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Medizin-Numerus-Clausus: Gericht entscheidet über Beschränkung

Wer Medizin studieren will und keinen Abiturschnitt von 1,0 vorweisen kann, muss mit 14 oder 15 Wartesemestern rechnen. Das Bundesverfassungsgericht entscheidet heute, ob das noch mit der Verfassung konform ist. Von Fabian Mader

Über dieses Thema berichtet: radioWelt am .

Maximilian Richter aus München wusste schon als Kind, was er einmal werden will: Arzt. Aber dafür braucht er eine Menge Geduld.

"Ich warte seit siebeneinhalb Jahren auf einen Medizin-Studienplatz. Ich fühle mich so ein bisschen wie der Esel, der der Karotte hinterherläuft, weil ein Ende nicht in Sicht ist."

Maximilian Richter, Anwärter auf einen Studienplatz für Medizin

Maximilian Richter hat das Pech, kein besonders gutes Abitur gemacht zu haben. 3,0 – damit steht er auf der Warteliste ziemlich weit hinten. Seit Jahren arbeitet er als Lehrrettungsassistent, er bildet also jüngere Kollegen aus – studieren darf er trotzdem nicht. Denn: Wer über die zentrale Vergabe einen Studienplatz haben möchte, braucht in fast allen Bundesländern eine Note von 1,0.

"Ich sage nichts dagegen, wenn jemand mit einer 3,0 warten muss. Damit habe ich auch gerechnet – aber sieben Jahre, das ist schon eine Messlatte."

Maximilian Richter

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts

In den vergangenen Jahren haben immer wieder Studienbewerber gegen das Auswahlverfahren geklagt, teils mussten sie von den Unis aufgenommen werden. Die Richter am Verwaltungsgericht in Gelsenkirchen haben nun das Bundesverfassungsgericht angerufen: Heute fällt die Entscheidung, ob das Verfahren noch verfassungskonform ist.

Richter verspricht sich davon mehr Klarheit. Er hat die Hoffnung, "dass endlich vom Bundesverfassungsgericht geregelt wird, dass wir ein gerechtes Auswahlverfahren brauchen". Die Leute, die Pflegepraktika oder eine Berufsausbildung machen, sollten seiner Ansicht nach schneller schneller die Chance haben, in ein Studium einzutreten.

Fachleute sehen gute Chancen für Änderung des NC

Experten halten es durchaus für möglich, dass der Numerus Clausus zumindest abgeschwächt wird. Etwa Martina Kadmon, die Gründungsdekanin der medizinischen Fakultät der Universität Augsburg. Auch sie findet, das alte System müsse sich ändern.

"Die Bewerber werden sieben Jahre daran gehindert, akademisch zu arbeiten. Weil wenn man in der Wartezeitquote einen Studienplatz möchte, darf man kein anderes Studium aufnehmen."

Martina Kadmon, Gründungsdekanin der medizinischen Fakultät der Universität Augsburg

Eignungstest und soziale Fähigkeiten

Zwar dürfen Hochschulen schon jetzt 60 Prozent der Bewerber selbst aussuchen, aber auch da entscheidet vor allem die Abiturnote. Kadmon findet, ein Eignungstest sollte mindestens so wichtig sein wie die Note – außerdem sollten die sozialen Fähigkeiten der Bewerber bei der Auswahl eine Rolle spielen.

Maximilian Richter hat etwa eine Ausbildung zum Rettungsassistenten gemacht. Solche Berufserfahrungen sollten in die Auswahl stärker als bisher einfließen, findet Kadmon. "Die Lösung ist, diejenigen, die rauszukristallisieren, die keine ganz so gute Abiturnote haben, aber trotzdem sehr leistungsfähig sind."

Problematisch findet Maximilian Richter auch, dass das Abitur in Bayern anspruchsvoller ist als in anderen Bundesländern. "Ich habe Leute kennengelernt, die haben ihr Abi in Sport und Kunst gemacht und studieren jetzt hier in München Medizin", sagt er. Diese Fächerkombination wäre an einem bayerischen Gymnasium gar nicht erlaubt. Auch die Wartezeiten sind mit 14 oder 15 Semestern inzwischen möglicherweise zu lang.

Ruf nach mehr Medizin-Studienplätzen

Eine Alternative wäre, einfach mehr Studienplätze zu schaffen, auch das würde die Chancen der Bewerber erhöhen. Da wäre das Kultusministerium gefragt. Aber das will erst einmal das Urteil in Karlsruhe abwarten. Und in der Zwischenzeit arbeitet Maximilien Richter weiter als Lehrrettungsassistent.