Polizisten stehen vor Beginn eines Prozess gegen eine Frau und drei Männer vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden vor Demonstranten
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Linksradikale in Deutschland - Wie gefährlich sind sie?

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Linksmilitante Gewalt: Ein Blick nach Sachsen

Linksmilitante Gewalt: Ein Blick nach Sachsen

Sie sollen Anschläge auf tatsächliche oder mutmaßliche Rechtsextremisten verübt haben. Deshalb stehen vier Personen in Dresden vor Gericht. Eine Reportage aus Sachsen.

Über dieses Thema berichtet: Die BR24 Reportage am .

Lina E. winkt im Sitzungssaal des Dresdner Oberlandesgerichtes ihren überwiegend weiblichen Sympathisanten zu – trotz der Handschellen. Der 27-jährigen wird unter anderem die Bildung einer linksextremistischen kriminellen Vereinigung vorgeworfen. Hinter Lina E. sitzen die Mitangeklagten. Drei Männer, Ende 20, in Jeans, T-Shirts und Kapuzenpulli. Die drei wirken sportlich, körperlich fit. Seit September wird dem Quartett vor dem Dresdner Staatsschutzsenat der Prozess gemacht.

Schwerer Landfriedensbruch und Bildung einer kriminellen Vereinigung

Der Generalbundesanwalt wirft den Angeklagten insgesamt sechs Anschläge auf Menschen in Sachsen und Thüringen vor. In den Jahren 2018 bis 2020 sollen sie die Opfer, mehrere tatsächliche oder mutmaßliche Rechtsextremisten, zunächst ausgespäht und dann verprügelt haben. 13 Männer wurden dabei teils schwer verletzt. Neben gefährlicher Körperverletzung und schwerem Landfriedensbruch wird den Angeklagten vor allem auch die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen.

Bundesinnenministerium: Anstieg linksmotivierter Gewalt um 45 Prozent

Weil die Leipzigerin Lina E. die mutmaßliche Rädelsführerin sein soll, sitzt sie als einzige in Untersuchungshaft. Die junge Frau gilt manchen Beobachtern als der Beleg schlechthin dafür, dass sich das militant-linke Milieu derzeit dramatisch radikalisiere. Tatsächlich meldete das Bundesinnenministerium für das Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg linksmotivierter Gewalt-Straftaten um 45 Prozent.

  • Zum Artikel: "Verfassungsschutz - Extremisten sind nicht im Corona-Lockdown"

Es wird ähnlich wie bei Rechtsextremen argumentiert

Mitte Januar in Leipzig, im beliebten Ausgehviertel Südvorstadt. Die Kneipen, Bars und Restaurants sind erstaunlich gut besucht – trotz Corona. Auf einem Stromkasten vor dem Café Maître steht "Free Lina!" Freiheit für Lina. Auf eine Wand – ein paar hundert Meter weiter - hat jemand mit schwarzem Edding "Liebe und Glück für Lina" geschrieben. Projektionsflächen für die Solidarität mit den Dresdner Angeklagten. In einer Kneipe findet ein Treffen mit zwei Frauen statt, die anonym bleiben wollen. Die beiden sind extrem vorsichtig, weil sie befürchten ebenfalls ins Visier der Polizei zu geraten, wenn sie sich öffentlich zu Lina E. bekennen. Diese Sorge ist nicht unbegründet, weil die Ermittlungen gegen E. auf Grundlage des Paragrafen 129 Strafgesetzbuch ablaufen. Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Die Einstellung zur Gewalt?

Diese Grundlage ermöglicht es Polizei und Verfassungsschutz, äußerst umfassend zu ermitteln. Die beiden sind Sprecherinnen des "Soli-Bündnisses Antifa-Ost". Ihre Einstellung zu Gewalt? "Teile der undogmatischen radikalen Linken verstehen Gewalt gegen Faschisten als ein legitimes Mittel, um Schlimmeres, wie den NSU oder den Terror in Hanau oder in Halle oder in Kassel zu verhindern." Die beiden Frauen lehnen das staatliche Gewaltmonopol ab. Aus ihrem Blickwinkel ist linke Gewalt weniger falsch als rechte Gewalt. Dass sie dabei ähnlich argumentieren wie Rechtsradikale, blenden sie offenbar aus.

Rechtsextremismus wurde in Sachsen lange verharmlost

Tatsächlich verharmloste die CDU, die in Sachsen seit der Wiedervereinigung alle Ministerpräsidenten stellt, jahrelang die Gefährlichkeit des Rechtsextremismus. Der Landesverband der AfD wird vom sächsischen Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestuft. Und die Neonazi-Szene gilt als eine der gewalttätigsten in ganz Deutschland. Diese sogenannten "Sächsischen Verhältnisse" empören bis heute viele Menschen im Freistaat, ohne dass sie dabei selbst gewalttätig werden würden. Ein kleiner Teil aber radikalisierte sich. Der Leipziger Stadtteil Connewitz ist voller Hinweise auf linke Militanz.

Überall Spuren von Farbbeuteln an den Häusern

Spuren von Farbbeuteln an allen Neubauten. Kein Straßenschild, keine Ampel, keine Haltestelle ohne Aufkleber oder Graffitis. "ACAB - All Cops Are Bastards" ist zig tausendfach zu lesen. "Nazis behindert schlagen" oder "Bullen töten" steht auf Hauswänden. Im September wurde bei einer linken Demo die Leipziger Polizeidirektion mit Böllern, Farbbeuteln und Flaschen angegriffen, Scheiben von Filialen der Deutschen- sowie der Commerzbank wurden beschädigt. Nach Angaben des Sächsischen Verfassungsschutzes sollen rund 250 Linksautonome in Leipzig leben. Darunter Antifa-Aktivisten, kommunistische Gruppen, selbsternannte Anti-Deutsche oder Vertreter des postautonomen Bündnisses "Interventionistische Linke".

  • Zum Artikel: "Erst rechts, jetzt links - Staatsschutz ermittelt in Coburg"

"Der Großteil der linken Szenen ist nicht gewaltaffin"

Auf der Köpenicker Landstraße in Berlin Mitte steht Tom Pflicke vor einem verrammelten Eingangstor. "Tourist Fuck off" steht darauf, dahinter befand sich der sogenannte Köpi-Wagenplatz, wo Menschen ohne Mietverträge in teils selbstgebauten Wagen lebten. Mitte Oktober wurde der Platz geräumt. Tom Pflicke beschäftigt sich beruflich mit der Szene. Er arbeitet als Soziologe für die Bundesfachstelle "Linke Militanz" der Universität Göttingen und beschreibt das Milieu als kämpferisch. Doch Tom Pflicke betont: "Der Großteil der linken Szene ist nicht gewaltaffin, aber er versucht Kritik mit dem militanten Habitus, das heißt der Nachdrücklichkeit vorzutragen."

Spirale von Gewalt und Gegengewalt

Auf den Umstand angesprochen, dass das Bundesinnenministerium im Jahr 2020 einen Anstieg linksextremer Gewalttaten im Vergleich zum Vorjahr um 45 Prozent registriert, antwortet der Wissenschaftler: "Die linke Szene hat immer Momente von Gewalteruptionen und dann aber auch Phasen von weniger Gewalt. Aber es gibt eben diese Spitzen gerade bei diesen Demonstrations- und Räumungsereignissen, wo Gewalt eskaliert, wo diese Gewalt-Gegengewalt-Spirale wirklich krasse Formen annimmt. Aber im Längsschnitt kann ich das sozusagen als extremen Anstieg, wie es bezeichnet wird, nicht bestätigen."

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