Gegen mindestens 400 Polizeibeamte der Bundesländer laufen Disziplinar- oder Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts auf rechtsextremistische Gesinnung oder Unterstützung einer Verschwörungsideologie. Das berichtet das Magazin "Stern" (externer Link, möglicherweise Bezahl-Inhalt). Auch bei der bayerischen Polizei gibt es Verdachtsfälle auf eine rechtsextreme oder verschwörungsideologische Gesinnung, wie das Innenministerium auf BR24-Anfrage bestätigt. Gegen 29 Polizei-Beamtinnen und Beamte - von 38.000 bei der bayerischen Polizei - laufen demnach Disziplinarverfahren wegen des Verdachts auf eine rechtsextreme oder verschwörungsideologische Gesinnung.
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51 rechtsextreme Verdachtsfälle in fünf Jahren
Seit 2020 gab es bei der bayerischen Polizei 51 Disziplinarverfahren wegen Rechtsextremismus-Verdachts. Gegen zwei Beamte wurde seither beim Verwaltungsgericht Klage auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erhoben. In vier Fällen wurde das Beamtenverhältnis auf eigenen Wunsch beendet. Die Verdachtsfälle wegen Rechtsextremismus seien seit 2021 rückläufig, heißt es vom Innenministerium.
Auch dem Verdacht auf Verschwörungsideologien mit Bezügen zur sogenannten "Reichsbürgerszene" wird innerhalb der bayerischen Polizei nachgegangen. Hier habe es mit Beginn der Corona-Pandemie einen Anstieg gegeben, so das Innenministerium. Seit 2020 gab es in neun Fällen Disziplinarverfahren gegen Beamte. Drei Ruhestandsbeamten hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof als Konsequenz das Ruhegehalt aberkannt.
Innenminister: Verdachtsfälle werden ernst genommen
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann betonte im Gespräch mit dem BR, man nehme die Extremismus-Verdachtsfälle sehr ernst: "Unsere Polizistinnen und Polizisten in Bayern müssen diese Demokratie, unsere Verfassung, unsre Freiheit verteidigen und deshalb müssen sie uneingeschränkt genau zu dieser Grundordnung stehen."
Grüne fordern Polizeibeauftragten
Der stellvertretende Vorsitzende im Innenausschuss des Landtags, Florian Siekmann (Grüne), sagte BR24, die aktuellen Fallzahlen besorgten ihn zutiefst. Seine Fraktion schlägt einen Polizeibeauftragten für Bayern vor, um verfassungsfeindliche Tendenzen ohne Umwege melden und untersuchen zu können: "Ein eigener Polizeibeauftragter wäre ein Gewinn und ein Garant für die wehrhafte Demokratie im Freistaat. Wir Grüne fordern dies schon seit langem. Die CSU muss ihre unbegründete Blockade gegen einen Polizeibeauftragten für Bayern endlich aufgeben und sich ein Beispiel am Bund nehmen."
Polizeibeauftragter: Verdachtsfälle "erschreckend"
Uli Grötsch, Polizeibeauftragter beim Deutschen Bundestag, hält die bundesweiten Verdachtsfälle für erschreckend. Die Gefahr von Rechtsextremismus für die Gesellschaft und erst recht für die Polizeien sei so groß wie nie zuvor. Das Verschärfen des Disziplinarrechts des Bundes sei ein wichtiges Signal auch für die einzelnen Bundesländer, so Grötsch. "Um es deutlich zu sagen: Extremisten, erst recht Rechtsextremisten, haben im öffentlichen Dienst und bei den Polizeien nichts zu suchen."
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