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So könnten sich wieder mehr Menschen eine Immobilie leisten

So könnten sich wieder mehr Menschen eine Immobilie leisten

Die Deutschen träumen noch immer von der eigenen Immobilie, aber immer weniger können sich eine leisten. Bayern schneidet im bundesweiten Vergleich etwas besser ab. Was die Politik dringend anpacken sollte, zeigt eine Studie des Pestel-Instituts.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

In Deutschland wohnen immer weniger Menschen in den eigenen vier Wänden. Die Eigentumsquote ist mit weniger als 44 Prozent auf den tiefsten Stand seit 15 Jahren gefallen. In einer Studie des Pestel-Instituts, die anlässlich der Messe BAU in München vorgestellt wurde, fordern die Experten die künftige Bundesregierung zu entschlossenem Handel auf.

Die Bundesrepublik, immerhin die größte Wirtschaftsnation Europas, schneidet im europäischen Vergleich schlecht ab. Kleinere osteuropäische Länder wie Kroatien und Ungarn haben eine Eigentumsquote von 90 Prozent. Deutschland belegt im Ranking mit 44 Prozent den vorletzten Platz - hinter Frankreich, aber vor der Schweiz.

Bayern: Großes Stadt-Land-Gefälle

Bayern liegt mit einer Eigentumsquote von 48,4 Prozent über dem bundesweiten Schnitt, aber auch im Freistaat können sich immer weniger Menschen eine Immobilie leisten. Auffällig, aber keinesfalls überraschend, ist das enorme Gefälle zwischen den großen Städten und ihrem Umland. München hat lediglich eine Quote von 23,3 Prozent, Nürnberg von 27 Prozent. In den Umlandgemeinden sind sie deutlich höher.

Hier spiegelt sich der Langzeittrend wider, dass vor allem Familien aus Kostengründen ins günstigere Umland ziehen bzw. gezogen sind. Das gilt nicht nur für die großen Metropolen. Im oberfränkischen Bamberg wohnt nur jeder Vierte im Eigenheim. Im Landkreis sind es dagegen zwei von drei Bürgern.

Enorme Unterschiede zwischen Alt und Jung

Ins Auge stechen auch die großen Unterschiede zwischen Alt und Jung. Bei jüngeren Menschen unter 45 Jahren wohnt nur jeder Vierte im eigenen Heim. Bei Menschen ab 45 Jahren aufwärts ist es jeder Zweite. In der Altersgruppe von 45 bis 65 gibt es derzeit die meisten Erben und diejenigen, die eine Immobilie geschenkt bekommen, schreibt das Pestel-Institut.

Tendenziell werde es auch schwieriger, aus eigener Kraft Eigentum zu bilden. Die hohen Immobilienpreise verhinderten das Ansparen des dringend benötigten Eigenkapitals. Doch je weiter das Projekt "Eigenheim" verschoben werde, desto größer die Wahrscheinlichkeit, dass eines Tages komplett darauf verzichtet werde. Diese Gruppe könne eigentlich nur durch Erben oder Schenken den Wechsel vom Mieter zum Eigentümer schaffen.

Wenig überraschend ist in diesem Zusammenhang auch die Feststellung, dass nur ein höheres Einkommen Eigentum möglich macht. Bei Gehältern über 4.000 Euro netto klettert die Quote sprunghaft auf fast 63 Prozent.

Institut: Bundesregierung muss dringend handeln

Das Pestel-Institut fordert die künftige Bundesregierung nachdrücklich auf, zu handeln. Durch eine "Offensive Wohneigentum" müsse Deutschland vom Mieter- zum Eigentümerland werden, sonst drohe im Alter die "Miete zur K.o.-Miete" zu werden. "Steigende Mieten drängen immer mehr Menschen in die Altersarmut", warnt der Leiter des Pestel-Instituts, Matthias Günther. "Wenn gerade Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen in den Ruhestand gehen, sind ganz viele von denen ausschließlich auf die gesetzliche Rente angewiesen. Diese Menschen konnten eben nicht privat vorsorgen. Und die Rentenzahlung heißt dann eben, das Einkommen halbiert sich, während die Miete gleichbleibt", sagte Günther bei BR24.

Es müssten daher mehr Sozialwohnungen und mehr bezahlbare Mietwohnungen gebaut werden.

Pestel-Institut: Vier Lösungsvorschläge

  • Sicherheit und Verlässlichkeit: Die Wohnungspolitik muss für mindestens 20 Jahre verlässlich sein. Wer eine Immobilie als wichtigste Anschaffung im Leben kauft, sich verschuldet und über Jahrzehnte finanziert, kann nicht nach zehn oder 15 Jahren eine neue große Investition tätigen.
  • Effektive Förderung: Die Bundesregierung muss wieder wie früher den Immobilienerwerb wirksam fördern. So wie er das seit den 50er bis in die 80er Jahre hinein gemacht hat. "Der soziale Wohnungsbau war damals zu rund 40 Prozent Wohneigentumsförderung", gibt das Pestel-Institut die Richtung vor.
  • Starthilfe des Staates: Als Starthilfe schlägt das Institut ein staatliches Darlehen mit einem dauerhaft niedrigen Zinssatz von zum Beispiel zwei Prozent vor – als Ersatz für fehlendes Eigenkapital.
  • Verzicht auf Grunderwerbssteuer: Viele Menschen können die hohen Kosten beim Kauf einer Immobilie nicht stemmen. Diese dürfen auch nicht über die Bank finanziert werden. Deshalb soll der Staat bei eigengenutzten Immobilien auf die Grunderwerbssteuer komplett verzichten. Diese ist in Bayern mit 3,5 Prozent relativ niedrig. In Ländern wie Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Brandenburg und Saarland mit 6,5 Prozent sehr hoch.

Im Video: Matthias Günther, Leiter Pestel Institut, zu Wohneigentum in Deutschland

Matthias Günther, Leiter Pestel Institut, zu Wohneigentum in Deutschland
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Wohneigentum: Was läuft falsch in Deutschland?

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