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Treffen von Jugendlichen auf KZ-Gelände

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100 Jahre "jüdische Caritas"

100 Jahre "jüdische Caritas"

Sie ist eine Art "jüdische Caritas": die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, kurz ZWST. In diesem Sommer feiert sie ihren 100. Geburtstag. Was macht die Stelle eigentlich?

Gegründet in den Wirren Ende des 1. Weltkriegs waren die Schwerpunkte der "jüdischen Caritas" die Unterstützung für Migranten und die Betreuung der Holocaust-Überlebenden nach 1945. Heute stehen bei der ZWST vor allem die Altersarmut der jüdischen Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion und die Jugendarbeit im Mittelpunkt - so wie im Münchener Jugendzentrum Neshama. Die meisten der jüdischen Jugendlichen haben russische Wurzeln – so wie die 19-jährige Anna. Sie hat wie viele der jungen Leute erst relativ spät den Weg in die Gemeinde gefunden.


"Meine Eltern waren noch nie in einer Synagoge. Ich bin komplett unreligiös aufgewachsen, und ich wusste überhaupt nicht, dass es so was gibt." Anna, 19 Jahre


Sie sei total überrascht gewesen, als sie zum ersten Mal in der Jugendgruppe war.

"Das war so, als hätte man was gefunden, wo man sich zugehörig fühlt." Anna

Solche Angebote für Jugendliche zu begleiten, gehört zu den Aufgaben der ZWST. Laura Cazes leitet dort viele Seminare und Fortbildungen mit jüdischen Jugendlichen. Ihr ist es wichtig, den Fokus nicht auf die Probleme zu richten:

"Wenn wir hier sind, sprechen wir nicht vor allem über Antisemitismus oder die Bewältigung der Shoa (..) prinzipiell geht es darum, mal sich darüber zu freuen, eine diverse Identität zu haben und etwas zu haben, was anders ist, etwas ganz Bereicherndes ist, und ich denke, dass das etwas ist, was die Jugendarbeit sehr mitprägt und viele auch wahnsinnig hinzieht." Laura Cazes, ZWST


Akademiker ohne Job


Neben der Jugendarbeit gehört die Betreuung der Kontingentflüchtlinge aus der ehemaligen Sowjetunion zu den Schwerpunkten der ZWST. Mehr als zwei Drittel der Mitglieder der jüdischen Gemeinden sind jenseits der 50. Viele der älteren sind auf eine staatliche Grundsicherung angewiesen. Viele von ihnen sind Akademiker, die in Deutschland - wenn überhaupt – einen Job als Hausmeister oder in der Poststelle gefunden haben. Julia Gulag, Leiterin der Sozialabteilung in der Hamburger Gemeinde bedauert das.


"Ich staune immer wieder, wie viele hochgebildete und kluge Menschen hier herkamen und eigentlich wurde nie Gebrauch gemacht. Diese erste Generation, das ist sehr schade, dass viele hier verloren gegangen sind." Julia Gulag, Leiterin der Sozialabteilung in der Hamburger Gemeinde, über die jüdischen Kontingentflüchtlinge


Dass die jüdischen Kontingentflüchtlinge trotz vieler sozialer Probleme als gut integriert gelten, liege. besonders an dem Engagement der ZWST und der jüdischen Gemeinden.


Die Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland ist einer der sechs Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland und ebenso wie das katholische und das evangelische Pendant Caritas und Diakonie Mitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW). Als Dachverband mit rund 120 Mitarbeitern steht sie vor allem in Kontakt zu den jüdischen Gemeinden vor Ort.