Buntes Graffiti mit den Bildern der beiden Jugendlichen und deren Geburtsdaten und dem Schriftzug "Luca" und "Freddy".
Bildrechte: Georg Ballmann
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Ein Graffiti auf dem Gelände des Tuspo Heroldsberg erinnert an Luca und Frederik.

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Nach S-Bahn-Tragödie in Nürnberg: Stiftung gegen Gewalt

Nach S-Bahn-Tragödie in Nürnberg: Stiftung gegen Gewalt

2019 kamen Luca und Frederik im Alter von 16 Jahren an der S-Bahn-Station "Frankenstadion" in Nürnberg ums Leben. Sie wurden von jugendlichen Tätern vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Ihre Familien gründeten eine Stiftung für ein Leben ohne Gewalt.

Über dieses Thema berichtet: Abendschau am .

Vor fünf Jahren verloren Luca Ballmann und Frederik Wilke an der S-Bahn-Station "Frankenstadion" in Nürnberg ihr Leben. Die damals 16-Jährigen wurden von anderen Jugendlichen vor einen einfahrenden Zug gestoßen. Ihre Familien nahmen den Tod ihrer Söhne zum Anlass, eine Stiftung zu gründen.

Die grausame Tat hat nicht nur die Angehörigen, sondern eine ganze Region fassungslos und sehr betroffen gemacht. Auch fünf Jahre nach ihrem Tod trauern die Familien und viele Freunde um Frederik und Luca. Viele Jugendliche haben die Tatnacht miterlebt und erinnern sich bis heute mit Schrecken und Wut daran. In ihrer Heimat, dem Markt Heroldsberg, erinnert auf dem Fußballplatz ein Graffiti an die zwei. Der Tuspo Heroldsberg war ihr Verein und ihre zweite Heimat.

Friedliches Leben ohne Gewalt

Die Familien haben im Gedenken an ihre Söhne die "Frederik und Luca Stiftung" gegründet. Sie wollen damit das Leben und das Andenken an die beiden damals 16-Jährigen bewahren. Vor allem haben die Familien ein Ziel: So eine Tat darf es nie wieder geben. So will die Stiftung Initiativen und Maßnahmen unterstützen, um ein friedliches, tolerantes, menschenwürdiges und gewaltfreies Miteinander zu fördern.

Tod im S-Bahn-Gleis

Georg Ballmann, der Vater von Luca, denkt jeden Tag daran, wie sein Sohn und dessen Freund ums Leben kamen. Es war vor fünf Jahren, in der Nacht auf den 26. Januar. Normalerweise meidet er den Tatort, die S-Bahn-Station "Frankenstadion" in Nürnberg. "Es ist immer schwierig, an diesen Ort zurückzukehren. Es war ein nichtiger Anlass und es hätte nie in dieser Form eskalieren dürfen", so der Vater.

Georg Ballmann steht genau da, wo sich die Tragödie abgespielt hat, zwischen Treppengeländer und Gleisbett. Frederik und Luca waren zuvor auf einer Party. Auf dem Bahnsteig standen später viele Jugendliche, die auf die S-Bahn gewartet haben. Es kam zu einem Streit. Georg Ballmann hat die Videos der Überwachungskamera aus dieser Nacht unzählige Male angesehen. "Das war am Anfang eher noch so eine Art Spielerei und Witzchen machen, provozieren durch Nasenschnippen und so weiter. Aus dem Nichts heraus kam dann diese brutale Gewalteskalation, die zum Tod der beiden geführt hat."

Zuerst wurde Frederik ins Gleis gestoßen, dann landete auch Luca im Gleisbett. Beide wurden Sekundenbruchteile später von einem einfahrenden Zug überrollt, der in diesem Moment durch den Bahnhof rauschte. Die damals 17-jährigen Täter wurden zu Jugendstrafen verurteilt.

Eine sinnlose Tat mit Todesfolge

Die Familien der Opfer setzen sich dafür ein, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Mit der Frederik und Luca Stiftung wollen sie dem Tod ihrer Söhne einen Sinn geben. 150.000 Euro haben die Familien in den vergangenen zwei Jahren gesammelt. Mit den Spenden finanziert die Stiftung Gewaltpräventionsprojekte in Kitas, Schulen und anderen Einrichtungen.

Sie unterstützen Streitschlichtungsprogramme, schulpsychologische Betreuung und vieles mehr. "Wir versuchen, Kindern einen guten Weg mitzugeben. Sie sollen lernen, mit Konflikten vernünftig umzugehen, Empathie zu entwickeln. Wut und Ärger empfinden ja auch wir Erwachsenen, aber es geht darum, damit besser umzugehen, ohne Gewalt." Das ist Georg Ballmann wichtig.

Stiftung fördert das Programm "Faustlos"

Georg Ballmann besucht den Kindergarten Auferstehungskirche in Nürnberg. Einmal in der Woche im Morgenkreis thematisiert Erzieher Dominik Angermeyer mit den Kindern das Thema Streit. Der Erzieher ist eigens für das Programm "Faustlos" geschult worden. Unterstützt wird er von der Kita-Leiterin Heidi Lang.

Beide halten es für äußerst sinnvoll, schon im Kindergartenalter die Themen Gewalt, Wut und Ärger zu thematisieren. Schon in der Kita gibt es viele Situationen, in denen die Kinder ihren Frust rauslassen und dann hauen und treten. Streit um Spielzeug oder Freunde kommt regelmäßig vor. Genau hier will die Frederik und Luca Stiftung ansetzen - und zwar schon im Kindesalter. Das müsse dann natürlich an den Grundschulen und auch in den höheren Jahrgangsstufen fortgesetzt werden, betont Georg Ballmann.

Anderen Familien Leid ersparen

Für die Nürnberger Kita und für weitere fünfzig Einrichtungen und 1.000 Fachkräfte in Franken hat die Stiftung Schulungen finanziert. Spielerisch lernen die Kids dabei, auf die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen, Streit zu schlichten. Georg Ballmann setzt große Hoffnungen in diese Schulungen. 100.000 Kinder sollen über die kommenden Jahre teilnehmen können.

Wenn er wie heute mit dabei ist, schweifen seine Gedanken zurück in die Nacht vor fünf Jahren und zu den Tätern, die Frederik und Luca vor den Zug gestoßen haben. "Ich denke, wenn der eine oder andere vielleicht mal so eine Schulung mitgemacht hätte, dann wäre es damals nicht in dieser Gewalt geendet."

Sich vertragen, den Streit nicht in Gewalt eskalieren lassen – das ist das Ziel der Frederik und Luca Stiftung. "Wenn wir einer Familie das Leid ersparen können, das wir erleben mussten, dann machen wir schon was richtig", sagt Georg Ballmann. Und so wird sich die Frederik und Luca Stiftung auch weiter engagieren.

Heute vor fünf Jahren starben Frederik und Luca auf S-Bahn-Gleisen in Nürnberg, Opfer eines eskalierenden Streits.
Bildrechte: Bayerischer Rundfunk 2024
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Heute vor fünf Jahren starben Frederik und Luca auf S-Bahn-Gleisen in Nürnberg, Opfer eines eskalierenden Streits.

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