Seit über drei Jahren beobachten wir einen zweifelhaften Modetrend. Unsere Recherche beginnt 2015. Die Laufstege, Schaufenster und Fußgängerzonen sind voller Pelz. Als Mützenbesatz oder flauschiger Jackenkragen ist echter Pelz für jeden bezahlbar.
Die Branche meldet Rekorde. Innerhalb von zehn Jahren explodieren die Umsätze, weltweit auf über 13 Milliarden Euro. Die meisten Designer verarbeiten Echtpelz in ihren Kollektionen, nur wenige wie Harald Glööckler verwenden keinen Pelz.
Einer der größten Pelzproduzenten ist China. Tierschutz spielt dort keine Rolle. Die Tiere werden in winzigen Käfigen gehalten und grausam getötet. Einige Tiere leben sogar noch, wenn ihnen das Fell abgezogen wird, dokumentierten Tierschützer. Asien produziert solche Mengen, dass Kunst- und Echtpelz oft nahezu gleich viel kosten.
Doch industrieeigene Label wie "origin assured" versprechen den Kunden eine tierfreundliche Produktion von Pelz. Sie verweisen auf europäische Farmen und damit auf Produktionsstandorte, für die Tierschutzbestimmungen gelten. Ist Pelz aus Europa wirklich besser?
Tierleid in Deutschland
Auch in Deutschland gibt es sogenannte Pelztierfarmen. Meist handelt es sich um große Anlagen, in denen zehntausende Tiere gezüchtet, getötet und gehäutet werden. 2015 sind neun Nerzfarmen in Betrieb, vor allem im Norden und Osten. Hierzulande gelten strenge Vorgaben für die Haltung. Die Nerze sollen tiergerecht leben können, etwa genügend Platz und Spielmöglichkeiten haben. Mindestens drei Quadratmeter muss jeder Käfige groß sein, mit mindestens einem Quadratmeter Platz pro Tier.
"Es muss ein Schwimmbecken angeboten werden, fester Boden, auch ein Podest, dass das Tier sich mehr bewegen und beschäftigen kann." Frank Schmidt, PETA Deutschland
Mehrfach begleiten wir Tierschützer bei Undercover-Recherchen zu deutschen Pelztierfarmen. Sie dokumentieren, dass die Farmer den Vorgaben und behördlichen Auflagen nicht nachkommen. Die Tiere vegetieren in viel zu kleinen Käfigen vor sich hin, haben nur Draht unter den Pfoten. Tiermediziner und Wissenschaftler, denen wir Videoaufnahmen aus den Pelztierfarmen zeigen, beobachten bei den Tieren Verhaltenstörungen und sprechen von Tierquälerei. Im Landkreis Ammerland in Niedersachsen produzierte bis vor kurzem sogar eine Farm ohne irgendeine Zulassung der Behörden.
Union blockiert Verbot
Was tut die Politik gegen solche Zustände? Der Bundestag hat in diesem Jahr über ein Verbot von Pelztierfarmen diskutiert. Die Mehrheit der Abgeordneten ist dafür. Doch CDU und CSU blockieren. Veränderungen lassen sich im Laufe der vergangenen Jahre nur bei der Anzahl der Pelztierfarmen beobachten: Statt neun gibt es inzwischen nur noch vier Farmen in Deutschland.
Verletzte Tiere in Käfigen
Doch nicht nur in Deutschland - auch in anderen europäischen Länden beobachten wir großes Tierleid auf Pelztierfarmen. Vor allem Osteuropa hat in der Pelzproduktion im Laufe der Jahre an Bedeutung gewonnen. Polen ist ein wichtiger Wachstumsmarkt und mittlerweile Europas zweitgrößter Produzent nach Dänemark. Etwa 800 Farmen werden hier gezählt.
Wir begleiten Tierschützer zu Fuchsfarmen. Die großen Tiere haben in schmalen Käfigen kaum Platz, sich umzudrehen. Im Winter sind Futter und Wasser oft eingefroren. Die Pfoten der Tiere stehen auch hier nur auf Drahtgittern. Einige Füchse drehen in der Enge durch, andere sind völlig lethargisch oder gar verletzt. Auf Nerzfarmen haben die Tierschützer neben verletzten auch tote Tiere in den Käfigen und Kannibalismus dokumentiert. Manche Mitarbeiter prügeln die Nerze tot.
"Für den Eigentümer der Farm ist das einfach in Käfigen eingeschlossenes Geld, das nur geerntet werden muss." Pawel Rawicki, Open Cages International
Die Regierungspartei will jetzt den Tierschutz in Polen verbessern. Seit kurzem liegt dem polnischen Parlament ein Gesetzesentwurf für ein Pelztierfarmverbot vor. In vielen anderen Ländern verbessert sich hingegen nichts - im Gegenteil. Aus Skandinavien bekommen wir mehrfach grausames Bild- und Videomaterial aus Pelztierfarmen zugespielt. Erst vor wenigen Wochen erfahren wir von Füchsen, die extrem gemästet werden, um mehr Pelz zu gewinnen. Die Tiere sind so schwer, dass sie sich kaum bewegen können. Sie leiden unter Gelenkschmerzen. Die Augen entzünden sich unter den dicken Hautfalten, durch die sie kaum mehr etwas sehen können.
Kritik an Pelzindustrie
Wir konfrontieren die europäische Pelzindustrie mit unseren Erkenntnissen. Aber wir bekommen keine konkreten Antworten auf unsere Fragen. Stattdessen bezweifelt sie unsere Recherchen. Für Tierschützer sind Versprechen wie 'Pelz aus Europa sei besser', eine Farce.
"Es ist egal, ob sie nach Deutschland, in die USA oder nach China gucken - überall sind die Haltungsvorgaben ähnlich und die Tierhaltung ähnlich und immer ist sie mit Tierquälerei verbunden." Thomas Pietsch, Vier Pfoten Deutschland