Zwei Logistiker warnen schon einmal vor: Langfristig sind Preiserhöhungen nicht auszuschließen. Der Deutsche Paketdienst, DPD, und die Otto-Tochter Hermes denken offen darüber nach, für Paketlieferungen bis direkt an die Haustüre Geld zu verlangen. Das ist wohl der langsame Einstieg, für immer mehr Service auch immer mehr zu verlangen.
Wann muss das Paket auf den Weg gebracht werden?
In den meisten Fällen findet sich immer jemand im Haus, der für seinen Nachbarn das Packerl annimmt, doch das kostet auch für die Boten der einzelnen Paketdienste Zeit. Nicht jeder Kunde will aber bei seinen Nachbarn klingeln und so lassen sich die Lieferdienste immer mehr einfallen, wie die größer werdende Menge an Paketen an den Mann oder an die Frau kommen können. Zum einen sind da die Packstationen, Paketboxen oder Pickup-Paketshops, die sich meist in oder vor Läden befinden. So kann man den Einkauf mit der Abholung verbinden. Zum anderen bieten mittlerweile fast alle an, dass der Wohnungs- oder Hausbesitzer einen Ablageort angibt, wo das Paket sicher hinterlegt werden kann.
Mehr Online-Shopping - mehr Pakete
Doch die Paketdienste stoßen an ihre Grenzen. Täglich bearbeitet alleine DHL 8,5 Millionen Pakete bundesweit. Vor allem in diesen Weihnachtswochen stoßen alle Logistiker an ihre Grenzen. Und immer mehr landet im Versand nicht nur das kleine Buch, die CD oder das T-Shirt. Den stärksten Umsatzzusatz verzeichnet die Warengruppe "Einrichtung". Der Möbel-, Deko-, Heimtextilien und Haushaltsgeräteversand, der dazu zählt, hat im 1. Quartal 2017 um fast 32 Prozent zugenommen im Vergleich zum selben Zeitraum ein Jahr zuvor. Laut Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. bedeutet das in der Branche einen Umsatz von 764 Millionen Euro. Auf der Rangliste folgt die Warengruppe "Unterhaltung" (Bücher/Medien/PC/Homeelectronics/Telekommunikation) mit einem Plus von 17,4 Prozent und "Bekleidung und Schuhe" mit einem Wachstum von 16 Prozent.
"Das Internet erobert den Alltag mit Macht – nicht nur die tägliche Nutzung auf Smartphones zeigt dies, sondern auch der Boom im Onlinekauf von Gütern des täglichen Bedarfs. E-Commerce-Prozesse durchdringen inzwischen alle Formen des Handels."
Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V.
Deutsche lassen sich mehr und mehr liefern
Essen, Trinken, Drogeriebedarf und Tiernahrung: Auch dieser Bereich legt stark zu. Wurden im 1. Quartal 2016 noch Waren dieser Gruppe im Wert von 175 Millionen Euro verschickt, so stieg der Umsatz ein Jahr später schon auf 201 Millionen Euro an. Das ist ein sattes Plus von 14,8 Prozent.
Hermes, DHL, DPD: mehr Pakete denn je
Hermes erwartet 2017 das mengenstärkste Weihnachtsgeschäft der Unternehmensgeschichte. Prognostiziert sind 15 Prozent mehr Sendungen als an Weihnachten 2016, an Spitzentagen bis zu 20 Prozent mehr. Alle Paketdienste suchen seit Wochen händeringend Personal, doch der Markt ist leergefegt. DHL hat alleine seit September 10.000 Saisonarbeiter eingestellt. Hermes hat 6.500 Voll- und Teilzeitmitarbeiter eingestellt und den Fuhrpark um 3.500 Fahrzeuge aufgestockt. Doch trotz neuer Logistikcenter und Aufstockung der Mitarbeiter: Die Paketdienste sind am Limit und die ersten Versender hauen regelrecht die Notbremse rein. Hermes reagiert auf das starke Wachstum mit Mengenobergrenzen für Onlinehändler. "Der Transport von Privatpaketen bleibt davon unberührt“, sagt Dirk Rahn, Geschäftsführer Operations von Hermes Germany.
"Wir erwarten ein Weihnachtsgeschäft, das die gesamte deutsche Logistikbranche vor eine Kraftprobe stellen wird. Kapazitäten sind immer endlich, das gilt für die Paketlogistik ebenso wie etwa für den Flug- und Bahnverkehr, aller Reserven zum Trotze. Besonders die letzte Meile wird für die Branche immer mehr zum Nadelöhr."
Dirk Rahn, Hermes Germany