Kinder klettern auf einem Spielgerät in einer Kita
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Kita-Personal kritisiert verpflichtende Sprachtests für Kinder

Kita-Personal kritisiert verpflichtende Sprachtests für Kinder

Die Einführung verpflichtender Sprachtests in Bayern sorgt für Diskussionen. Kita-Fachkräfte kritisieren die Maßnahme als unnötige Belastung für Kinder und Erzieherinnen - und fordern mehr Personal.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Ab Februar soll es in Bayern verpflichtende Sprachtests für Kindergartenkinder geben, anderthalb Jahre vor ihrer Einschulung. Dazu wurde erst vor wenigen Wochen ein Gesetz im Landtag verabschiedet. Es gehört zu einem Programm, das frühzeitig deutlich machen will, wenn Kinder besonders gefördert werden sollten. Aber: Kita-Fachkräfte und Sprachberaterinnen schlagen Alarm. Sie halten die Tests nicht nur für überflüssig. Sie seien auch eine zusätzliche Belastung für ein ohnehin überlastetes System.

"Die Sprachtests klingen für die Öffentlichkeit gut. Aber der Sprachstand der Kinder wird längst erfasst", erklärt Kathrin Bauer. Die Pädagogin aus Augsburg ist Fachberaterin im Bundesprogramm "Sprach-Kitas".

Verfahren wie Seldak und Sismik würden seit über einem Jahrzehnt erfolgreich in bayerischen Kitas angewandt, so Bauer. Diese Beobachtungsverfahren ermöglichen eine enge Begleitung der Kinder durch Fachkräfte. Die können die Entwicklung von Sprache und Sozial-Entwicklung über Monate beobachten.

Mehrarbeit durch Organisation der Fördermaßnahmen

Ein zentraler Kritikpunkt der Fachkräfte ist die Mehrarbeit, die mit den Sprachtests verbunden ist. Die Kitas sind dafür verantwortlich, die Tests zu koordinieren, Eltern zu informieren und Kinder in Fördermaßnahmen einzuteilen. Anita Loider, Sprachfachkraft der Augsburger Elterninitiative "Kindernest", sieht die zusätzliche Belastung kritisch: "Diese Aufgaben sollen mit den bestehenden Ressourcen bewältigt werden, obwohl wir längst an der Belastungsgrenze arbeiten."

Die Tests selbst sollen von Lehrkräften an Schulen durchgeführt werden, was laut Bauer die Kinder aus ihrem vertrauten Kita-Umfeld reißt. Sie befürchtet, dass dies bei vielen Kindern Stress auslöst und die Ergebnisse verfälschen könnte: "In ungewohnter Umgebung kann es bei Tests durch Fremde zu Verweigerungshaltungen kommen. Diese emotionalen Reaktionen könnten falsch interpretiert werden und dazu führen, dass Kinder in Fördermaßnahmen eingestuft werden, die sie eigentlich nicht brauchen." Damit sei niemandem geholfen, erklärt Loider.

Kita-Personal sieht Gefahr für bewährte Strukturen

Ein weiterer Streitpunkt ist die Finanzierung für Sprachfachkräfte. Unklar ist, was die Zukunft bringt, so Loider. "Das gefährdet funktionierende Strukturen", warnt Loider. Die bayerische Staatsregierung begründet die Sprachtests mit dem Ziel, Kinder mit Förderbedarf frühzeitig zu unterstützen. Sie sollen verpflichtend an sogenannten "Vorkursen Deutsch" teilnehmen, um ihre Sprachkenntnisse bis zur Einschulung zu verbessern.

Doch für Fachberaterin Bauer sind andere Ansätze effektiver: "Kinder lernen sprechen, indem man mit ihnen spricht. Was wir brauchen, ist mehr Zeit, mehr Personal und bessere Bedingungen in den Kitas, keine zusätzlichen Tests." So könne gezielt auf die Bedürfnisse der Kinder eingegangen werden.

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