Zehn Kilometer lang zieht sich die Großbaustelle auf der A9 nördlich von Ingolstadt. Am vergangenen Mittwoch gab es dort einen Unfall – wieder einmal. Ein Lastwagen ist durch die Mittelschutzplanke gebrochen; verletzt wurde niemand, die Autobahn war jedoch rund zweieinhalb Stunden in beide Richtungen voll gesperrt. Und eine Vollsperrung auf der A9 heißt meist: Verkehrschaos auf allen umliegenden Straßen.
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Es war nicht der erste Unfall an dieser Baustelle – insgesamt 93 hat es dort zwischen Anfang Oktober 2024 und Anfang Januar 2025 gegeben, also innerhalb von drei Monaten. Das zeigt eine Auswertung der Verkehrspolizei Ingolstadt, die dem BR vorliegt. Demnach hat es allein in den Monaten Oktober und November 2024 etwa doppelt so viele Unfälle in dem Autobahnabschnitt gegeben wie im gesamten Vorjahr, als es dort keine Baustelle gab. Die Polizei regt deshalb Veränderungen an.
Polizei beantragt geringere Höchstgeschwindigkeit
Die Zahlen der Polizei bestätigen auch die Einschätzung der Integrierten Leitstelle Ingolstadt. Dem BR schreibt Dominik Birnstein, stellvertretender Leiter der Leitstelle: "Die Anzahl und Regelmäßigkeit der Unfälle erscheint uns höher als bei anderen Autobahnbaustellen und deutlich höher, als wir in diesem Bereich vor Beginn der Bauarbeiten zu verzeichnen hatten." Bei der Fahrbahnerneuerung auf der A9 bei Schweitenkirchen südlich von Ingolstadt vor einigen Jahren habe man im Vergleich weniger Einsätze gehabt.
Aufgrund der "Erfahrungen seit Einrichtung der Baustelle" hat die Polizei bei der zuständigen Autobahngesellschaft beantragt, die Höchstgeschwindigkeit im Bereich der Baustelle von 80 auf 60 Kilometer pro Stunde zu verringern. Aus Sicht der Polizei mache eine geringere Geschwindigkeit es "insbesondere in der beengten Baustelle einfacher, die Fahrstreifen einzuhalten", außerdem sei der Bremsweg kürzer.
Autobahn Südbayern prüft Maßnahmen
Die zuständige Autobahngesellschaft schreibt auf BR-Anfrage, sie prüfe aktuell eine geringere Höchstgeschwindigkeit sowie weitere Hinweisschilder. Zum Zeithorizont der Prüfung könne man keine Angaben machen, so die staatliche Autobahn Südbayern.
Die Autobahngesellschaft betont auf BR-Anfrage, die Baustellenführung sei "gemäß den gesetzlichen Vorgaben eingerichtet", was auch die Polizei Ingolstadt dem BR bestätigt.
Da auf rund zehn Kilometern die gesamte Fahrbahn erneuert wird, aber gleichzeitig weiter Autos fahren sollen, wurden die Spuren reduziert, schmaler gemacht und auf eine Fahrbahnseite verlegt; man nennt das eine sogenannte Behelfsverkehrsführung. Wie breit die Spuren genau sind, beantwortete die Autobahn Südbayern auf BR-Nachfrage nicht, verwies nur auf die gesetzlichen Bestimmungen und die "aktuellen Standards".
Nadelöhr: Einsätze nach Unfällen führen zu Sperrungen und Staus
Normalerweise hat die A9 in diesem Abschnitt drei Spuren in jede Richtung sowie einen Standstreifen. Derzeit gibt es insgesamt fünf Spuren, drei in Fahrtrichtung Nürnberg und zwei in Richtung München. Insbesondere in Fahrtrichtung München gibt es viele Unfälle, wie die Zahlen der Verkehrspolizei Ingolstadt zeigen.
"Im zweispurigen Bereich ist die Bildung einer Rettungsgasse unmöglich", so ein Sprecher der Polizei. Das bedeute, dass bei jedem Unfall in Fahrtrichtung München zeitgleich mindestens ein Fahrstreifen in Fahrtrichtung Nürnberg für die Einsatzkräfte gesperrt werden muss. Sehr häufig sei die Sperrung von zwei Fahrstreifen notwendig. "Damit haben wir zumindest tagsüber immer in beiden Fahrtrichtungen Verkehrschaos." Das gelte auch für vergleichsweise harmlose Unfälle.
Bauarbeiten dauern noch bis Ende 2026 an
Die aus den Baustellen-Unfällen resultierenden Rückstaus sind ein Risikofaktor für weitere Unfälle. Unfälle im Rückstau, die sich außerhalb des Bereichs der Baustelle befinden, sind in der Statistik der Verkehrspolizei nicht enthalten.
Die A9 gilt als wichtigste Nord-Süd-Achse für den Autoverkehr in Bayern, entsprechend hoch ist das Verkehrsaufkommen. Die Bauarbeiten auf der A9 bei Ingolstadt sollen nach Angaben der Autobahngesellschaft noch bis Ende 2026 dauern.
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