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Facebook will politische Werbung kennzeichnen

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Hört Facebook uns ab?

Hört Facebook uns ab?

Mythos oder Wahrheit? Viele Nutzer haben das Gefühl, dass Facebook sie belauscht, um ihnen passende Werbung anzuzeigen. Doch was ist dran an dieser Behauptung?

Der amerikanische Youtuber namens „Neville“ ist sich sicher: Facebook hört uns ab. Und deswegen wagt er vor fast zwei Jahren ein Experiment. Er beginnt sich, in Gegenwart seines Handy bei geöffneter Facebook-App, mit seiner Frau dauernd über Katzenfutter zu unterhalten. Und siehe da: Plötzlich zeigt ihm Facebook Anzeigen für Katzenfutter an. Quod erat demonstrandum: Facebook belauscht unsere Gespräche! Neville hat nämlich noch nie zuvor nach Katzenfutter gesucht, mehr noch: Er interessiert sich nicht einmal für Katzen, er hat ja nicht mal eine, sagt er.

Zahlreiche Anekdoten

Viele von uns kennen solche oder ähnliche Geschichten, manche von uns haben so etwas sogar selbst schon erlebt. Da spricht man ein einziges mal mit seinem Schwager über Bergstiefel - und plötzlich taucht bei Facebook Bergstiefel-Werbung auf. Da spricht man ein einziges mal mit seiner Cousine über laktosefreie Milch - und plötzlich wird einem auf Facebook laktosefreie Milch angepriesen. Da erwähnt man ein einziges mal beiläufig gegenüber seinem Chef, dass man gerne mal Urlaub in der Karibik machen wollen würde – und da, plötzlich: Reklame für einen Pauschalurlaub in der Dominikanischen Republik!

Gerüchte sind schon alt

Die Gerüchte, wonach Facebook uns abhört, existieren es schon seit Jahren, mittlerweile werden zudem Whatsapp-Telefonate misstrauisch beäugt. Doch was ist dran? Klar ist: Facebook selbst sagt ganz klar: Nein, wir laschen nicht! Auf Anfrage des BRs erklärt eine Sprecherin des Konzerns:

"Weder Facebook noch WhatsApp hören mit. Beide Apps greifen nur dann auf das Mikrofon zu, wenn ein Nutzer dies den Apps vorher ausdrücklich erlaubt hat und eine bestimmte Funktion aktiv nutzt, die Audiosignale erfordert, wie beispielsweise die Aufnahme eines Videos, Sprachnachrichten oder bei Telefonaten." Facebook Deutschland

Auf Nachfrage erklärt die Facebook-Sprecherin zudem, dass das Handymikro von keiner App aus der Facebook-Familie dazu genutzt wird, um Werbung auf Facebook zu schalten, also auch nicht von Whatsapp. Aber ist das glaubwürdig? Auch wenn man Facebook an sich sehr viel zutraut, muss man wohl trotzdem so fair sein und sagen: Ja. Denn abgesehen vom Imageschaden, den Facebook erleiden würden, käme heraus, dass das Netzwerk seine Nutzer abhört, sprechen eine ganze Reihe von technischen Gründen gegen die Theorie, sagt der Netzexperte Michael Seemann:

"Zum einen wäre das sehr aufwändig. Es müssten große Rechenzentren aufgebaut werden, die diese Spracherkennung durchführen, um dann halt ein paar Stichwörter herauszugreifen, die dann relevant wären. Das ist von der Nutzen-Kosten-Kalkulation völliger Irrsinn. Der andere Grund ist, dass diese Datenübertragung natürlich von den Betriebssystemen und den Sicherheitsforschern und natürlich auch von den Betriebssystemherstellern, bemerkt worden wäre." Michael Seemann, Netzexperte

Die Wahrheit ist vermutlich viel banaler: Wir können uns einfach nicht vorstellen, wie viel Facebook über uns weiß, auch so, ohne dass uns die Firma dazu noch abhören zu müsste. Zudem raten die Algorithmen auch einfach was uns interessieren könnte, manchmal landen sie dabei auch einen Zufallstreffer - und das fällt uns dann umso mehr auf.

Die Geschichte hat einen wahren Kern

Und nicht zuletzt ist es wie bei so vielen urbanen Mythen: Die Geschichte hat einen wahren Kern. Tatsächlich hört Facebook seine Umgebung mit, um beispielsweise im Hintergrund laufende Songs zu erkennen. Dass passiert allerdings offenbar nur 15 Sekunden lang und nur dann, wenn der Nutzer die Funktionen aktiviert hat und zudem gerade ein Statusupdate verfasst. Und: In Deutschland wurde diese Funktion nie eingeführt. Fazit: Skepsis gegenüber Facebook mag angebracht sein, gerade dann, wenn es um Datenschutz geht. Aber für die Behauptung, Facebook würde Gespräche mitlauschen, gibt es keine Anzeichen.