Angesichts der schnell steigenden Zahl von Corona-Patienten fürchten Bayerns Kliniken zum Jahresende eine bislang nicht dagewesene Notlage in der Versorgung. Die Verlegung von Covid-Intensivpatienten in andere Bundesländer wird nach Einschätzung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft nur kurzfristig Abhilfe schaffen können.
Engehausen erwartet Drama, "das es so noch nicht gegeben hat"
"Alle Prognosen gehen in die Richtung, dass die Zahl der Patienten weiter steigen wird und wir in Bayern keine ausreichenden Intensivkapazitäten haben", sagte BKG-Geschäftsführer Roland Engehausen der Deutschen Presse-Agentur. "Die momentan noch vorhandenen Intensivkapazitäten im Norden werden uns nur einige Wochen helfen können, weil auch dort die Belegung steigt."
Derzeit ist wegen Überlastung der bayerischen Kliniken die Verlegung von etwa 50 Patienten in andere Bundesländer in Vorbereitung. Doch derzeit wird in Bayern jeden Tag eine zweistellige Zahl von zusätzlichen Intensivpatienten in den Kliniken aufgenommen, allein am Mittwoch waren es über 40. "Wir müssen in Bayern mit den Zahlen der Neuinfizierten runter", sagte Engehausen. "Sonst geraten wir zwischen Weihnachten und Neujahr in ein Drama hinein, das es so noch nicht gegeben hat."
Wendtner in der FAZ: "Wir brauchen den Lockdown"
Der Chefarzt der Infektiologie in der München Klinik Schwabing, Clemens Wendtner, sagte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ): "Kurzfristig muss es einen Lockdown geben, denn nur über Kontaktbeschränkungen wird man die hohe Zahl der Infizierten senken können. Das ist ein unbeliebtes, aber bewährtes Mittel. Der bloße Aufruf: 'Bitte seid brav und bleibt zu Hause!', hilft da nicht weiter." Es sei ein großer Fehler der Politik gewesen, Lockdowns per se auszuschließen. "Lockdown und allgemeine Impfpflicht, das sind die effektivsten Maßnahmen, die es gibt", so Wendtner in der FAZ.
Österreich habe gezeigt, "was alles nicht funktioniert: 2 G, 2 G Plus. Jetzt kommt die Vollbremsung mit dem Lockdown, und die Dynamik scheint dort in der Kurve der Infektionszahlen etwas abzunehmen. Das ist so wie bei uns: Die Umsetzung kommt, wenn das System vor die Wand gefahren ist. Das ist die bittere Einsicht", sagte Wendtner.
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Sachsen schließt Lockdown nicht mehr aus
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer schließt einen Lockdown vor Weihnachten nicht mehr aus. "Die Gefahr ist nicht von der Hand zu weisen. Es wird nur zu verhindern sein, wenn es ein kollektives Verständnis und gemeinsames Bewusstsein gibt, Kontakte zu vermeiden und die Maßnahmen einzuhalten", sagte der CDU-Politiker der "Sächsischen Zeitung". Wenn es in der kommenden Woche nicht einen positiven Effekt gebe, "müssen wir diese Diskussion führen".
Kretschmer geht zudem davon aus, dass die Betten-Auslastung mit Covid-19-Patienten in den nächsten Wochen dramatisch steigen werde. "Wir bereiten jetzt die Verlegung von Patienten in andere Bundesländer vor. Noch gibt es diese Möglichkeit. Das werden wir nutzen, auch um Vorsorge zu betreiben. Die laufende Entwicklung können wir kaum noch beeinflussen."
Sachsen ist seit Wochen der bundesweite Hotspot in der Corona-Pandemie. Am Donnerstag stieg der Inzidenzwert erstmals über 1.000. Neun der zehn Landkreise in Sachsen liegen über diesem Inzidenzwert. Unterhalb dieses Wertes liegen nur noch die Großstädte Dresden (630,3), Leipzig (869,1) und Chemnitz (972,2) sowie der Landkreis Görlitz (735,6).
Mit dpa-Material.
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