In Deutschland gibt es immer weniger Sargträger – und auch in Bayern fehlt es oft an engagiertem Personal. Das bestätigt auch Jörg Freudensprung vom Bestatterverband Bayern. "Dieses Problem kommt auch bei mir immer häufiger an. Es ist wirklich sehr schwierig geworden", sagt er auf BR24-Anfrage.
Die Gründe hierfür seien "politisch hausgemacht". Hätten früher noch Freiwillige, oftmals Rentner, gegen einen Obolus bei Bestattungen geholfen, fiele heute viel mehr Bürokratie an. Die Sargträger müssten alle versichert und festangestellt werden. "Das können sich kleine Gemeinden nicht leisten, da finden ja nicht regelmäßig Beerdigungen statt", erzählt Freudensprung. Das Problem betrifft also vor allen Dingen die kleineren Kommunen und weniger die Großstädte.
Nicht nur körperliche Belastbarkeit spielt eine Rolle
Fabian Reiners vom Trägerservice "Im Bestattungswesen" in Nordrhein-Westfalen beschäftigt 35 Sarg- und Urnenträger, alle männlich und im Ruhestand, da die meisten Beerdigungen vormittags stattfinden. Aber auch Frauen seien für diesen Dienst willkommen. Körperlich belastbar sollten Interessenten sein, "da die Särge auch mal 150 Kilogramm und mehr wiegen können".
Und doch ist die reine Körperkraft nicht ausschlaggebend, denn es gibt mittlerweile Lösungen: So gibt es beispielsweise technische Hilfsmittel wie einen Wagen zum Transport des Sarges zum Grab, für welchen jedoch ebenfalls stets Personal benötigt wird.
Früher oft Sargträger von kirchlichen Bruderschaften
Noch vor einigen Jahrzehnten seien Sargträger oft von kirchlichen Bruderschaften gestellt worden, die ihre Verstorbenen zum Grab geleiteten, weiß der Bonner Bestatter Werner Kentrup. Dem Bestatter ist es wichtig, dass Sargträger ordentlich aussehen und sich in dem sensiblen Augenblick des Totengeleits und der Beisetzung respektvoll verhalten. "Sie machen einen wertvollen Job – das ist nicht einfach den Sarg mal schnell wohin gebracht."
Damit die Bestattung würdevoll abläuft, werden neue Mitarbeiter von Kentrup gecoacht. Erdbestattungen seien viel emotionaler als Urnenbestattungen, sagt der Bonner. Beim Herablassen des Sarges in die Erde werde den Angehörigen bewusst, dass das Leben des Verstorbenen nun wirklich zu Ende sei und dessen Körper nun in der Erde ruhe. "Das ist für die Hinterbliebenen oft sehr ergreifend".
Als Sargträger Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten, hat für Kentrup auch etwas zu tun mit Respekt vor dem Verstorbenen und dem Brauchtum sowie dem Dienst am Nächsten. Eine Haltung, die noch immer geschätzt wird und eine wichtige Erfahrung fürs Leben sein kann.
Urnenbestattungen nehmen immer mehr zu
Grundsätzlich bestätigt Freudensprung vom Bestatterverband Bayern, dass Urnen- gegenüber Erdbestattungen immer zahlreicher werden. Laut dem Bundesverband Deutscher Bestatter sind es inzwischen nahezu 70 Prozent. Lindert das das Sargträger-Problem? Nein, denn es gäbe immer noch eine nicht zu vernachlässigende Zahl an Erdbestattungen, sagt Freudensprung. Generell gibt es laut ihm keine statistische Erfassung. Das mache das Nennen genauer Zahlen so schwierig.
Aktuell passiert laut Jörg Freudensprung vor allem eines: Die Gemeinden haben grundsätzlich die Verpflichtung, Bestattungen auch personell gewährleisten zu können, immer öfter wälzten sie aus der Not heraus ihre Verantwortung an die Bestatter ab. "Die haben dann aber dasselbe Problem", sagt Freudensprung. Da gerade in kleinen Kommunen nicht regelmäßig Beerdigungen stattfinden würden, haben die Bestatter auch immer größere Probleme, Freiwillige für diese Aufgabe zu gewinnen – und sie auch angemessen zu bezahlen.
Mit Informationen von KNA
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