Prozessauftakt um Millionenbetrug
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In Nürnberg beginnt der Prozess um drei Mitarbeiter des ASB, die die Krankenkassen um Millionenbeträge betrogen haben sollen.

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ASB-Millionenbetrug: Angeklagte widersprechen sich

ASB-Millionenbetrug: Angeklagte widersprechen sich

Mit widersprüchlichen Einlassungen der drei Angeklagten hat in Nürnberg der Prozess gegen ehemalige Führungskräfte des ASB-Landesverbandes Bayern begonnen. Ihnen wird Abrechnungsbetrug in Millionenhöhe zu Lasten der Krankenkassen vorgeworfen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Am Landgericht Nürnberg-Fürth hat am Morgen der Prozess gegen drei Führungskräfte des Landesverbands des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) begonnen. Die drei sollen in großem Stil Rettungsdienstleistungen mit den Krankenkassen falsch abgerechnet haben. In die eigene Tasche gewirtschaftet haben sie der Anklage zufolge dadurch nicht: Stattdessen hätten die ASB-Führungskräfte dem Landesverband so zusätzliche Liquidität verschaffen wollen. Daher steht nach Ansicht des vorsitzenden Richters auch die Frage nach dem Schadensbegriff im Raum.

Angeklagte widersprechen sich in ihren Einlassungen

Die Generalstaatsanwaltschaft geht von bandenmäßigem Betrug aus. In einem besonders schweren Fall sieht das Gesetz dafür ein Strafmaß von sechs Monaten bis zehn Jahren vor – und zwar unabhängig davon, ob zum eigenen Nutzen oder zum Fremdnutzen betrogen wurde, erläuterte Gerichtssprecherin Tina Haase. Alle drei Angeklagten ließen sich am Vormittag in ersten Statements zu den Vorwürfen ein – wobei das Gericht unterschiedliche Sichtweisen der betrügerischen Vorgänge zu hören bekam.

Der "Whistleblower"

Auf der Anklagebank sitzt auch der Mann, der das Verfahren durch seine Angaben in Gang gebracht hatte. Er habe Missstände aufzeigen wollen, nachdem er unter anderem Fehler im Abrechnungssystem beobachtet habe, schilderte er in seiner ersten Einlassung. Der heute 53-Jährige beschrieb dabei ausführlich sein Engagement für den ASB und kritisierte den Führungsstil der beiden anderen Angeklagten massiv.

Der Buchhalter und der Landesgeschäftsführer

Der ehemalige Landesgeschäftsführer des ASB Bayern sowie sein Stellvertreter dagegen ließen durch ihre Anwälte ein anderes Bild zeichnen: Sie wiesen ein Fehlverhalten von sich und beriefen sich dabei größtenteils auf buchhalterische Vorgänge und Vertragsdetails zur Abrechnung, die entsprechende Spielräume erlaubt hätten. So habe man bei der Kostenkalkulation auch stets kommuniziert, dass mit "Quasibudgets" gearbeitet werde. Es seien außerdem 'keine Perserteppiche gekauft' worden, sondern Aufwendungen rund um den Rettungsdienst finanziert worden, argumentierte etwa der Anwalt des ehemaligen Landesgeschäftsführers. Dieser betonte außerdem, der inzwischen 69 Jahre alte Mann habe sich darauf verlassen, dass seine hauptberuflichen Mitarbeiter sich ordnungsgemäß um die Abrechnungen kümmerten.

Seitens des Verteidigers des Buchhalters und stellvertretenden Landesgeschäftsführers wurde argumentiert, der heute 57-Jährige habe sich als Leiter des Rechnungswesens ausschließlich auf die Buchhaltung konzentriert und diese nach Vorgaben erstellt.

Mit ausgeklügelter Manipulationsmasche betrogen?

Mit einer ersten Zeugenvernehmung versuchte die Kammer heute zunächst, die grundsätzlichen Abrechnungsmodalitäten beim ASB zu beleuchten. Ein Zeuge vom ASB-Regionalverband Fränkische Schweiz schilderte dabei, wie Kosten von unten an den Landesverband gemeldet und von dort aus wiederum die Jahreshaushalte gesteuert wurden. Kern der angeklagten Mauscheleien sind die Kosten für den Rettungsdienst. Laut Generalstaatsanwaltschaft erhöhten die drei Männer die von den Kreis- und Regionalverbänden gemeldeten tatsächlichen Kosten dafür systematisch, um dann gegenüber den Kostenträgern – also den Krankenkassen bzw. der zwischengeschalteten Abrechnungsstelle – überhöhte Beträge abzurechnen. Die zu viel gezahlten Summen sollen dann für andere "rettungsdienstnahe" Zwecke beim ASB verwendet worden sein, die in diesem Rahmen nicht abrechenbar gewesen wären.

Einige Vorgänge bereits verjährt

Die Anklage geht davon aus, dass die zu hohen Kosten dem ASB Landesverband zugute kamen. Lediglich dem ehemaligen Landesgeschäftsführer werden zusätzlich zwei Fälle von Untreue vorgeworfen. Unter anderem soll er sich ein Auto des ASB angeeignet haben.

Die betrügerischen Vorgänge haben nach Überzeugung der Generalstaatsanwaltschaft in den Jahren 2013 bis 2018 stattgefunden. Ein Teil der Vorwürfe ist bereits verjährt, weshalb es in dem Verfahren nicht mehr um den Gesamtbetrag von knapp 4,8 Millionen Euro geht.

Vergleich: ASB hat vier Millionen Euro zurückgezahlt

Der ASB zahlte nach Angaben seines heutigen Geschäftsführers Jarno Lang nach einem Vergleich mit den Kassen vier Millionen Euro zurück. Zunächst war von Rückforderungen in Höhe von mehr als sechs Millionen Euro ausgegangen worden. 

Prozess dauert wohl länger

Die 12. Strafkammer am Landgericht hatte für das Verfahren insgesamt zwölf Verhandlungstage bis zum 19. Dezember angesetzt. Bereits zum Auftakt zeichnete sich aber ab, dass gegebenenfalls mehr Termine zur Beweisaufnahme nötig werden könnten: Einer der Angeklagten machte gesundheitliche Einschränkungen gegen lange Verhandlungstage geltend. Darüber soll beim nächsten Prozesstag Anfang November entschieden werden.

Der Artikel wurde mit neuen Informationen aus dem Prozess aktualisiert.

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Am Landgericht Nürnberg hat der Prozess gegen drei Beschäftigte des ASB-Landesverbands wegen Millionenbetrugs begonnen.

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