Archivbild vom 07.03.2019: Ein Straßenwärter hält an der Autobahn A24 ein Verkehrsschild mit der Geschwindigkeitsangabe 130 Stundenkilometer.
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#Faktenfuchs: Genug Schilder für temporäres Tempolimit

#Faktenfuchs: Genug Schilder für temporäres Tempolimit

Ein temporäres Tempolimit auf Autobahnen würde helfen, Sprit zu sparen. Für die Umsetzung gebe es aber nicht genügend Verkehrsschilder, behauptet Bundesverkehrsminister Volker Wissing. Mehr Schilder bräuchte es dafür aber gar nicht. Ein #Faktenfuchs

Der Ukraine-Krieg lässt die Energiepreise steigen, Benzin und Diesel sind seit dem Krieg teuer wie nie. Das hat den Streit um ein Tempolimit neu angefacht: Eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen könnte laut Experten helfen, den Verbrauch zu senken und Ressourcen zu sparen - und wäre gleichzeitig gut für den Geldbeutel und die Umwelt.

Grüne und SPD fordern ein Tempolimit, FDP ist dagegen

Bei der Ampelkoalition herrscht allerdings Uneinigkeit: Bündnis 90/Die Grünen fordern ein Tempolimit. So sagte etwa der Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann (Grüne), Anfang April dem Berliner "Tagesspiegel", ein Tempolimit sei ein mildes, aber wirksames Mittel, um Energie einzusparen. Auch die SPD plädiert für ein Tempolimit: "Mit dieser Maßnahme werden wir schneller unabhängig von russischen Energieimporten", argumentierte Thomas Losse-Müller (SPD), Landesvorsitzender der SPD in Schleswig-Holstein.

Die FDP lehnt die Einführung einer Höchstgeschwindigkeit jedoch strikt ab und hat sich damit auch bei den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt: "Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben", steht auf Seite 41 des Ampel-Koalitionsvertrags.

Wenn schon kein generelles Tempolimit, dann vielleicht ein temporäres? Bayerns Grüne forderten Anfang April ein zunächst auf drei Monate befristetes dreifaches Tempolimit: 130 km/h auf der Autobahn, 80 km/h auf Landstraßen und 30 km/h innerorts.

Bundesverkehrsminister: Nicht genügend Schilder für temporäres Tempolimit

Doch Bundesverkehrsminister Volker Wissing von der FDP erteilte diesem Vorschlag eine Absage. Im Interview mit der Hamburger Morgenpost am 5. April 2022 verwies er unter anderem auf einen Mangel an Verkehrsschildern für ein temporäres Tempolimit: "Ich halte auch nichts davon, es vorübergehend einzuführen. Das ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Man müsste entsprechende Schilder aufstellen, wenn man das für drei Monate macht und dann wieder abbauen. So viele Schilder haben wir gar nicht auf Lager."

Spott für Wissings Aussage

Mit dieser Aussage löst Wissing Diskussionen aus, in den sozialen Netzwerken spotten Userinnen und User. "Okay, wir haben zu wenig Papier für #Impfbescheinigungen, zu wenig Schilder für #tempolimit, aber wir haben schon noch genügen Wischmopps für den #Frühjahrsputz, oder @HubertAiwanger?" schreibt eine Münchner Userin auf Twitter. Ein anderer User bietet scherzhaft an, dem Bundesverkehrsminister zu helfen: "Hallo @Wissing, wieviele #Schilder fehlen denn? Ich würde gerne die fehlenden liefern, um uns dadurch unabhängiger von Putins #Blutrohstoffen zu machen."

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Wissings Aussage löst Spott auf Twitter aus.

Ein weiterer User fragt, inwiefern es für ein Tempolimit überhaupt zusätzliche Schilder braucht: "Man schaue auf die Nachbarländer: Da weisen lediglich Hinweistafeln an den ehemaligen Grenzen auf den Autobahnen die geltenden Höchstgeschwindigkeiten aus."

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Ein User fragt, ob es zusätzliche Verkehrsschilder für ein Tempolimit bräuchte.

Aber wie aufwendig wäre die Einführung eines temporären Tempolimits? Und gibt es dafür tatsächlich zu wenige Verkehrsschilder? Der #Faktenfuchs hat die Behauptung des Bundesverkehrsministers überprüft.

Verkehrsrechtsexperte: Geringer Aufwand für Tempolimit 130

Für ein temporäres Tempolimit von 130 km/h auf der Autobahn, wie es die bayerischen Grünen zuletzt vorgeschlagen haben, wäre der Aufwand gering, sagt der Anwalt und Verkehrsrechtsexperte Christian Janeczek im Telefongespräch mit dem #Faktenfuchs. Dafür müsse lediglich eine Rechtsgrundlage geschaffen werden. Am einfachsten wäre es laut Janeczek, die Straßenverkehrsordnung hinsichtlich der neuen Höchstgeschwindigkeit zu ändern. Wenn sich die Ampelkoalition einig wäre, könne der Gesetzgebungsprozess inklusive Zustimmung durch den Bundesrat innerhalb von zwei Wochen abgeschlossen sein. "Wenn man das möchte, geht das fix", so Janeczek. An den Autobahn-Grenzübergängen zu Deutschlands Nachbarländern - rund 30 an der Zahl - müssten dann Verkehrsschilder mit der verringerten Höchstgeschwindigkeit aktualisiert werden, also ausgetauscht oder überklebt. Zusätzliche Schilder brauche es darüber hinaus nicht, meint Janeczek: "Man könnte sogar Schilder sparen." Schließlich gebe es in Deutschland keine Schilder mit einer höheren Höchstgeschwindigkeit als 130. Bei einem einem Tempolimit von 130 auf der Autobahn würden sogar diese Schilder überflüssig, argumentiert der Verkehrsrechtsexperte Janeczek. Sie müssten aber nicht sofort zwingend abgebaut werden.

Mehr Aufwand bei Tempolimit 100 oder 120

Größer wäre der Aufwand bei einem Autobahn-Tempolimit von 100, wie es etwa die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert. In diesem Fall müssten laut Janeczek alle 130er- und 120er-Schilder abgebaut oder verhüllt werden, damit sie dem Tempolimit nicht widersprechen. Denn: "Solange sie da sind, sind sie wirksam."

Umwelthilfe will bei Umsetzung mit anpacken

Verkehrsschilder abbauen, verhüllen oder vorübergehend mit Folie bekleben: Das wäre dann eine Aufgabe für die Beschäftigten der Straßenmeistereien. Von einem "erheblichen Mehraufwand" schreibt Hermann-Josef Siebigteroth, Bundesvorsitzender der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten, in einer Mail-Antwort an den #Faktenfuchs.

Jürgen Resch, Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe (DUH) sieht das anders. Für die Straßenmeistereien gehöre dies zur täglichen Arbeit bei der der Einrichtung von Baustellen oder im Winterdienst dazu, sagt er im Gespräch mit dem #Faktenfuchs. "Den Straßenmeistereien ist es bis jetzt immer auch gelungen bei Frostschäden quasi über Nacht ihre entsprechenden Streckenabschnitte zu kennzeichnen", so Resch. In Deutschland gibt es 13.200 Kilometer Autobahn, macht bei zwei Fahrtrichtungen 26.400 Streckenkilometer. Dazu kämen noch 3.350 km autobahnähnliche Bundesstraßen mit 6.700 Streckenkilometern, so Resch. "Ich denke, es wird im Bereich der vierstelligen Anzahl von Schildern sein. Vielleicht ist es eine niedrige fünfstellige Anzahl. Aber das ist doch händelbar." Er hat dem Bundesverkehrsministerium Hilfe angeboten: Falls es bei der Umsetzung eines temporären Tempolimits von 100 personelle Engpässe gebe, packe die DUH innerhalb von vierzehn Tagen gemeinsam mit Freiwilligen beim Verhüllen und Bekleben mit an.

Verkehrsministerium: Schilder als "Synonym für den Aufwand"

Nicht mehr, sondern sogar weniger Verkehrsschilder für ein temporäres Tempolimit: Der #Faktenfuchs hat das Bundesverkehrsministerium um Stellungnahme dazu gebeten und gefragt, wie viele und warum Minister Wissing zusätzliche Verkehrsschilder für ein temporäres Tempolimit als notwendig erachtet. Das Bundesverkehrsministerium (BMDV) hat jedoch auch auf erneute Nachfrage keine konkreten Fragen des #Faktenfuchs beantwortet, sondern nur ein kurzes allgemeines Statement geschickt. Demnach sei der Aspekt der Schilder ein "Synonym für den Aufwand, der bei einem temporären Tempolimit notwendig würde", teilt das Ministerium mit. "Bundesminister Dr. Volker Wissing wollte damit deutlich machen, dass er eine solche Maßnahme für 12 Wochen nicht für sinnvoll hält und anderen Möglichkeiten, wie der Stärkung des ÖPNV, den Vorzug gibt", schreibt das BMDV in seiner Mail-Antwort an den #Faktenfuchs.

Keine Lieferengpässe bei Verkehrsschildern

Falls der Bundesverkehrsminister bei einem temporären Tempolimit dennoch die Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen großflächig ausschildern, also entsprechende Verkehrsschilder nicht nur an den Grenzen aufstellen wollte, dann müsste er wohl tatsächlich neue Schilder bestellen. So schreibt Hermann-Josef Siebigteroth von der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten, in seiner Mail-Antwort an den Faktenfuchs: "Autobahnmeistereien sind keine Lagerstätten für Verkehrszeichen, sondern halten die unterschiedlichsten Verkehrszeichen in ausreichender Anzahl vor, um den Verkehrsfluss aufrechterhalten zu können, aber nicht um von jetzt auf gleich eine Umbeschilderung vornehmen zu können."

Laut Herbert Dopfer, Prokurist der Firma Bremicker im oberbayerischen Weilheim, wären die Verkehrszeichen aber lieferbar. Die Firma ist laut eigenen Angaben als eine von etwa fünfzehn Firmen deutschlandweit für die Herstellung von Verkehrsschildern zertifiziert und beliefert Kommunen, Landkreise und Straßenmeistereien wie die Autobahn GmbH. Zwar hat das Bundesverkehrsministerium keine Auskunft dazu gegeben, wie viele zusätzliche Verkehrsschilder laut Wissing für ein temporäres Tempolimit notwendig wären. Doch selbst in großer Stückzahl wären sie lieferbar. "10.000 Schilder würden wir in zehn Arbeitstagen liefern können", sagt Dopfer. Im Mehrschichtbetrieb und gegen die Zahlung von Zuschlägen ginge es sogar noch schneller.

Fazit:

Die Straßenmeistereien bevorraten laut Aussage der Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten zwar eine gewisse Anzahl Verkehrszeichen, allerdings wohl tatsächlich zu wenige für eine größere Umbeschilderung. Diese wäre für ein temporäres Tempolimit aber auch gar nicht notwendig, wie der Verkehrsrechtsexperte Christian Janeczek erklärt. Für ein Tempolimit müsse lediglich eine Rechtsgrundlage geschaffen, also etwa die Straßenverkehrsordnung geändert werden. Es wäre dann ausreichend, an den Autobahn-Grenzübergängen auf die geltende Höchstgeschwindigkeit hinzuweisen.

Da die höchste angegebene Maximalgeschwindigkeit auf Verkehrsschildern derzeit 130 km/h ist, wäre ein Tempolimit 130 mit dem geringsten Aufwand umzusetzen. Bei einem Tempolimit von 100 km/h auf der Autobahn, wie es die Deutsche Umwelthilfe fordert, wäre der Aufwand größer: Verkehrsschilder mit Tempo 130 und Tempo 120 müssten dann entfernt oder verhüllt werden.

Sollte der Verkehrsminister entgegen der Einschätzung von Verkehrsrechtsexperten trotzdem eine großflächige Neu-Beschilderung anstreben - lieferbar wären die Schilder. An Schildermangel scheitert ein temporäres Tempolimit also nicht.

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