Sie ist schon lange ein Thema und es scheint sich nur allmählich etwas zu ändern: die "Pink Tax" - zu Deutsch "pinke Steuer". Vermarktet ein Unternehmen Waren oder Leistungen nach Geschlecht, also einmal für Männer und einmal für Frauen, so ist letzteres oft teurer. Einziger Unterschied: Die Produkte sind rosa statt blau, sie haben einen anderen Duft oder anderen Namen.
Auf Preislisten von Haarstudios ist es besonders offensichtlich: "Waschen, schneiden, föhnen" für Männer kostet derzeit in einem Münchner Salon etwa 39 Euro. Frauen zahlen hingegen 50 Euro für "Waschen, schneiden, trocken pusten". Dass es auch Frauen mit Kurzhaarschnitt und Männer mit langer Mähne gibt, und dass ein Kurzhaarschnitt aufwendiger sein kann als Spitzen schneiden, ist offenbar irrelevant.
Was ist der Grund für die höheren Preise?
Welche Preise ein Unternehmen ansetzt, hängt "von der Zahlungsbereitschaft des entsprechenden Kundensegments ab", erklärt Nina Scharwenka von der Unternehmensberatung Simon-Kucher in München. "Wenn ein Unternehmen ermittelt, dass die Zahlungsbereitschaft im betreffenden Segment entsprechend hoch ist, wird es diesen Spielraum in den meisten Fällen auch ausschöpfen", sagt sie. Aus Sicht der Wirtschaft wird die Pink Tax auch als "Gender Pricing" bezeichnet. Typischerweise sind Produkte wie Kosmetikartikel oder Parfum betroffen, weiß Scharwenka, deren Expertise unter anderen auch im Bereich Beauty liegt.
Warum es in diesem Bereich eine höhere Zahlungsbereitschaft gibt, könnte mit gesellschaftlichen Idealen und Gewohnheiten von Frauen zusammenhängen: Um das Weiblichkeitsideal zu erfüllen, ist rasierte Haut erforderlich, viele Praktiken im Bereich Körperpflege sind traditionell weiblich konnotiert. Nur langsam scheinen diese Stereotype aufzubrechen - die Regale in der Drogerie für Herrenprodukte werden breiter, in Werbespots für Damenrasierer treten auch Models mit unrasiertem Körper auf.
Frauen zahlen weniger: Gender Pricing gibt es auch umgekehrt
Zu bedenken sei aber, betont Scharwenka, dass der Käufer nicht immer auch der Nutzer des Produkts ist – kaufen Männer zum Beispiel Geschenke ein und sind bereit, dafür mehr zu zahlen, kann auch das den Preis nach oben treiben.
Gender-Pricing gibt es zudem auch umgekehrt: In Clubs und Bars oder auf Datingportalen zahlen Frauen teils weniger, damit das Publikum ausgewogen bleibt. Zumeist erfolgt Gender Pricing aber zum finanziellen Nachteil von Frauen, zeigt eine bundesweite Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS) (externer Link) aus dem Jahr 2017. Und das, obwohl Frauen im Schnitt weniger verdienen als Männer.
Im Rahmen der Studie wurden mehr als 1.600 gleichartige Produkte für Frauen und Männer verglichen, in 2,3 Prozent der Fälle zahlten Frauen damals mehr, in 1,4 Prozent die Männer. Doch es wurden nicht nur Waren analysiert: Von 381 gleichartigen Dienstleistungsvarianten wiesen 59 Prozent unterschiedliche Preise nach Geschlecht auf, davon waren 50 Prozent für Frauen und neun Prozent für Männer teurer.
"Kleiner Erfolg": Einwegrasierer jetzt meist ohne Pink Tax
Die Verbraucherzentrale Hamburg vergleicht regelmäßig Preise in Drogerieläden (externer Link). Die neuste Stichprobe wurde zum Anlass des diesjährigen Weltfrauentags veröffentlicht und stammt aus dem vergangenen Februar 2024. Das Ergebnis: Einwegrasierer kosten inzwischen oft gleich viel, egal, ob sie "für Frauen" oder "für Männer" vermarktet werden. "Das sehen wir als kleinen Erfolg unserer Veröffentlichungen in den letzten neun Jahren", heißt es auf der Website der Verbraucherzentrale.
Bei Parfum oder Rasierschaum gebe es aber noch immer deutliche Preisunterschiede. Die Bereitschaft, mehr zu zahlen, werde teilweise schamlos ausgenutzt, erklärte Armin Valet, Abteilungsleiter Ernährung und Lebensmittel in der Verbraucherzentrale Hamburg, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Da es an neuen, repräsentativen Auswertungen fehlt, ist es schwierig zu sagen, wie groß das Problem "Pink Tax" derzeit tatsächlich ist.
Was lässt sich gegen Gender Pricing tun?
"Solange es für Produkte Männer- und Frauenvarianten gibt, kann sogenanntes Gender Pricing immer wieder vorkommen", sagt Scharwenka. Jedoch beobachte sie einen klaren Trend hin zu genderneutralen Produkten. Wer ein Zeichen gegen Gender Pricing setzen möchte, könne zu diesen Unisex-Produkten greifen – oder bewusst Produkte kaufen, deren typische Zielgruppe Männer sind. "So wird der Kassenbon zum Stimmzettel", merkt Scharwenka an.
Auch Eva Traupe, Juristin beim Verbraucherservice Bayern, rät, beim Einkauf die Preise zu vergleichen - und auch mal die blaue Variante zu kaufen. "Wichtig ist, dass man es immer wieder zum Thema macht. Manchen Leuten ist dieses Problem nach wie vor kein Begriff", betont sie. Auch hilfreich sei es, wenn Verbraucher und Verbraucherinnen auf die Filialleitung zugingen und sie auf die Preisunterschiede hinwiesen. Zudem könne sie sich politische Maßnahmen theoretisch vorstellen.
Rechtlich sei es aber vermutlich schwierig, etwas durchzusetzen. "Wenn eine Kundin beide Produkte im Geschäft sieht und sagt, dass ihr das rosafarbene besser gefällt, wird sie dafür eben freiwillig mehr zahlen", sagt Traupe. Und auch wer einen Haarschnitt benötigt, hat die Wahl: Denn es gibt auch Salons, die bewusst für alle Geschlechter den gleichen Preis ansetzen.
Mit Informationen von dpa
Im Audio: Warum Verkäuferinnen am Weltfrauentag streiken
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