Allein drei Stunden dauert das Beladen des Schwertransportes, den Fahrer Jörg Erber gerade beaufsichtigt. Der 56-Jährige soll ein riesiges Bohrgerat über 400 Kilometer von Floss nach Wetzlar bringen. Um die Strecke zu schaffen, sind zwei Nächte veranschlagt. In der ersten Nacht heißt es, Kilometer machen, um so weit wie möglich zu kommen. Bis sechs Uhr morgens darf Jörg unterwegs sein. Gleichzeitig muss er voll konzentriert sein, denn bei fast 130 Tonnen Gesamtgewicht kann jeder Fehler fatale Folgen haben.
Autobahnen oft streckenweise für Schwertransporte gesperrt
Angst hat Jörg auf seinen Fahrten nicht, aber vorsichtig ist er immer, sagt er. Was ihn stört, sind die Umwege, die er oft in Kauf nehmen muss, weil bestimmte Streckenabschnitte auf der Autobahn für Schwertransporte gesperrt sind. "Die Strecken, die wir stellenweise vorgegeben kriegen, sind nicht ohne", sagt Jörg im Interview mit Kontrovers – Die Story. Statt auf der A3 zu bleiben, muss er auch diesmal einen Umweg über eine Bundesstraße fahren, weil er einen bestimmten Autobahnabschnitt nicht befahren darf.
"Das Schlimme ist die Zeit. Du fährst drei Stunden und hast im Extremfall nur 20 Kilometer geschafft aufgrund der Rangiererei, aufgrund der Ortschaften, durch die du durchmusst. Man weiß genau, die Tour dauert maximal sechs Stunden und dann brauchst du neun bis zehn Stunden." Jörg Erber, Schwertransportfahrer
Extremer Job bei Tag und Nacht
Wann Schwertransporte wie dieser über die Autobahn dürfen und wann nicht, darüber entscheidet die Autobahn GmbH des Bundes. Sie muss zustimmen und das tut sie nicht immer. Als Grund dafür gibt die Behörde unter anderem den Zustand der Brücken an. Mehr als jede zehnte Brücke gilt als dringend modernisierungsbedürftig.
Über diese Brücken sollen Schwertransporte nicht fahren. Die Fahrer müssen daher oft lange und herausfordernde Umwege in Kauf nehmen. Eine Belastung für die Fahrer und auch für die Umwelt: Jörg braucht beladen auf 100 Kilometer etwa 130 Liter Sprit.
Genehmigungen für Schwertransporte schwer zu bekommen
Julian Vogl ist bei einem Aschaffenburger Logistikunternehmen für die Organisation von Schwertransporten zuständig. Oft eine deprimierende Arbeit, wie er sagt. "Es ist keine Ausnahme, dass man sechs bis sieben Wochen auf eine Transportgenehmigung wartet." Wenn er Genehmigungen bekommt, dann meist mit strengen Auflagen.
Manchmal werde aber einfach auch keine Genehmigung erteilt. Er glaubt, für die Schwertransport-Branche könnte diese Genehmigungspolitik bald zu einem existenziellen Problem werden. "Wir haben ja nichts Kriminelles vor. Wir wollen eine Baumaschine in einen Windpark fahren, damit unser Land die Energiewende schafft."
Riesige Herausforderung: Rotorblatt durch Wohngebiet manövrieren
Eine Baumaschine oder zum Beispiel auch Rotorblätter für Windräder. Der 44-jährige Sven Wolter hat zwar nur eine kurze Strecke von drei Kilometern zu bewältigen, aber die hat es in sich. Er muss ein 72 Meter langes Rotorblatt über Serpentinen und durch ein ganzes Dorf manövrieren. Damit das überhaupt möglich ist, muss das Rotorblatt im 40-Grad-Winkel nach oben stehen, um durch die engen Kurven und das Wohngebiet zu passen. Es geht um wenige Zentimeter, doch einen anderen Weg zum Windpark gibt es nicht. "Im Kopf ist man die ganze Zeit angespannt halt", erzählt Sven Wolter, den Blick immer auf den Lkw gerichtet, den er jetzt gemeinsam mit seinem Kollegen durch die Häuser manövrieren muss.
"Wenn man hier rechts guckt, da sind wir schon dicht an den Dächern dran. Man will ja keine Menschen gefährden. Wenn man jetzt umkippen würde, da stehen Häuser, ne! Da könnte immer jemand drin sein." Sven Wolter, Schwertransportfahrer
Dann ist es geschafft. Sven ist erleichtert. Es ist sein Alltag, er fährt seit 20 Jahren Schwertransporte. Wirkliche Routine gibt es trotzdem nicht, denn jede Strecke ist anders. Pünktlich liefert er das zweite von drei Rotorblättern im Windpark ab. Das dritte steht für den nächsten Tag auf dem Plan. Erst dann und dank seiner Arbeit kann jetzt ein neues Windrad entstehen.
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