Ein toter Mann in einer Badewanne – die Spur führt in einen kleinen Ort im niederbayerischen Grenzgebiet. Dort lebt auf einem alten Hof eine Gruppe von Menschen, die sich von der Bundesrepublik losgesagt hat. Die "Freiländer", Teil der sogenannten Reichsbürger. Verschanzt hinter einem hohen Zaun. Ihren Grund und Boden haben sie zum eigenen Staatsgebiet erklärt. Ein fiktives Szenario aus dem Tatort "Freies Land", der heute im Ersten läuft. Doch ist es auch eines, das Realität sein könnte – zumindest, was die Art und Weise betrifft, wie die "Reichsbürger" in der Tatort-Folge leben und handeln?
Statistik: Jeder vierte "Reichsbürger" lebt in Bayern
Im Bundesvergleich kommen relativ viele "" aus Bayern, nämlich jeder vierte der bundesweit bekannten. Ende 2017 waren es 3.850 in Bayern. Rund 350 zählen die Verfassungsschützer zum harten Kern. Bei weiteren rund 1.400 gibt es einen Verdacht, hier sind die Überprüfungen aber noch nicht abgeschlossen.
Laut der bayerischen Polizei sowie dem Verfassungsschutz ist Bayern trotzdem nicht unbedingt eine "Reichsbürger"-. Sie seien in Bayern schlichtweg umfassend erfasst. Andere Bundesländer gingen noch immer von Schätzungen aus, diese fielen meist zu niedrig aus.
Doch wer sind die "Reichsbürger" überhaupt? Harmlose Spinner jedenfalls nicht. Das ist spätestens seit Oktober 2016 klar, als ein sogenannter Reichsbürger im mittelfränkischen Georgensgmünd einen Polizisten erschießt und zwei weitere verletzt. Der Mann – ein Kampfsporttrainer und ehemaliger Vermögensberater – hatte Waffen bei sich, die die Polizei beschlagnahmen wollte.
Die Szene ist nicht homogen
Den "Reichsbürger" an sich gibt es gar nicht. Die Bewegung ist nicht homogen, sondern hat viele Facetten. Die "Reichsbürger" kommen laut dem bayerischen Verfassungsschutz aus allen gesellschaftlichen Schichten. Nur die wenigsten sind organisiert – laut Verfassungsschutz zehn Prozent. Und die, die in Gruppierungen, etwa dem "Bundesstaat Bayern", den "Germaniten" oder dem "Staatenbund Deutsches Reich" auftreten, sind zum Teil untereinander zerstritten.
"Die Bundesrepublik ist illegal"
Einig sind sich alle "Reichsbürger" darin, dass sie die Bundesrepublik nicht als Staat anerkennen. Sie sprechen dem Grundgesetz, Behörden und Gerichten die Legitimität ab, weigern sich, Steuern oder staatliche Abgaben zu zahlen.
Sie glauben daran, dass das Deutsche Reich völkerrechtlich nie aufgehört hat, zu existieren. Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland ist ihrer Sicht ein illegaler Akt gewesen – siehe dazu unser Video oben.
Vereinzelt Rechtsextreme
Manche sogenannte Reichsbürger, die bei Behörden oder Nachbarn auffällig wurden, gehen laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann schnell wieder auf Distanz zur Bewegung, wenn sie Besuch von der Polizei bekommen. Andere sind vehementer und leisten Widerstand gegenüber Polizisten – sie beharren etwa auf ihren "Reichsausweisen" oder fahren weiter ohne Führerschein.
Einige werden dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet: In Bayern 60 von insgesamt 3.850 identifizierten "". Laut Innenministerium verübten Mitglieder der Szene 2017 bayernweit 360 politisch motivierte Straftaten. Es gebe auch bei einzelnen AfD-Funktionären Bezüge zur Reichsbürgerbewegung. Einige Reichsbürger waren und sind Polizisten. Herrmann zufolge wurde 2017 gegen 18 Beamten ein Disziplinarverfahren eingeleitet.
607 Waffen von "Reichsbürgern" beschlagnahmt
Ein Teil der Szene hat sich bewaffnet – legal sowie illegal. Herrmann berichtete im Februar 2018, dass in Bayern bislang (Stand Ende 2017) 269 sogenannten Reichsbürgern das Recht auf Waffenbesitz entzogen worden sei. Dabei wurden bis zu diesem Zeitpunkt 607 Waffen abgegeben. Wie viele Reichsbürger in Bayern derzeit bewaffnet sind, ist laut Innenministerium unklar.
Seit Herbst 2016 wird die Bewegung vom Verfassungsschutz beobachtet. Doch trotz aller Ermittlungen gibt es auch immer noch unerkannte "Reichsbürger" in Bayern. "Jeden Monat werden wir auf neue Leute aufmerksam, die sich als Reichsbürger ausgeben", so Herrmann. Und da ist laut Verfassungsschutz von Querulanten, Verschwörungstheoretikern bis hin zu psychisch Kranken und Menschen mit rechtsextremistischem Weltbild alles dabei.
Tatort "Freies Land": Sonntag, 03.06.2018 um 20.15 Uhr in der ARD