Die Stadt Gaza im Gazastreifen, am 12. Oktober 2023
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Die Stadt Gaza im Gazastreifen, am 12. Oktober 2023

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Israel fordert Bevölkerung auf, Nord-Gazastreifen zu verlassen

Israels Militär hat die Bevölkerung des nördlichen Gazastreifens dazu aufgefordert, das Gebiet binnen 24 Stunden zu verlassen. Der Befehl betrifft rund 1,1 Millionen Menschen. Die Vereinten Nationen reagierten umgehend.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Israels Militär hat die Bewohner und Bewohnerinnen des nördlichen Gazastreifens dazu aufgefordert, die Region zu verlassen. "Das Militär ruft alle Zivilisten von Gaza auf, ihre Häuser zu ihrer eigenen Sicherheit und zu ihrem Schutz nach Süden zu verlassen", teilte die Armee am Morgen mit.

"Die Terrororganisation Hamas führt einen Krieg gegen den Staat Israel, und Gaza ist ein Gebiet, in dem militärische Operationen stattfinden", begründete das Militär den Aufruf. "Sie werden erst dann nach Gaza zurückkehren können, wenn eine weitere Ankündigung erfolgt, die dies erlaubt", hieß es weiter.

Israel: Niemand solle sich dem Sicherheitszaun nähern

Niemand solle sich dem Bereich des Sicherheitszauns zum Staat Israel nähern. Vom Militär hieß es, Hamas-Terroristen versteckten sich in Gaza in Tunneln unter Häusern und in Gebäuden, in denen sich unschuldige Zivilisten aus dem Gazastreifen aufhielten.

Panik unter Bewohnern des Gazastreifens

Die Aufforderung hat unter den Bewohnerinnen und Bewohnern des nördlichen Gazastreifens Panik ausgelöst. "Das ist Chaos, niemand versteht, was zu tun ist", sagte Inas Hamdan, eine Mitarbeiterin des UN-Hilfswerks für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Gazastreifen, am Freitagmorgen. Auch sie selbst habe in aller Eile ein paar Habseligkeiten in Taschen gepackt.

Fachleute halten die von Israel geforderte Evakuierung nicht für durchführbar. Nebal Farsach etwa, eine Sprecherin des Palästinensischen Roten Halbmonds in Gaza-Stadt, sagte unter Tränen, es sei unmöglich, 1,2 Millionen Menschen in so kurzer Zeit auf sichere Weise zu evakuieren.

Außerdem gebe es viele Patienten in Krankenhäusern, die gar nicht transportfähig seien, und viele medizinische Fachkräfte weigerten sich, die Menschen im Stich zu lassen.

Augenzeugen: Hamas hält flüchtende Zivilisten auf

Die Hamas im Gazastreifen bezeichnete den Aufruf zur Evakuierung des nördlichen Küstengebiets als "Propaganda". Zivilisten sollten nicht auf die "Propagandanachrichten reinfallen", hieß es. Aus Sicherheitskreisen aus dem Gazastreifen hieß es, dass Bewohner am Verlassen des Nordens gehindert werden sollten. Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, mehrere Bewohner seien bereits von der Hamas gestoppt und zur Rückkehr in den Norden aufgefordert worden. Generell herrsche große Panik in dem Gebiet, es gebe keine klaren Anweisungen.

Beobachter gehen davon aus, dass eine Bodenoffensive Israels nach dem Großangriff der islamistischen Hamas im Gazastreifen bevorstehen könnte. Am Donnerstag hatte das Militär erklärt, dass es sich auf eine solche Operation vorbereite. Doch sei noch keine Entscheidung getroffen worden.

Vereinte Nationen fordern Rücknahme der Anordnung

Die Vereinten Nationen reagierten umgehend: Dem Befehl zufolge sollen rund 1,1 Millionen Menschen binnen 24 Stunden in den Süden des Gebiets umziehen, erklärte Stéphane Dujarric, Sprecher des UN-Generalsekretärs António Guterres, der Nachrichtenagentur AFP.

"Die Vereinten Nationen appellieren nachdrücklich an die Rücknahme eines solchen Befehls, falls er bestätigt wird", erklärte Dujarric und warnte, dies würde die bereits bestehende Tragödie in eine "katastrophale Situation" verwandeln. Die Anweisung lasse sich "unmöglich" umsetzen, ohne "verheerende humanitäre Konsequenzen" nach sich zu ziehen, warnte er.

UN zu Israels Anordnung: "Total beispiellos"

Ein UN-Vertreter sagte zunächst, die Vereinten Nationen bemühten sich auf höchster politischer Ebene um eine Klarstellung der israelischen Regierung. Die Anordnung bezeichnete er als "total beispiellos".

Am Samstag hatte die Hamas, die von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft wird, Israel massiv angegriffen. Die Angreifer töteten nach Angaben Israels mehr als 1.200 Menschen und nahmen rund 150 Geiseln. Die israelische Armee nahm in der Folge den Gazastreifen unter Dauerbeschuss. Dabei wurden nach palästinensischen Angaben bisher mehr als 1.530 Menschen getötet, darunter auch viele Kinder und Frauen.

Nach UN-Angaben sind aufgrund der israelischen Angriffe zudem mehr als 423.000 Menschen im Gazastreifen aus ihren Häusern vertrieben worden.

Im Video: Israels Militär fordert Bevölkerung des nördlichen Gazastreifens auf, Gebiet zu verlassen

Israel fordert Evakuierungen aus dem nördlichen Gazastreifen
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Israel fordert Evakuierungen aus dem nördlichen Gazastreifen

Mit Informationen von dpa, AP und AFP

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