Gläubige vor der Taksim-Moschee in Istanbul
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Taksim-Moschee in Istanbul ist eröffnet worden

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Erdogan demonstriert seine Macht: Eröffnung der Taksim-Moschee

Eine Demonstration der Macht: Zwei- bis dreitausend Gläubige sind zum Freitagsgebet auf den zentralen Taksim Platz in Istanbul gekommen. Unter den Augen des türkischen Präsidenten Erdogan wird dort nach vierjährigem Bau die Taksim-Moschee eröffnet.

Erdogan und seine Entourage folgen den Worten des Imams im Gotteshaus. Für die Gläubigen wurde zum einmaligen Gebrauch Papier mit einem Teppichmuster bedruckt, damit diese unter freiem Himmel vor der Moschee auf dem Taksimplatz beten können. Zum feierlichen Anlass werden 25.000 Liter Rosenwasser auf die Gläubigen gesprüht. Im Islam symbolisiert die Rose die Schönheit der Lehre Gottes.

Taksimplatz war Ort der Geziproteste

Moschee, Gebet und Rosenwasser sind auch deshalb Machtdemonstration, weil in der Vergangenheit am 1. Mai oppositionelle Gewerkschaften auf dem Taksim ihre Kundgebungen abhielten und 2013 hier die sogenannten Geziproteste stattfanden. Zu solchen, in den Augen des autoritären Führers Erdogan aufrührerischen Ereignissen kam es allerdings schon länger nicht mehr. Der Präsident erklärt nach dem Gottesdienst, die Moschee würde schon längst stehen, wenn nicht Gezidemonstranten, also Terroristen, aktiv geworden wären. Während der Geziproteste liefen Hunderttausende auf dem Taksim Sturm gegen Erdogans Plan, die Bäume in dem direkt neben dem Platz liegenden Gezipark zu fällen, die Wiese zu planieren, um schließlich dort ein Einkaufszentrum zu errichten. Die Proteste waren so heftig und der Widerstand gegen die Polizei so vehement, dass Erdogan offenbar nervös wurde und schließlich die Einsatzkräfte mit größter Härte durchgreifen ließ.

Moschee und Kulturzentrum bilden Gegenpole

Die heute auf dem Taksim Betenden haben mit den damaligen Demonstranten nichts gemein. Es sind die islamisch-konservativen Bürger einer inzwischen völlig gespaltenen Gesellschaft. Auf der einen Seite Erdogananhänger, auf der anderen Seite die in den letzten Jahren wachsende eher säkulare Opposition.

Gegenüber der Moschee steht das Atatürk Kultur Zentrum. Der Staatsgründer Atatürk wollte eine westlich geprägte Gesellschaft. Das Kulturzentrum symbolisiert eine moderne Weltanschauung. Erdogan hingegen fördert den Islam seit seinem Machtantritt und sieht sich als Schutzherr der Muslime weltweit. Die Moschee, so glauben säkulare Türken, soll die Wirkung des Kulturzentrums nivellieren.

Auf dem Taksim sind auch aus Deutschland angereiste Türkeistämmige. Muharrem Güngor aus Hannover sagt, die Menschen könnten nun direkt am Taksim beten und müssten nicht woanders hingehen. Tatsächlich gibt es rund um den Taksim einige kleinere Moscheen, die beim Freitagsgebet bisher nicht alle bis auf den letzten Platz besetzt waren. Um Platzmangel dürfte es bei dem Bau des Gotteshauses wohl eher nicht gegangen sein.

Moschee anstatt Kirche – ein Signal an die Opposition

Für Bayram Karakas aus Istanbul ist die Moschee vielmehr ein Signal an die Opposition. Die Aktivisten bei den Geziprotesten hätten auch gegen den Plan, hier eine Moschee zu bauen, demonstriert. Die hätten wohl lieber eine Kirche am Taksim gebaut, so Karakas.

Seitdem Erdogan an der Macht ist, wurden etwa 10.000 Moscheen im Land errichtet. Wichtig sei bei den Bauten, so der Eindruck vieler säkularer Beobachter, dass man sie kaum übersehen könne.

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