Polizei durchsucht die Blumenbeete und die Straße am Karolinen-Platz nach Spuren.
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Kurz nach dem Großeinsatz wurden Ermittlungen aufgenommen, die Polizei suchte die Umgebung des Tatorts nach Spuren ab.

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Vereitelter Terroranschlag: Was die Polizei inzwischen weiß

Vereitelter Terroranschlag: Was die Polizei inzwischen weiß

Nach dem Schusswechsel in München hat die Polizei neue Erkenntnisse bekanntgegeben. Ein 18-jähriger Österreicher hatte am Donnerstag am israelischen Generalkonsulat um sich geschossen, wurde von der Polizei gestoppt und getötet.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Wer ist der 18-Jährige, der am Donnerstag in München mutmaßlich mehrere Schüsse abgegeben hat und was sind seine Gründe? Polizei und Staatsanwaltschaft haben über den aktuellen Stand der Ermittlungen und erste Erkenntnisse informiert.

Erste Details zum Tatverdächtigen waren bereits Stunden nach der Tat bekannt geworden. Der von der Polizei tödlich niedergeschossene Mann wurde 2006 geboren. Er wohnte in Österreich, hatte die dortige Staatsangehörigkeit und bosnische Wurzeln.

Schütze wollte auf Gelände des Generalkonsulats gelangen

Der Ablauf der Tat ist derzeit noch Gegenstand der Ermittlungen. Christian Huber, Leiter der Abteilung Einsatz der Polizei München, schilderte erste Erkenntnisse: Demnach wurde der mutmaßliche Täter am Donnerstagmorgen mit der Waffe gesichtet, dies konnte aber zunächst nicht verifiziert werden. In der Anfangsphase sei zudem nicht klar gewesen, ob es sich um einen einzelnen Täter handelte, sodass verstärkt Polizei anrückte.

Der 18-Jährige habe zwei Schüsse auf das NS-Dokumentationszentrum abgegeben und sei in ein Gebäude der Technischen Universität München (TUM) eingedrungen. Dabei habe er sich verletzt. Einen Hinweis darauf gab eine Blutspur vor Ort. Der Täter habe zudem vergeblich versucht, über ein Fahrzeug den Zaun zum israelischen Generalkonsulat zu überwinden. Er habe auch auf dieses Gebäude zwei Schüsse abgegeben. In einer Parkanlage konnten die Beamten ihn schließlich stoppen.

Zwei Leichtverletzte: Knalltrauma nach Schusswechsel

Der Aufforderung, die Waffe niederzulegen, sei der Mann nicht gefolgt. Er habe auf die fünf beteiligten Polizeibeamten geschossen, woraufhin diese zurückgeschossen hätten. Auch am Boden liegend habe der Schütze noch versucht, auf die Polizei "einzuwirken". Bei dem Schusswechsel mit massivem Beschuss durch die Polizei haben sich zwei Menschen ein Knalltrauma zugezogen, eine Bürgerin sowie ein Polizeibeamter. Vor Ort waren zu dem Zeitpunkt nur wenige Menschen unterwegs, sowohl das NS-Dokumentationszentrum als auch das israelische Generalkonsulat waren geschlossen. Auch im Gebäude der TUM ist der Täter aktuellen Erkenntnissen zufolge auf niemanden getroffen.

Bei der Waffe handele es sich um einen Schweizer Karabiner 31, Kaliber 7,5x5 mm mit 6-Schuss-Magazin. Die Waffe ist in Österreich erlaubnisfrei, der Täter konnte sie am 4. September den Angaben zufolge legal kaufen. Insgesamt habe er mindestens neun Schüsse abgegeben. Im Bereich des Karolinenplatz und der Parkanlage vor Ort wurden entsprechend Hülsen gefunden. Ein Schuss sei auch auf das Gebäude der TU-München abgefeuert worden. Im Auto des Mannes habe man eine 50-Schuss-Packung Munition gefunden, die fast leer war. Wo die übrige Munition verblieben ist, müsse man im Rahmen der Ermittlungen klären. Sprengstoffspuren seien am Schützen und Fahrzeug nicht gefunden worden.

Antisemitische, islamistische Tat? Was zum Motiv bekannt ist

Die Generalstaatsanwaltschaft hat noch während des Einsatzes die Ermittlungen übernommen, konkret die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), erklärte Oberstaatsanwältin und ZET-Leiterin Gabriele Tilmann.

Eine Botschaft des jungen Mannes sei bislang nicht gefunden worden, derzeit würden seine Unterlagen und elektronischen Daten ausgewertet. Fakt sei, dass nach Erkenntnissen der österreichischen Polizei der Mann sich in den vergangenen Jahren islamistisch radikalisiert habe und dass am Jahrestag des Olympia-Attentates in München auf das NS-Dokumentationszentrum und das israelische Generalkonsulat geschossen wurde. Die Arbeitshypothese bei den Ermittlungen sei, dass der Täter islamistisch beziehungsweise antisemitisch gehandelt hat.

Vor Ort war der Mann als Einzeltäter unterwegs, das ist bereits geklärt. Ob es im Hintergrund noch Mitwisser oder Helfer gab, wird derzeit ermittelt.

Behörde: 2023 noch keine Beweise

Bereits am Freitagmittag war bekannt geworden: Trotz Ermittlungen lagen 2023 noch keine eindeutigen Beweise in Bezug auf Radikalisierung oder islamistische Propaganda vor. Wie die Behörde mitteilte, bewegte sich der 18-jährige Österreicher in der Vergangenheit nicht in islamistischen Kreisen.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft bestand der Verdacht, dass der am Donnerstag getötete Schütze Mitschüler bedroht hatte, wobei es angeblich zu einer Körperverletzung kam. Weiter wurde dem Verdacht nachgegangen, dass er sich für Anleitungen zum Bombenbau interessiert und sich an einer terroristischen Vereinigung beteiligt haben könnte, in dem er in einem Online-Spiel islamistische Gewaltszenen darstellte.

Das Spielen eines solchen Computerspiels und das Nachstellen von islamistischen Gewaltszenen habe in diesem Fall nicht den Tatbestand der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung erfüllt, hieß es. Ermittlungen im Umfeld des Verdächtigen hätten auch keine Hinweise gegeben, dass sich der Beschuldigte in radikal-islamischen Kreisen bewegt oder sehr religiös gelebt habe. Weitere Gegenstände oder Daten mit Bezug zum Islamischen Staat oder zu Bomben wurden ebenfalls nicht gefunden. Deshalb seien die Ermittlungen im April 2023 eingestellt worden. Allerdings sei ein Waffenverbot verhängt worden, das noch bis mindestens Anfang 2028 in Kraft geblieben wäre, wie es von der Salzburger Polizei hieß.

Mit Informationen von dpa

Im Video: BR24live - Der aktuelle Stand der Ermittlungen

Polizeifahrzeuge am Tatort in der Münchner Innenstadt
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Polizeifahrzeuge am Tatort in der Münchner Innenstadt

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