Die Proteste gegen das geplante ICE-Werk in der Metropolregion Nürnberg gehen in eine neue Runde. Nachdem die Deutsche Bahn Anfang September ihre neun möglichen Standorte auf drei zusammengestrichen hat, hören die Bürgerproteste in den davon betroffenen Gemeinden nicht auf. Deshalb hatte die Marktgemeinde Wendelstein (Lkr. Roth) die Bahn zu einem ersten Bürgerdialog in Präsenz geladen.
Wendelsteiner befürchten Verlust von Lebensqualität
Die Marktgemeinde Wendelstein ist eine beliebte Schlafstätte südöstlich im Speckgürtel von Nürnberg gelegen. Die gut 16.000 Einwohnerinnen und Einwohner schätzen vor allem den schützenden Bannwald, der sie umgibt. Noch umgibt, muss es wohl heißen, denn möglicherweise muss ein Teil des Waldes für das geplante ICE-Ausbesserungswerk weichen. Drei mögliche Standorten sind noch in der Planung. Vor allem die beiden Standorte auf dem ehemaligen Muna-Gelände und einem Waldstück südlich davon verärgert viele, denn sie befürchten dadurch einen Verlust ihrer bisherigen Lebensqualität.
Bürger haben Zweifel an Vertrauenswürdigkeit der Bahn
Etwa 300 Interessierte konnten beim Bürgerdialog in Wendelstein mit 3G drinnen in der Schwarzachhalle ohne Masken dabei sein. Wegen des großen Zulaufs wurde die Veranstaltung aber auch mit großem technischem Aufwand nach draußen auf den Vorplatz übertragen. Erstmals konnten viele Wendelsteiner ihre Fragen an die Bahn persönlich stellen. Oft mit sehr viel Sachkenntnis, aber auch sehr emotional. Sie sei sich nicht sicher, ob sie der Bahn vertrauen könne, sagte etwa eine Bürgerin. Bei anderen Projekten, etwa in Köln, sei das nicht passiert. Dort sind nach dem Bau eines ICE-Ausbesserungswerks mehrere Klagen anhängig, unter anderem wegen mangelndem Lärmschutz.
Nach vier Stunden Bürgerdialog zum ICE-Werk abgebrochen
Immer wieder wurde dem Projektbeauftragen der Bahn, Carsten Burmeister, mangelnde Ehrlichkeit vorgeworfen. Auf die Argumente der Bürger versuchte er, sachlich einzugehen. Doch auch nach vier Stunden intensiver Diskussion konnte die Bahn die Ängste der Wendelsteiner nicht wirklich entkräften. Allerdings erklärten die Bahnvertreter, dass sie über kritische Punkte noch einmal nachdenken wollen, etwa über den massiven Eingriff in den Bannwald und die befürchtete Lärmbelästigung durch das Werk. Die ICE-Züge sollen darin vor allem nachts gewartet werden. Dabei müssen auch ihre Hupen getestet werden. Das ist Vorschrift und hat sich zu einem Zankapfel entwickelt.
Weitere Proteste gegen ICE-Werk geplant
Für Wendelsteins ersten Bürgermeister Werner Langhans (CSU) hat der erste Präsenzbürgerdialog sein Ziel erreicht, denn vieles an angestautem Ärger musste seiner Meinung nach einfach mal raus. Viele, wie Barbara Dorfner von der örtlichen Bürgerinitiativez, befürchten allerdings, dass sie die Ansiedlung des ICE-Werks in ihrer Nachbarschaft nicht mehr verhindern können. Deshalb stellen sie sich nun auf einen heftigeren Kampf ein.
An diesem Wochenende wollen die Bürgerinitiativen ihre Protestaktionen fortsetzen. Sowohl in Feucht (Lkr. Nürnberger Land) als auch in Harrlach (Lkr. Roth) sollen Demonstrationen stattfinden.
Bahn will bald Raumordnungsverfahren starten
Die Deutsche Bahn will ihre Untersuchungsergebnisse zu den drei möglichen Standorten im Landkreis Roth Ende November bei der Regierung von Mittefranken einreichen und damit das zwingend vorgeschriebene Raumordnungsverfahren starten. Geht alles nach Plan, sollen dessen Ergebnisse im Sommer 2022 vorliegen.
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