Die CDU hat die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis mit 37,1 Prozent überraschend klar gewonnen. Deutlich dahinter folgt auf Rang zwei die AfD mit 20,8 Prozent. Die Linke wird zwar mit 11,0 Prozent drittstärkste Kraft, rutscht aber, ebenso wie die SPD (8,4 Prozent) auf einen neuen Tiefststand. Die Grünen konnten dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl nicht vom Bundestrend profitieren, sie legten nur leicht zu und bleiben mit 5,9 Prozent einstellig.
Der FDP gelingt dagegen nach zehn Jahren mit 6,4 Prozent der Wiedereinzug in den Magdeburger Landtag. Bei der letzten Landtagswahl im Jahr 2016 hatten der Partei nur 1.600 Stimmen gefehlt, um die Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen. Nicht in den Landtag haben es die Freien Wähler geschafft. Die Wahlbeteiligung liegt laut infratest dimap mit 60,3 Prozent niedriger als bei der vergangenen Wahl. Im Jahr 2016 hatte der Wert bei 61,1 Prozent gelegen.
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Haseloff: Land hat sich "aufgebäumt"
Ministerpräsident Haseloff sprach am Sonntagabend von einer "klaren Botschaft nach außen" und sieht den weiten Abstand seiner CDU zur AfD als "klare Abgrenzung nach rechts". Das Bundesland habe sich bei der Wahl am Sonntag "aufgebäumt", sagte Haseloff in Magdeburg. Er sei "dankbar, dass es so gelaufen ist".
Die aktuell regierende - und bundesweit erste - "Kenia-Koalition" aus CDU, SPD und Grünen, würde laut dem vorläufigen Endergebnis wieder eine Mehrheit erreichen - die sogar noch stärker ausfallen könnte als bei der Wahl vor fünf Jahren. Reiner Haseloff wird als Ministerpräsident weitermachen können. Der CDU-Politiker hat das Amt seit zehn Jahren inne und ist nach Volker Bouffier der dienstälteste Ministerpräsident Deutschlands.
Doch Haseloffs schwarz-rot-grünes Bündnis in Magdeburg funktionierte in den vergangenen Jahren nicht immer reibungslos und stand mehrfach kurz vor dem Bruch. Insbesondere zwischen CDU und Grünen gab es zahlreiche Querelen und Personal-Streitigkeiten, sodass manch einer in den Reihen der CDU-Fraktion, den "ungeliebten" Koalitionspartner gerne gegen die FDP austauschen würde, wie es heißt.
Mit FDP und Grünen wäre nach Hochrechnung nun auch ein Jamaika-Bündnis Bündnis möglich. Ebenfalls eine Mehrheit hätte eine "Deutschland-Koalition" aus CDU, SPD und FDP. Nach den aktuellen Zahlen würde es sogar knapp für eine Koalition aus CDU und SPD reichen.
Haseloff: Kein Einfluss durch Konstellationen im Bund
Ministerpräsident Reiner Haseloff rechnet mit einer schwierigen Koalitionsbildung, wie er am Sonntagabend in der ARD sagte. Man werde aber mit allen demokratischen Parteien sprechen. Auf eine Koalition wollte er sich zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht festlegen. Dabei werde sich die Landes-CDU "nicht durch bundespolitische Vorgaben instrumentalisieren lassen", sondern es gehe "um Sachsen-Anhalt", stellte er weiter klar.
Ein Bündnis mit der AfD hatte Ministerpräsident Haseloff bisher, ebenso wie seine Bundespartei, immer wieder kategorisch abgelehnt. Jüngste Umfragen hatten ein knappes Rennen zwischen den Christdemokraten und der Alternative vorausgesagt – teils hatte die AfD dabei auch vor der CDU gelegen.
Dem Landesverband der AfD in Sachsen-Anhalt wird von Beobachtern eine Nähe zum "Flügel" nachgesagt, einer inzwischen aufgelösten und als rechtsextremistisch eingestuften Gruppierung innerhalb der Partei. Zudem wird die AfD in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall beobachtet. In Thüringen hat sich ein solcher Verdacht bereits erhärtet.
Über das Ergebnis der Landtagswahl zeigte sich der Bundesvorsitzende der Partei, Tino Chrupalla, am Abend in der ARD dennoch "sehr zufrieden". Mit Blick auf die Union sagte er: "Wir können hier durchaus eine bürgerlich-konservative Regierung bilden."
Achtungserfolg für Grüne, Rückschläge für SPD und Linke
Die in Ostdeutschland traditionell nicht so starken Grünen legten bei der Wahl leicht zu. Dennoch habe man sich "mehr erhofft", räumte die Kanzlerkandidatin der Partei, Annalena Baerbock, ein. Die Ausgangslage bei der Bundestagswahl Ende September werde aber eine ganz andere sein. Am 26. September "sei alles drin".
Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner bekräftigte derweil die Bereitschaft seiner Partei zur Regierungsbeteiligung in Sachsen-Anhalt unter Führung der CDU. "Wir sind zu Gesprächen bereit", sagt er in der ARD. Ähnlich äußerte sich auch die Spitzenkandidatin der Grünen in Sachsen-Anhalt, Cornelia Lüddemann. Haseloff werde sich nun entscheiden müssen, ob er eine Regierungskonstellation wolle, "die den Klimaschutz voranbringt" oder nicht, warb sie für eine weitere Regierungsbeteiligung ihrer Partei.
FDP-Spitzenkandidatin Lydia Hüskens deutete ebenfalls Interesse an einem Eintritt in die Landesregierung an. Allerdings gelte es zunächst das Wahlergebnis abzuwarten und "dann Gespräche zu führen".
Für SPD und Linke ist es dagegen ein weiterer Rückschlag. Die Linke rutscht nach dem vorläufigen Endergebnis auf ihr schlechtestes Ergebnis in Sachsen-Anhalt. Der Linksfraktionschef im Bundestag, Dietmar Bartsch, zeigte sich vom abermaligen Einbruch seiner Partei enttäuscht. "Das ist zweifelsfrei eine Niederlage." Bartsch bezeichnete die Verluste als "Pandemie-bedingt". Zudem habe es eine "wahnsinnige Polarisierung" zwischen CDU und AfD gegeben.
SPD mit schlechtestem Ergebnis in Sachsen-Anhalt
Auch die Schwäche der SPD in den ostdeutschen Ländern bestätigt sich. In Sachsen hatten die Sozialdemokraten 2019 mit 7,7 Prozent ihr schlechtestes Landtagswahlergebnis überhaupt eingefahren, in Thüringen kamen sie im selben Jahr nur noch auf 8,2 Prozent.
Dennoch zeigte sich der bisherige Juniorpartner in der CDU-geführten Koalition in Sachsen-Anhalt am Abend zu Gesprächen über eine Fortsetzung der gemeinsamen Regierung bereit. "Für Gespräche unter Demokraten stehen wir zur Verfügung", sagte SPD-Spitzenkandidatin Katja Pähle in der ARD. Das Ergebnis wertete sie als klaren Wahlerfolg für Ministerpräsident Haseloff: Nun sei es an ihm, zu Gesprächen über die Regierungsbildung einzuladen, sagte Pähle.
Auswirkungen für die Wahl im Herbst will man bei der SPD auf Bundesebene aber nicht sehen. "Wir haben den Kanzlerkandidaten, den die Menschen sich am besten im Kanzleramt vorstellen können", sagte der Generalsekretär der Partei, Lars Klingbeil, im ZDF. Es gelte nun, die guten Werte von Olaf Scholz auf die SPD zu übertragen. Klingbeil gratuliert der CDU und ihrem Ministerpräsidenten Reiner Haseloff zum Wahlsieg. Haseloff sei es gelungen, eine Polarisierung mit der AfD hinzubekommen.
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