Illegale Autorennen sind nicht nur ein Phänomen von Großstädten. In Augsburg gibt es eine solche Szene oder auch in Rosenheim. Dort war es Ende 2016 zu einem besonders schweren Unfall gekommen, bei dem eine 21-jährige und eine 15-jährige starben. Ein Golf war beim Überholen mit dem Kleinwagen der jungen Frauen zusammengestoßen.
Vor Gericht wurde die Frage verhandelt: Wurden die Mädchen getötet, weil sich zwei Raser ein Rennen geliefert hatten? Fest steht: Der Golf, der mit dem Auto der Mädchen zusammengestoßen ist, hat in diesem Moment zwei BMW überholt, die ihn nach Überzeugung des Gerichts nicht mehr einscheren ließen. Und: Beteiligte des Unfalls gehören offenbar der Raserszene an.
"Was mich gequält hat, war der Bericht, dass der wirklich Rennen fährt. Dann hab ich die Gewissheit gehabt, unsere Kinder sind durch ein Rennen ums Leben gekommen." Franz Daxlberger, seine Tochter wurde bei dem Unfall getötet
Die Überzeugung des Vaters ist das eine, aber im Prozess ließ sich nicht nachweisen, dass ein Rennen zu dem Unfall geführt hat. Tatsache aber ist: Auf deutschen Straßen werden illegale Autorennen gefahren. Das ist bekannt, doch der Szene ist schwer beizukommen. Denn die Polizei muss die Raser auf frischer Tat ertappen.
Illegale Autorennen: Einblicke in Raser-Szene
Wir wollen mehr über die Szene erfahren. Wie ticken diese Fahrer, die offenbar auf alle Verkehrsregeln pfeifen? Die bereit sind, nur für den Kick das Leben anderer Menschen aufs Spiel setzen? Wir recherchieren den Treffpunkt der Raserszene in München und sprechen mit den jungen Männern, die mit PS-starken Autos die Stadt unsicher machen.
Einer sagt, illegale Autorennen, das sei "wie Fahrradfahren oder Fußball". Man lerne es schnell und passieren könne immer etwas: "Bei jedem Sport kann etwas schief laufen." Mitgefühl mit den Opfern solcher Unfälle und deren Angehörigen zeigen sie keines. Härtere Strafen lassen sie kalt.
"Indem der deutsche Staat irgendwelche Regeln härter macht, macht er es nicht besser, dadurch haben wir nicht mehr Angst oder was auch immer sowas zu machen." Raser
Härtere Strafen sollen Raser stoppen
Doch genau das ist der Weg, den die Politik einschlägt. Seit September 2017 ist die Teilnahme an einem illegalen Rennen eine Straftat, jetzt drohen bis zu zwei Jahre Haft. Verletzt oder tötet ein Raser einen Menschen, sind bis zu zehn Jahre Gefängnis möglich. Der Führerschein kann lebenslang entzogen werden. Doch bisher wurde das Gesetz noch bei keinem Prozess angewendet, da die aktuellen Fälle - auch der Rosenheimer - aus der Zeit vor der Neuregelung stammen.
Rosenheim: Offenbar kein Umdenken bei der Raser-Szene
Zurück nach Rosenheim: Auch dort beobachtet die Polizei, dass strengere Gesetze kaum Wirkung zeigen - jedenfalls beim harten Kern der Szene nicht. Zehn bis 20 Leute sind es dort, die immer wieder auffallen, berichten die Beamten. Höchstens eine richtig lange Freiheitsstrafe könnte sie umdenken lassen, heißt es bei der Polizei. Kann der Rosenheimer Raser-Prozess eine solche abschreckende Wirkung entfalten?
Vor kurzem ist das Urteil gefallen. Der Unfallfahrer bekommt 20 Monate auf Bewährung, der BMW-Fahrer muss für zwei Jahre in Haft. Das Gericht geht davon aus, dass er den Golffahrer nicht einscheren ließ, der dann frontal gegen das Auto der Mädchen krachte.
"Gerecht wird es nie werden, weil die Mädchen nicht zurückkommen." Ralf Rüth, seine Tochter wurde beim Unfall getötet
Die Familien der getöteten jungen Frauen hoffen trotzdem, dass das Urteil die Fahrer abschreckt. Damit anderen das erspart bleibt, was sie durchmachen müssen.
Autoren: Tobias Brunner und Niklas Schenk