Die zerstörte Hafenstadt Darna
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"Brauchen humanitäre Hilfe" – Lage in Libyen weiter verheerend

Die Lage in Libyen bleibt katastrophal – auch Tage nach den Überflutungen. Ganze Regionen sind von der Außenwelt abgeschnitten. Das Land braucht Experten zufolge dringend mehr Hilfe. Aus Deutschland machen sich indes Experten und Ärzte auf den Weg.

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Nach den katastrophalen Überschwemmungen in Libyen schwindet die Hoffnung, noch Überlebende zu finden. Während Rettungsteams weiter in den Trümmern eingestürzter Gebäude suchen, müssen in Leichensäcke gehüllte Opfer in Massengräbern beigesetzt werden. Nach Angaben der Verwaltung im Osten des Landes kamen mehr als 5.000 Menschen ums Leben.

Es wird aber befürchtet, dass noch weit mehr Tote geborgen werden. Der Bürgermeister der Küstenstadt Darna geht allein in seiner Stadt von bis zu 20.000 Toten aus. Unterdessen gibt es verzweifelte Rufe nach mehr humanitärer Hilfe für die Überlebenden in dem nordafrikanischen Land, das sich seit Jahren im Bürgerkrieg befindet.

Jahrelange Erholungsphase erwartet

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) rechnet nach den verheerenden Überschwemmungen in Libyen mit einem langen Erholungsprozess. "Es wird viele Monate, vielleicht Jahre dauern, bis die Anwohner sich von diesem riesigen Ausmaß an Zerstörung erholt haben", erklärte Yann Fridez, Leiter der Libyen-Delegation beim IKRK.

Das IKRK arbeitete schon vor den Überschwemmungen in Libyen und schickte nun weitere Teams und Hilfsgüter in die betroffene Region. Darunter waren Arznei- und Lebensmittel sowie rund 6.000 Leichensäcke. Tausende Familien seien nach der Katastrophe

Deutsche Hilfe für Libyen kommt aus Bayern

Das Technische Hilfswerk (THW) brachte derweil Hilfslieferungen auf den Weg - in seinen Logistikzentren in Bayern und Baden-Württemberg stellt das THW das angeforderte Material bereit.

Es handelt sich nach Angaben der Organisation um 100 Zelte mit Beleuchtung, 1.000 Feldbetten, 1.000 Decken, 1.000 Isomatten und 80 Stromgeneratoren. Einem Sprecher zufolge brachen acht Lastwagen am Mittwochabend in Richtung Wunstorf bei Hannover auf. Vom dortigen Bundeswehrstandort sollte die Fracht an diesem Donnerstag nach Libyen gebracht werden.

Im bayerischen THW-Logistikzentrum in Obernburg im Landkreis Miltenberg wurden 83 Paletten mit Hilfsgütern gepackt und mit Lkw und Anhängern zum Bundeswehr-Flughafen nach Wunstorf transportiert und von dort weiter in die Katastrophenregion nach Nordafrika geflogen. Das bayerische Transportteam umfasst 15 ehrenamtliche Einsatzkräfte des THW. Sie kommen aus den Regionen Alzenau, Aschaffenburg, Karlstadt, Marktheidenfeld, Obernburg und Ochsenfurt.

Auch die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen kündigte für Donnerstag die Ankunft eines Notfallteams in der schwer betroffenen Stadt Darna an. Es bestehe aus Logistikern und medizinischem Personal, gab die Organisation auf der Plattform X (vormals Twitter) bekannt. Man bringe zudem Notfallausrüstung mit zur Behandlung von Verletzten und Leichensäcke für Libyens Wohlfahrtsorganisation Roter Halbmond.

Spezialequipment nach Libyen entsandt

Nach den verheerenden Überschwemmungen in Libyen schickt die Europäische Union (EU) neue Hilfe. Im Rahmen des EU-Katastrophenschutzverfahrens entsende Frankreich ein 53-köpfiges medizinisches Team, Italien schicke unter anderem Trümmerfahrzeuge, Taucherteams mit Booten sowie Such- und Rettungshubschrauber und die Niederlande unterstützten mit IT-, Logistik- und Kartierungsexperten, teilte der für das Krisenmanagement zuständige Kommissar Janez Lenarcic am Donnerstag in Brüssel mit.

Sie koordiniert damit die Hilfsangebote einzelner EU-Staaten. Deutschland, Rumänien und Finnland hatten bereits Hilfe mobilisiert. Auch hatte die EU am Mittwoch erste humanitäre Mittel in Höhe von 500.000 EUR freigegeben.

Im Audio: Wie das THW Hilfsgüter in die betroffene Region bringt

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Die Küstenstadt Darna wurde von den Fluten besonders stark getroffen.

Katastrophenschutzverfahren: EU koordiniert Hilfsangebote

Die Sorge gelte auch den Hunderttausenden von Flüchtlingen und anderen Migranten aus mehr als 40 Ländern, für die Libyen das Sprungbrett nach Europa sei, berichtete die englischsprachige Zeitung "Arab News" mit Sitz in Saudi-Arabien. Auch unter diesen Menschen dürfte es Opfer geben, die von den Überschwemmungen mitgerissen wurden, hieß es.

Derweil hat die Europäische Union ihr Katastrophenschutzverfahren aktiviert und koordiniert Hilfsangebote aus verschiedenen EU-Ländern. Auch die Vereinten Nationen haben ein Team vor Ort. Libyen hatte ein internationales Hilfeersuchen gestellt.

Zehntausende Menschen obdachlos

Allein in Darna sind mehr als 30.000 Menschen obdachlos geworden, wie die Internationale Organisation für Migration (IOM) auf X mitteilte. Rund 10.000 Menschen gelten als vermisst. Videos in sozialen Medien zeigten Fahrzeugkolonnen, die Tote abtransportierten, auf anderen Aufnahmen trieben Leichen im Meer. Ganze Straßenzüge sind in Schlamm versunken.

Neben Darna sind auch andere Städte wie Al-Baida, Al-Mardsch, Susa und Schahat betroffen. "Wir brauchen einfach Leute, die die Situation verstehen - logistische Hilfe, Hunde, die Menschen riechen können und sie aus dem Boden holen. Wir brauchen einfach humanitäre Hilfe, Leute, die wirklich wissen, was sie tun", sagte ein libyscher Arzt, der in einer Klinik nahe Darnas arbeitet, dem britischen Sender BBC. Der Sturm "Daniel", der zuvor auch in Griechenland gewütet hatte, war am Sonntag über Libyen gezogen.

Mit Informationen von dpa und Reuters

Im Video: Internationale Hilfe für Libyen

In Libyen kommt nach der Flutkatastrophe inzwischen Hilfe aus dem Ausland an, auch aus Deutschland ist Unterstützung unterwegs. Die Opferzahlen steigen unterdessen weiter - so wird alleine in der Hafenstadt Derna mit mehr als 20.000 Toten gerechnet.
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In Libyen kommt nach der Flutkatastrophe inzwischen Hilfe aus dem Ausland an, auch aus Deutschland ist Unterstützung unterwegs.

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