"Fürstliche Flüchtlingsverpflegung" steht auf einer Bildtafel, die sich aktuell auf Twitter verbreitet. Darauf heißt es, die Gemeinde Bad Wörishofen lasse sich die Unterbringung ukrainischer Geflüchteter "einiges kosten", genauer gesagt koste die Verpflegung durch einen Cateringservice 104.000 Euro im Monat. Das seien - so steht es auf der Bildtafel - pro geflüchteter Person 54 Euro am Tag, beziehungsweise 1.677 Euro im Monat. Diese Zahlen stimmen jedoch nur teilweise und wurden aus dem Kontext gerissen.
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Was ist dran?
Zunächst handelt es sich nicht um aktuelle Zahlen: Die Notunterkunft in einem Impfzentrum in Bad Wörishofen, auf die sich die Bildtafel bezieht, wurde laut dem Landratsamt Unterallgäu im Juni dieses Jahres stillgelegt. Im März 2022 habe der Landkreis die Notunterkunft kurzfristig eingerichtet, nachdem das "Bayerische Innenministerium alle Landkreise und kreisfreien Städte dazu aufgerufen hatte, innerhalb weniger Tage 300 Plätze für Kriegsflüchtlinge zu schaffen", schreibt eine Sprecherin der Landratsamts dem #Faktenfuchs.
Bei der Verpflegung habe man damals schnell handeln müssen, erläutert die Sprecherin des Landratsamts, denn man habe sicherstellen wollen, dass die "möglicherweise bis zu 300 kurzfristig ankommenden Flüchtlinge versorgt sind". Man sei damals dankbar gewesen, auf die Schnelle überhaupt einen Caterer gefunden zu haben.
Laut der Sprecherin ist es korrekt, dass im ersten Monat (Mitte März bis Mitte April) 104.101,78 Euro für das Catering anfielen. Dies entspreche einem Betrag von 40 Euro pro Person pro Tag, 38 Euro davon für Essen und Getränke und zwei Euro für Tische, Stühle und Geschirr. Dabei habe der Caterer auch die Essensausgabe übernommen. Neben der Verpflegung habe dies auch die Ausstattung mit Geschirr, Tischen und Stühlen beinhaltet. "Im März waren bis zu 100 Flüchtlinge gleichzeitig in der Unterkunft untergebracht", schreibt die Sprecherin. Die genannten Kosten auf der Bildtafel pro Person – dort ist von 54 Euro am Tag die Rede – sind nicht korrekt.
Im Mai übernahm ein günstigerer Caterer
Die Sprecherin des Landratsamts schreibt, dass man - um Kosten zu reduzieren - mehrere Angebote eingeholt habe, sich aber zunächst kein anderes Catering-Unternehmen fand. Mit insgesamt zehn Anbietern sei man in Kontakt gewesen, letztendlich habe jedoch nur eines "die Versorgung logistisch stemmen und gleichzeitig günstiger anbieten" können als der vorherige Caterer. Der im Mai beauftragte Caterer habe die Versorgung "halb so teuer" angeboten, nämlich für 20 Euro pro Person am Tag inklusive Geschirr, Getränke und einer Transportpauschale. Allerdings habe dieses Unternehmen die Essensausgabe nicht übernommen, diese Leistung musste "selbst gestemmt werden".
"Logistisch war die Versorgung eine Herausforderung, da sich die Anzahl der Flüchtlinge fast täglich änderte und nicht planbar war." Sprecherin des Landratsamts Unterallgäu
Wie alle Geflüchteten, haben auch die Ukrainer in Bad Wörishofen Geldleistungen erhalten. "Da diese in der Notunterkunft jedoch voll verpflegt wurden, wurde diese Sachleistung vom Gesamtbetrag abgezogen", schreibt die Sprecherin des Landratsamts Unterallgäu. Bezahlt habe die Verpflegung nicht die Gemeinde selbst, sondern der Freistaat Bayern.
Woher stammt die Behauptung?
Die Behauptung und auch die Bildtafel, die sich jetzt wieder auf Twitter verbreitet, sind nicht neu. Bereits Ende April griff der Online-Fernsehsender AUF1 das Thema nach einem Zeitungsartikel in der Augsburger Allgemeinen Zeitung auf. Der Sender wird von Stefan Magnet betrieben. Das Watch-Portal Belltower News bezeichnet den Österreicher als "rechtsextremen Werbeunternehmer". Die österreichische Tageszeitung "Der Standard" klassifiziert den Online-Sender als "Sprachrohr der Corona-Leugner und -Verharmloserinnen". Auch der AfD-Politiker Christoph Maier verbreitete die Behauptung.
Fazit
Es ist richtig, dass im ersten Monat über 104.000 Euro für die Verpflegung ukrainischer Geflüchteter in einer Notunterkunft in Bad Wörishofen anfielen, dies beinhaltete aber auch Geschirr, Tische und Stühle. Zunächst wurden so 40 Euro am Tag bezahlt, durch die Vollverpflegung wurde diese Sachleistung von den Geldleistungen abgezogen, die Geflüchtete üblicherweise erhalten. Die Kosten für die Verpflegung übernahm der Freistaat.
Dennoch wurde nach einem günstigeren Cateringunternehmen gesucht. Diese Suche gestaltete sich allerdings schwierig. Im Mai fand sich jedoch eine Firma, die das Catering für weniger Geld übernahm. Im Juni wurde die Notunterkunft in Bad Wörishofen geschlossen, die sich verbreitende Bildtafel ist also nicht aktuell.
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