze Voranmeldung bei der Selbsthilfebeauftragten reicht aus. "Wir hoffen, hier Eltern in einem geschützten Raum die Chance zu geben zu erkennen, dass sie nicht allein sind und es nicht nur ihnen passiert."

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