Der deutsch-französische Publizist, Grünen-Politiker und Alt-68er Daniel Cohn-Bendit sagt über die Unterzeichnung des Élysée-Vertrages am 22. Januar 1963: "Das war mir klar, dass hier ein historischer Versuch begonnen wurde, eine historische Feindschaft zu überwinden." Im Interview mit der radioWelt auf Bayern 2 betonte Cohn-Bendit, es gebe noch viele politische und kulturelle Unterschiede, aber "ich kann mir nicht mehr vorstellen, dass es einen Krieg zwischen Deutschland und Frankreich wieder geben würde".
"Leidenschaftslosigkeit" bei Scholz und Merkel
Mit Blick auf die heutige deutsch-französische Freundschaft sagte Cohn-Bendit: "Einerseits ist es eine Selbstverständlichkeit – und das ist viel. Andererseits haben Scholz und Macron es irgendwie nicht geschafft, emotional die Bedeutung dieser Freundschaft politisch umzusetzen."
Mit Kanzler Olaf Scholz und seiner Vorgängerin Angela Merkel ging Daniel Cohn-Bendit hart ins Gericht und sprach von "Leidenschaftslosigkeit". Ihre "kalte, technokratische Art" konnte die deutsch-französische Freundschaft nicht beflügeln, so Cohn Bendit. Bei den großen Unterschieden zwischen beiden Ländern müssen man einen Willen haben, um weiterzukommen. Dieser fehle.
Als Beispiel nannte der langjährige Europa-Abgeordnete den Euro: "Wenn es Scholz an der Stelle von Helmut Kohl gewesen wäre oder Frau Merkel, würden wir heute nie den Euro haben. Die ganzen Schwierigkeiten, die es gab, hätten diese Art von Politikern nicht überwunden." Und daran schloss Cohn-Bendit eine aktuelle politische Frage an: "Warum können Deutschland und Frankreich nicht gemeinsam erklären, dass sie jetzt Panzer [an die Ukraine] liefern wollen? Im Élysée-Vertrag steht doch, man soll sich absprechen."
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Deutschland und Frankreich müssen Führungsanspruch zeigen
Zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags am kommenden Sonntag wollen Deutschland und Frankreich eine sogenannte "Roadmap" vorstellen. Cohn-Bendit sagte dazu: "Meine Angst ist ein bisschen, dass die große Linie, eine kleine Linie wird." Seine Hoffnung sei, dass Scholz und Macron es schaffen, bei der Energiefrage, der Klimafrage und auch wie sie Europa voranbringen wollen, endlich einen Weg zu gehen. Sie sollten zeigen, dass Deutschland und Frankreich gemeinsam einen Führungsanspruch in Europa haben, so Cohn-Bendit.
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