Eine Frau wartet mit einem Koffer am Bahnsteig
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Die Bundespolizei registriert in Bayern immer mehr Fälle sexualisierter Übergriffe auf Bahnanlagen und in Zügen.

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Sexualdelikte im Umfeld der Bahn in Bayern stark gestiegen

Sexualdelikte im Umfeld der Bahn in Bayern stark gestiegen

Ob Vergewaltigung oder sexuelle Belästigung: Die Bundespolizei registriert in Bayern immer mehr Fälle sexualisierter Übergriffe auf Bahnanlagen und in Zügen. Von 2019 bis 2023 stiegen sie um 46 Prozent an.

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224 Sexualdelikte, also - statistisch betrachtet - einer pro Werktag: So viele Fälle hat die Bundespolizei in den ersten neun Monaten von 2024 allein in Bayern in Zügen und auf Bahnanlagen registriert. Zahlen für das 4. Quartal 2024 liegen noch nicht vor.

Im gesamten Jahr 2019 waren es noch 168 gewesen, 2023 bereits 246 – ein Anstieg um 46 Prozent.

2022 lag die Anzahl der Delikte laut Bundespolizei bei 229. Von 2020 bis 2021 waren die Fälle kurzzeitig von 186 auf 169 gesunken.

Die Statistik bildet ab, wie viele Übergriffe der Bundespolizei gemeldet werden. Nicht alle Fälle werden angezeigt, die Dunkelziffer dürfte also von den obigen Zahlen abweichen. Zum anderen kann sich ein bei der Bundespolizei registrierter Sexualdelikt auch als unbegründeter Verdacht herausstellen.

Sexualdelikte an Bayerns Hauptbahnhöfen zwischen 2019 und 2023

Eine Statistik großer Hauptbahnhöfe in Bayern zeigt, wie viele Delikte auf einzelne Bahnanlagen entfallen. Während die Fälle in Augsburg laut Bundespolizei von vier im Jahr 2019 auf drei im Jahr 2023 sanken, gab es in Nürnberg, München und Regensburg einen Anstieg.

So verzeichnete Nürnberg 2019 noch 20 Delikte, 2022 waren 40 und im Jahr 2023 registrierte die Bundespolizei 33 Delikte.

Am Hauptbahnhof in München kam es laut Bundespolizei im Jahr 2019 zu 15 Delikten, 2023 waren es knapp doppelt so viele. In Regensburg verzeichnet die Bundespolizei einen sprunghaften Anstieg: von einem Delikt in 2019 auf elf Delikte im Jahr 2023.

Während der Jahre 2020 und 2021 sank die Zahlen der Fälle an den Bahnhöfen teils leicht. Wie ein Sprecher der Bundespolizei erklärt, unterscheiden sich die einzelnen Anlagen stark voneinander. Das betreffe zum einen die Lage, die Anzahl der Reisenden, die Art der Verbindungen und auch Besonderheiten wie beispielsweise eine Diskothek im Bahnhof Nürnberg oder die Umbaumaßnahmen im Bahnhof München.

Vergewaltigung in Hallbergmoos bei München

Immer wieder werden Fälle sexualisierter Übergriffe in Bayern bekannt. Im Herbst des vorigen Jahres etwa wurde in Hallbergmoos bei München eine 19-jährige Frau Opfer einer Vergewaltigung. Laut Polizei soll ein 25-Jähriger die Frau angegriffen haben, nachdem sie aus der S-Bahn ausgestiegen war. Erst nach dreieinhalb Stunden hörten Passanten ihre Hilferufe, alarmierten die Polizei und verfolgten den flüchtenden Täter, der kurz darauf in der Nähe des Tatorts festgenommen wurde.

Nachdem 2024 über angebliche Vergewaltigungen am Bahnhof in Regensburg berichtet worden war, räumte eine Frau schließlich ein, zweimal bei der Polizei vorgetäuscht zu haben, vergewaltigt worden zu sein. Laut Polizei konnten beide Taten "durch umfangreiche Ermittlungen widerlegt werden". Die Vorfälle hätten so nie stattgefunden.

In Berlin hatten steigende Fälle von Sexualdelikten im vorigen Jahr eine Debatte um die Sicherheit in Zügen und Bahnhöfen ausgelöst. Die Berliner Grünen hatten spezielle Frauenabteile in den U-Bahnen Berlins ins Spiel gebracht - nach dem Vorbild der japanischen Hauptstadt Tokio.

Mehr Körperverletzungen in Bahnhöfen in Deutschland

Statistiken zufolge steigt nicht nur die Anzahl von Sexualdelikten in Zügen und Bahnanlagen, sondern auch von anderen Straftaten. Die Fälle von Körperverletzung an Bahnhöfen sei in Deutschland von Januar bis Ende Oktober auf rund 10.600 gestiegen, teilte die Bundespolizei in Potsdam mit. Für das Gesamtjahr 2023 wurden 10.115 Fälle der Polizei bekannt.

In Zügen auf freier Strecke seien bis Ende Oktober vergangenen Jahres 2.661 solcher Übergriffe gemeldet worden. Das waren den Angaben zufolge in etwa so viele wie im gesamten Vorjahr. Mit 1.418 entfielen 2024 die meisten Vorfälle auf den Regionalverkehr, wenige auf Hochgeschwindigkeitszüge (171).

Deutsche Bahn: "Sinkende Hemmschwelle für Gewalt"

Eine Sprecherin der Deutschen Bahn (DB) sagte dazu: "Wir beobachten ebenso wie die Behörden eine kontinuierlich sinkende Hemmschwelle für Gewalt." Täglich frequentierten rund 20 Millionen Reisende und Besucher die 5.700 Bahnhöfe. Deutschlandweit seien rund um die Uhr knapp 6.000 Beamte der Bundespolizei und rund 4.500 Sicherheitskräfte für die DB im Einsatz.

Die Deutsche Bahn hat bis Ende 2024 die Zahl der Videokameras in Bahnhöfen auf insgesamt 11.000 ausgebaut. Zudem habe das Unternehmen die Zahl der Videokameras in seinen Regional- und S-Bahnzügen auf über 50.000 deutlich erhöht – mehr als 80 Prozent aller Nahverkehrszüge verfügten damit über Videotechnik, sagte die Sprecherin weiter.

Mit Informationen von dpa.

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