Das verfallende Industriedenkmal Stockaumühle in Reichertshofen
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Rätselhafte Geschäfte der Immobiliengruppe "Dolphin"

Rätselhafte Geschäfte der Immobiliengruppe "Dolphin"

Eine Immobilienfirma aus Hannover kauft denkmalgeschützte Häuser in Bayern auf, um sie zu sanieren. Doch auffallend viele der Gebäude verfallen. Gleichzeitig bangen ausländische Anleger um ihr Geld. Exklusive Recherchen von BR, HR und der BBC.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Die German Property Group, ehemals Dolphin Trust GmbH, eine Firma aus Hannover-Langenhangen hat sich auf die Sanierung denkmalgeschützter Gebäude in Deutschland spezialisiert und wirbt damit, Marktführer auf diesem Gebiet zu sein. 60 Objekte besitzt Dolphin nach eigener Auskunft in Deutschland, Doch bei vielen dieser Gebäude stocken nach Recherchen von BR, HR und BBC die Sanierungsarbeiten oder haben gar nicht erst begonnen.

Einige bayerische Beispiele: Mitten in der Innenstadt von Augsburg warten Käufer seit Jahren auf die Fertigstellung ihrer Eigentumswohnungen, die von Dolphin angekündigt wurden. In der Altstadt von Bamberg sind gleich zwei Immobilien dem Verfall ausgesetzt, seit Jahren findet keine sichtbare Sanierung statt Die Stockaumühle in Reichertshofen ist seit 2013 in Besitz von Dolphin, sie wurde nicht wie angekündigt in Wohnungen umgewandelt, sondern wird seit Jahren von Jugendlichen als Partylocation genutzt. Oder das Kloster Schönthal in der Oberpfalz, ein kulturelles Kleinod im Schwarzachtal. Es gehört Dolphin seit 2017 und ist dem Verfall ausgesetzt. Die Firma hat das Gebäude gekauft, ohne es vorher jemals besichtigt zu haben. Der Bürgermeister war zunächst froh, einen Investor für das heruntergekommene Anwesen gefunden zu haben. Mittlerweile fragt er sich, warum Dolphin das Gebäude überhaupt gekauft hat.

Dolphin selbst spricht von Verzögerungen, die der speziellen Situation auf dem deutschen Baumarkt und bürokratischen Hürden geschuldet seien und kündigt die Fertigstellung der Objekte in Augsburg bis 2020 an.

Anleger aus dem Ausland

An vielen Orten, wo Dolphin auftritt, findet man Menschen, die zunächst angetan waren vom Geschäftsmodell. In Deutschland hofften Kommunen und Privatleute auf die Sanierung denkmalgeschützter, oft lange leerstehender Gebäude. Und im Ausland wurden Anlegern attraktive Renditen versprochen. Das Investment-Modell sieht vor, dass Dolphin, so die Eigenwerbung, bei ausländischen Anlegern Geld einsammle und davon sanierungsbedürftige, denkmalgeschützte Häuser in Deutschland kaufe. In diesen Häusern plane man dann Wohnungen und biete sie zum Kauf an. Sobald der Großteil der Wohnungen verkauft sei, beginne die Sanierung. Zu diesem Zeitpunkt, also schon vor der Fertigstellung, sollen laut Dolphin die ausländischen Anleger ihr Geld zurückbekommen – inklusiver hoher Rendite: 10, 15 oder gar 24 Prozent werden ihnen bei einer Laufzeit von bis zu fünf Jahren von Dolphin zugesichert.

In England haben Anleger teilweise ihre komplette Altersvorsorge über private Pensionskassen in Dolphin investiert. Weit über 300 Millionen Euro, so heißt es in einem Video einer britischen Pensionskasse, habe Dolphin bereits weltweit von Anlegern erhalten.

Ein undurchsichtiges Investment

Der Münchner Rechtsanwalt Peter Mattil, Experte für Kapitalmarktrecht, ist bei solchen Investitionsmodellen skeptisch. Anleger könnten kaum nachvollziehen, was mit dem Geld passiert. Dolphin unterteilt sich in unzählige Tochterfirmen , die für jedes neue Projekt gegründet werden. Denn die Investitionen aus dem Ausland fließen nicht direkt in die Dolphin, sondern in eine von vielen Tochterfirmen. Den Anlegern wird zwar mitgeteilt, in welcher dieser Projektgesellschaften ihr Geld liegt, etwa in der Dolphin Capital 80. Projekt GmbH & CO KG. Welche Immobilien sich jedoch dahinter verbergen, erfahren sie in der Regel nicht. Dolphin selbst erklärt auf Anfrage, man kommuniziere investitionsrelevante Umstände gegenüber Investoren.

In Großbritannien warten laut Recherchen von BR, HR und BBC aktuell manche Anleger teilweise seit mehreren Monaten auf die Rückzahlung ihres Investments.

Eine Anlegerin, die mit dem Bayerischen Rundfunk gesprochen hat, wartet seit Oktober 2018 auf ihr Geld. 16.000 Pfund hat sie investiert, es war ihre einzige Altersvorsorge. Statt Geld hat sie in den letzten Monaten über ihre Rentenkassen lediglich Briefe von Dolphin erhalten. Darin verspricht das Unternehmen ihr, dass ihr eingezahltes Geld sicher sei und bis spätestens Mitte 2019 da sein sollte.

Dolphin teilt mit, weniger als 20 Prozent der Anleger seien von der Verzögerung betroffen und kündigt eine baldige Rückzahlung an. Die Firma betont, dass Anleger über das Risiko einer verzögerten Auszahlung informiert seien und dass sie für Verzögerungen entschädigt würden und die Invests abgesichert seien.

Fehlende Bilanzen

Doch auch in Asien, wo Dolphin über Jahre hinweg das Anlagemodell angeboten hat, warten Anleger auf die Auszahlung ihrer Investments, teilweise seit fast anderthalb Jahren. Auch dort verspricht Dolphin den Anlegern, dass das Geld bald überwiesen würde. Liquiditätsprobleme, so die Firma, habe man ausdrücklich keine.

Die Firma veröffentlicht allerdings seit 2016 keine Bilanzen mehr. Die Verzögerung bei den Renditeausschüttungen hätte nichts mit der finanziellen Situation zu tun. Doch die Firma hat sich mittlerweile umbenannt, in German Property Group – und im März einen neuen Geschäftsführer bestellt, der 20 Jahre alt ist. Die Firma bestreitet, ihre Objekte zu Spekulationszwecken erworben zu haben und verweist auf erfolgreich durchgeführte Sanierungen. Tatsächlich hat Dolphin einige Objekte fertiggestellt. Doch viele der von uns überprüften Objekte, vor allem in Bayern, verfallen weiterhin und lassen zumindest nach außen hin keine sichtbare Renovierung erkennen. Es bleibt die Frage, wer von diesem Geschäftsmodell profitiert.