Die beiden israelischen Studenten Shahar Cohen und Daniel Pruzansky sitzen nebeneinander und lesen Nachrichten auf einem Ipad.
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Die beiden Studenten Shahar Cohen und Daniel Pruzansky verfolgen die Nachrichten aus Israel.

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Israelische Studenten in Franken geschockt vom Tod ihrer Freunde

Der Krieg in Israel scheint weit weg. Doch die Betroffenheit ist auch in Franken groß. Zwei israelische Studenten, die in Nürnberg leben, haben Freunde und Bekannte beim Terror-Angriff der Hamas verloren. Und die Sorgen und Ängste gehen weiter.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Daniel Pruzansky sitzt am Klavier und spielt. Der 24-jährige Israeli studiert in Nürnberg an der Hochschule Musik. Doch aufs Studium kann er sich gerade kaum konzentrieren. Seine Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freunden in der Heimat. Um sie abzulenken, schickt er ihnen kleine Musikstücke, die er einspielt. "Das ist nicht viel. Aber das kann ich machen, um sie ein bisschen zu unterstützen", sagt Daniel Pruzansky.

Freunde und Bekannte bei Terror-Angriff verloren

Viel Zeit verbringt er online, liest Nachrichten und tauscht sich mit seinem Freund Shahar Cohen aus, der in Nürnberg Wirtschaft studiert. Beide haben Freunde und Bekannte bei dem Terror-Angriff der Hamas auf ein Musikfestival in der Negev-Wüste verloren. Daniel Pruzansky erfährt von deren Tod aus den Nachrichten. "Ich konnte es nicht glauben. Ich habe die Nachrichten gesehen und es war wie ein Film. Ein Freund, und dann noch einer und noch einer", berichtet der 24-Jährige.

"Sie wollten einfach nur tanzen"

Die Schulfreunde von Shahar Cohen sind erst eine Stunde vor dem Angriff beim Festival angekommen. "Sie flüchteten sofort und versteckten sich. Doch die Terroristen fanden sie. Zwei wurden getötet, einer überlebte und einer wurde wahrscheinlich in den Gaza-Streifen entführt", sagt der 22-Jährige. Das Schicksal ihrer Freunde haben beide noch lange nicht verarbeitet. "Sie wollten einfach nur tanzen und singen, nicht mehr als das. Nicht mehr als das", so Daniel Pruzansky. Und sein Freund Shahar Cohen ergänzt: "Es ist surreal. Das hätte auch ich oder meine Geschwister sein können. Es fällt mir schwer nach diesen Nachrichten wieder in den Alltag zurückzufinden."

Alle drei bis vier Stunden eine Nachricht an die Schwester

Und die Sorgen gehen weiter. Shahar Cohens Familie lebt nahe der Grenze zum Libanon. Dort droht die Gewalt mit der Hisbollah zu eskalieren. Daniel Pruzanskys Schwester ist beim Militär und damit ein mögliches Ziel von Angriffen. Er versucht, alle drei bis vier Stunden eine Nachricht an seine Schwester zu schreiben, um zu hören, ob alles in Ordnung ist.

Fast jeder ist betroffen

Halt finden die beiden Studenten auch in der israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg. Auch hier ist der Krieg nicht weit weg, berichtet Anatoli Djanatliev von der Kultusgemeinde: "Es ist wirklich unglaublich. Man bekommt jeden Tag neue Nachrichten von Toten, von Verletzten, die man auch selbst kannte. Und das nimmt mit, sowohl in der Gemeinde als auch im Verwandten- und Freundeskreis."

Gefahr von Anfeindungen steigt in Deutschland

Mit der Gegenoffensive der Israelis, die rund eine Millionen Menschen zur Flucht zwingt und auch zivile Opfer fordert, wachse zudem in Deutschland nun erneut die Gefahr von Anfeindungen gegenüber Juden, sagt Anatoli Djanatliev. "Das macht uns momentan schon ein bisschen Sorgen. Wir machen uns da auch Gedanken, welche Auswirkungen das auch auf das Leben hier hat", so der dritte Vorstand der Kultusgemeinde. Die Angst dürfe aber nicht den Alltag bestimmen. Und so finden weiterhin alle Veranstaltungen der Kultusgemeinde statt. Die Angst und Sorge weitere Freunde und Familienmitglieder in Israel zu verlieren – sie bleibt.

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