Seit Februar 2017 gibt es das Bundesprogramm "Starthilfe Plus", das Asylbewerbern finanzielle Anreize bieten soll für die Rückkehr in ihre Heimatländer. Unter bestimmten Voraussetzungen werden – aufgeteilt in zwei Raten – pro Erwachsenem 1.200 Euro bewilligt, sofern der Antragsteller sich noch im Asylverfahren befindet. Liegt bereits ein negativer Asylbescheid vor, werden 800 Euro gezahlt, ebenfalls in zwei Raten. Rund 10.000 Personen sind nach einer solchen Förderung durch die "Starthilfe Plus“ im vergangenen Jahr laut Bundesinnenministerium in ihre Heimatländer zurückgekehrt.
Voraussetzung: Verzicht auf juristische Schritte
Die Antragsteller müssen sich jedoch verpflichten, nicht gegen den negativen Asylbescheid zu klagen. Und: Wer nach Auszahlung der Förderung nach Deutschland zurückkehrt muss das bewilligte Geld zurückzahlen.
Anfang Dezember hat Bundesinnenminister Thomas de Maizière ein Zusatzprogramm "Wohnen“ initiiert, mit dem Titel "Dein Land, Deine Zukunft. Jetzt!". Damit konnten jene, die freiwillig in ihre Heimat zurückkehren, drei Monate lang eine weitere Unterstützung beantragen. De Maizière warb in einem Zeitungsinterview:
"Wenn Sie sich bis Ende Februar für eine freiwillige Rückkehr entscheiden, können Sie neben einer Starthilfe erstmals eine Wohnkostenhilfe für die ersten zwölf Monate in Ihrem Herkunftsland erhalten." Bundesinnenminister Thomas de Maizière
Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, machte deutlich, "dass aus unserer Sicht das Thema `Dach über dem Kopf´ ein sehr wichtiger Bestandteil ist für die Reintegration der Betroffenen vor Ort in ihrem Herkunftsland, um den Menschen, insbesondere auch Familien, eine Perspektive zu geben.“
Familien können ein Jahr nach ihrer Rückkehr ins Heimatland bis zu 3.000 Euro in Sachleistungen bekommen, Einzelpersonen bis zu 1.000 Euro. Organisiert wird das von der Internationalen Organisation für Migration, IOM.
Zuschüsse für Miete, Instandsetzung oder Grundausstattung
Sabine Lehmann von der IOM Deutschland begrüßt das Zusatzprogramm "Wohnen“. Es gebe den Migrantinnen und Migranten die Möglichkeit, direkt nach der Rückkehr wesentliche Dinge finanzieren zu können, wie Mieten, oder Renovierungsarbeiten. Die Leistung bekommen jene, die in ihre Heimat zurückgekehrt sind, zusätzlich zu der Summe, die ihnen im Rahmen der "Starthilfe Plus" ausgezahlt wird.
Rund 1.260 Personen wurde das nun auslaufende Zusatzprogramm "Wohnen" in den vergangenen drei Monaten bewilligt; sie bekamen insgesamt rund 1,16 Millionen Euro. Wie viele Anträge insgesamt gestellt wurden, ist unklar; statistisch wurde das nicht erfasst.
Bewertung der Maßnahme steht noch aus
Sind durch die Zusatzförderung nun mehr Asylbewerber freiwillig in ihre Heimat zurückgekehrt? Eine abschließende Bilanz kann die Bundesregierung noch nicht ziehen. Der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, sagt, man werde sich nun genau angucken, "ob und inwieweit man beispielsweise messen kann, dass es eine zusätzliche Motivation ausgelöst hat bei den Betroffenen.“ Das sei nicht so einfach, meint er.
Kritik an der Rückkehrförderung: "Hau ab-Prämie“
Nicht alle sehen die Rückkehrförderung positiv. Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Burkhard Lischka, meint, Geldzahlungen seien nur selten ein Anreiz, um das Land bei fehlender Asylperspektive zu verlassen. Vielmehr solle das Geld in flächendeckende Rückkehrberatungen investiert werden.
Und Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, übt scharfe Kritik vor allem an den Bedingungen, die der Antragsteller bei der Rückkehrförderung "Starthilfe Plus" akzeptieren muss.
"Ich finde das ganz schlimm, dass man versucht, ihnen ihren Schutz abzukaufen; ihnen Angst zu machen, dass sie sowieso hier einen unbegründeten Asylantrag stellen. Und vor diesem Hintergrund sage ich: Solche Programme brauchen wir nicht!" Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Linken
Geförderte Rückkehr auch in Krisengebiete
Jelpke spricht von einer "Hau-Ab-Prämie“; auch die Diakonie und Pro Asyl tun das. Pro Asyl kritisiert, dass die Bundesregierung nicht nur die Rückkehr in Länder mit geringer Schutzquote fördere, sondern auch in Kriegs- und Krisengebiete wie Syrien, Afghanistan, Irak, Eritrea und Somalia. Die Vorgehensweise sei ein "unmoralisches Angebot“ und eine „fiese Strategie“, um Menschen daran zu hindern, von ihrem Recht Gebrauch zu machen, so Pro Asyl.
Sabine Lehmann von der IOM Deutschland betont dagegen, der Anteil derer, die sich noch aus dem Asylverfahren heraus für die Rückkehr ins Heimatland entscheiden, sei gering. Die Entscheidung zur Rückkehr habe sehr individuelle Gründe.
"Das heißt: Neben dem Aufenthaltsstatus entscheiden sich Menschen oft aus familiären, sehr persönlichen Gründen, oder auch deswegen, weil sich die Situation im Herkunftsland verändert hat, für eine freiwillige Rückkehr." Sabine Lehmann, IOM Deutschland
Und der Sprecher des Bundesinnenministeriums, Johannes Dimroth, betont: Der Anreiz, den die Bundesregierung gebe, ändere ja nichts an der "Freiwilligkeit der Grundentscheidung“ der Betroffenen.