Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen einen Beamten der JVA Kaisheim wegen Bestechlichkeit: Mindestens 22 Mal soll er Handys in die JVA geschmuggelt haben. Weil das mutmaßlich über einen längeren Zeitraum so ging, lautet der Vorwurf auf "Bestechlichkeit in einem besonders schweren Fall". Bis zum Abschluss der Ermittlungen gilt die Unschuldsvermutung. Sollte der Beamte verurteilt werden, droht ihm eine mehrjährige Haftstrafe.
Der Donau-Rieser Landtagsabgeordnete Wolfgang Fackler (CSU), der im Anstaltsbeirat der JVA Kaisheim sitzt, sieht das bayerische Justizministerium in der Pflicht. Das müsse für Recht und Ordnung sorgen. Das Verbot von Handys in Gefängnissen sei unbedingt aufrechtzuerhalten.
Handygebrauch im Gefängnis: Verboten und gefährlich
Der SPD-Rechtsexperte Horst Arnold verweist auf die Gefahr, die vom Gebrauch von unerlaubten Mobiltelefonen in der Haft ausgehen kann: Häftlinge, die noch in Untersuchungshaft säßen, könnten per Handy Absprachen treffen oder andere unter Druck setzen. Geschehe das, wäre das "der Supergau für das Instrument der U-Haft, die ja (...) wegen Verdunklungsgefahr verhängt" werde, so Arnold. Auch während der regulären Haftzeit können mit Handys theoretisch kriminelle Geschäfte außerhalb der Gefängnismauern weitergeführt werden.
Die Grünen-Abgeordnete Eva Lettenbauer fordert, zum Schutz der großen Mehrheit der Beamtinnen und Beamten das regelmäßige Fehlverhalten Einzelner endlich konsequent und strukturell aufzuarbeiten. Justizminister Georg Eisenreich (CSU) müsse sich dieser Probleme annehmen.
Zahlreiche Schutzmaßnahmen können Handyschmuggel offenbar nicht verhindern
Bereits im Oktober 2023 wollte Lettenbauer, die damals im Anstaltsbeirat der JVA Kaisheim saß, in einer Anfrage an den Landtag wissen, was unternommen wird, um zu verhindern, dass verbotene Gegenstände wie Mobiltelefone oder Betäubungsmittel in die JVA gelangen.
Dies zu unterbinden, habe im bayerischen Justizvollzug seit jeher hohe Priorität, hieß es damals in der Antwort des Justizministeriums. In Kaisheim dürften Gefangene beispielsweise Materialien wie Bücher oder Sportartikel nur im Fachhandel bestellen. Neben zahlreichen andern Maßnahmen nutze man Mobilfunkdetektoren, die das Signal eines Handys in einem abgegrenzten Umgebungsbereich erkennen und aufzeichnen könnten.
Dennoch wurden in den Jahren 2023 und 2022 jeweils um die 50 Handys in Kaisheim gefunden, in den fünf Jahren zuvor sogar bis zu 80. Die Dunkelziffer ist sicherlich hoch.
Offenbar zahlreiche Handys in JVA im Umlauf
Der Besitz eines Handys ist in der JVA Kaisheim offenbar keine Seltenheit: So telefonieren nach BR-Informationen Angehörige oder Freunde von Insassen nahezu täglich miteinander, dem BR wurden außerdem aus JVA-Kreisen per WhatsApp verschickte Filme aus der JVA zugespielt.
Seit einer Gesetzesänderung im Jahr 2022 können Gefangene in Bayern häufiger telefonieren und auch Videotelefonie ist zugelassen. Wie oft und wann, obliegt aber ebenfalls der Entscheidung der jeweiligen Anstalt. In der JVA Kaisheim soll es Gefangenen ab dem Frühjahr 2025 möglich sein, genehmigte Telefonate mit Festnetzgeräten auch im Haftraum oder in Einzelsprechzimmern zu führen. Das teilte die Anstaltsleitung mit.
Bundesweit unterschiedliche Regelungen für Telefonieren in Haft
Die Möglichkeiten für Häftlinge zu telefonieren, sind je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Im bayerischen Strafvollzugsgesetz ist zu lesen, Gefangenen könne "nach pflichtgemäßem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der Sicherheit und Ordnung, der räumlichen, personellen und organisatorischen Verhältnisse der Anstalt sowie der Belange des Opferschutzes, gestattet werden, Telefongespräche zu führen". Beispielsweise in Thüringen wird das lockerer gehandhabt: Dort können Gefangene bis zu zehn Telefonnummern angeben. Nach gründlicher Prüfung dieser Nummern dürfen diese von einem Festnetztelefon angerufen werden.
Grüne sehen Ministerpräsident Markus Söder in der Pflicht
Unterdessen wollen die bayerischen Grünen weitere Anfragen im Landtag stellen, um zur Aufklärung der jüngsten Skandale in bayerischen Justizvollzugsanstalten beizutragen. Ob der "Geiselnahmeskandal im Bezirksklinikum Straubing", der "Folterskandal im Gefängnis Augsburg-Gablingen" oder der "Korruptionsskandal im Gefängnis Kaisheim" - hierfür trage Ministerpräsident Markus Söder die politische Verantwortung, so der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Toni Schuberl. Er fordert den Ministerpräsidenten auf, Stellung zu diesen Vorgängen zu nehmen.
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