Geburtsstationen in kleineren Kliniken arbeiten meist mit einem Belegarztsystem. Sprich: Niedergelassene Frauenärzte lassen in ihrer Praxis oder zuhause alles stehen und liegen und fahren in die Klinik, wenn eine Geburt ansteht. In nur zehn Minuten müssen sie das schaffen – an 365 Tagen im Jahr. Diese Belastung ist vielen zu hoch. Deshalb haben zum Beispiel die Dillinger Belegärzte vor gut einem Jahr gesagt: Wir hören auf. Die Klinik hat es geschafft, die Geburtshilfe trotzdem zu erhalten - mit einem anderen Konzept - aber auch das droht zu scheitern.
Die Geburtshilfe im Dillinger Krankenhaus rechnet sich nicht
Die Geburtshilfeabteilung im Dillinger Krankenhaus ist erst vor kurzem renoviert worden. Über eine halbe Million Euro hat man in die Renovierung gesteckt – denn die Klinikleitung dachte, sie ist auf dem richtigen Weg bei der Geburtshilfe. Mit einem neuen Konzept: Nicht mehr mit freiberuflichen Belegärzten, sondern mit am Krankenhaus angestellten Ärzten. Vier bis fünf braucht man da, um eine Bereitschaft rund um die Uhr 365 Tage im Jahr zu stemmen. Aber um die auszulasten, reichen die 600 Geburten am Dillinger Krankenhaus pro Jahr nicht.
Das neue Konzept: Frauenärzte im Haus
Deshalb wollte das Krankenhaus ambulante und stationäre Versorgung kombinieren. Am Krankenhaus sollte eine Art Praxis eingerichtet werden. Dort arbeiten die Ärzte – und steht eine Geburt an, kümmern sie sich darum. Unter diesen Voraussetzungen konnten drei neue Gynäkologen für das Dillinger Krankenhaus gefunden werden. Bisher allerdings erstmal nur als Geburtshelfer, denn eine Vorraussetzung war noch nicht erfüllt: Wer ein solches Versorgungszentrum aufbaut, also eine Praxis, braucht einen Kassenarztsitz.
Keine Genehmigung für die Frauenärzte
Das Krankenhaus Dillingen hat sich um den Kassenarztsitz beworben - erfolglos. Bekommen hat ihn ein niedergelassener Frauenarzt in Dillingen. Er hat bereits zwei solcher Kassensitze – braucht aber einen dritten, um die ambulante Versorgung zu sichern, sagt er. Dafür hat er einen Kollegen, der eigentlich schon im Ruhestandsalter ist, gewinnen können. Der Zulassungsausschuss der Krankenkassen hat sich für ihn entschieden. Man erwartet dadurch eine deutliche Verbesserung der ambulanten Versorgung, heißt es – eben weil dieser Arzt sich nicht auch noch um Geburten kümmern muss.
Die Frauenärzte in Dillingen haben gekündigt
Dass in der Folge die gesamte Geburtshilfe am Dillinger Krankenhaus auf dem Spiel steht, will der betroffene niedergelassene Arzt nicht kommentieren. Seine Kollegen am Krankenhaus aber sehen jetzt keine Zukunft mehr für ihre Tätigkeit dort: Sie haben gekündigt. Nur Geburten und das nicht mal jeden Tag, das war nicht der Plan. Noch dazu nur zu dritt – das geht auf Dauer nicht, sagt Chefarzt Sascha Vietoris. Das geplante medizinische Versorgungszentrum hätte für ihn bedeutet: "Dass man in der Lage ist, sowohl von der Manpower als auch von den Strukturen her, Schwerpunkte zu finden, Onkologie zum Beispiel, das geht nur mit der Struktur eines medizinischen Versorgungszentrums."
In Dillingen sollen weiterhin Babys auf die Welt kommen
Deshalb will Geschäftsführer Uli Gerd Prillinger nicht aufgeben, sich auf den nächsten freiwerdenden Kassenarztsitz bewerben und natürlich neue Ärzte finden. In Dillingen sollen auch weiter Kinder zur Welt kommen können, denn auch wenn kleinere Geburtsstationen nicht mehr ins Konzept des aktuellen Gesundheitssystems passen – die Frauen fühlen sich dort überwiegend wohl.