Andreas Scheuer hält bei seiner Amtsübergabe 2021 eine Rede
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Ex-Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU)

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Rechtsbruch bei 5G-Vergabe: Muss Scheuer persönlich haften?

Rechtsbruch bei 5G-Vergabe: Muss Scheuer persönlich haften?

Deutschlands Mobilfunkpreise sind hoch – auch, weil Ex-Verkehrsminister Scheuer wohl rechtswidrig Einfluss auf die 5G-Vergabe nahm. Aber Experten bezweifeln, dass der CSU-Politiker deswegen Schadensersatz zahlen muss.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das Kölner Verwaltungsgericht war in seinem Urteil am Dienstag eindeutig: Die Vergabe der 5G-Mobilfunkfrequenzen im Jahr 2019 durch die Bundesnetzagentur war rechtswidrig. Das Bundesverkehrsministerium unter Ex-Minister Andreas Scheuer (CSU) habe "massiv" und "rechtswidrig" Einfluss auf die Netzagentur genommen.

Die Lizenzen gingen dadurch an wenige große Telekommunikationsfirmen – ohne, dass sie die Lizenzen an kleinere, günstigere Anbieter vermieten müssen. Die Folge: weniger Wettbewerb und höhere 5G-Tarife in Deutschland.

Gutachten riet von Klage gegen Scheuer ab

Ein Fall, der an das Maut-Debakel erinnert: Hier hatte Scheuers Entscheidung, Verträge vorzeitig zu unterschreiben, dafür gesorgt, dass der Bund den Mautbetreibern 243 Millionen Euro Schadensersatz zahlen muss.

Scheuers Nachfolger, Verkehrsminister Volker Wissing (FDP), wollte das damals nicht einfach so hinnehmen. Er gab ein Gutachten in Auftrag, das feststellen sollte, ob Scheuer persönlich für den Schaden haftbar gemacht werden kann. Das Ergebnis: Im Gutachten wird von einer Klage abgeraten – wegen geringer Erfolgsaussichten. Denn weder im Bundesministergesetz noch anderswo sei eine "Haftungsnorm für Minister vorgesehen". Dafür müsste die Bundesregierung bzw. der Bundestag zunächst eine Rechtsgrundlage schaffen.

"Keine Gesetzesgrundlage" für Ansprüche gegen Scheuer

Auch bei der 5G-Vergabe ist das einer der entscheidenden Punkte: Patrick Heinemann, Fachanwalt für Staatshaftungsrecht, sagt dem BR, die betroffenen Unternehmen würden sich voraussichtlich mit ihren möglichen Ersatzansprüchen an den Bund wenden, "weil der Bund natürlich sehr viel liquider ist als Scheuer persönlich".

Sollte der Bund tatsächlich haften, dann stelle sich die Frage, ob er bei Scheuer Regress nehmen kann, also Anspruch auf Schadensersatz hat. Aber dafür gebe es schon bei Beamten hohe Voraussetzungen. Und für Minister gälten diese Regeln nach "ganz überwiegender Auffassung" nicht.

Auch Wirtschaftsanwalt Ralf Weisser sieht "keine Gesetzesgrundlage" für Schadensersatzansprüche an Ex-Minister Scheuer. Er hält eine persönliche Haftung für "sehr unwahrscheinlich". Weisser weist außerdem darauf hin, dass der Schaden noch gar nicht bezifferbar sei und auch noch keine vollständige schriftliche Urteilsbegründung des Gerichts vorliege.

Minister haben "andere Beinfreiheit" als Bürgermeister

Bürgermeister und Bundesbeamte in Deutschland können persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie grob fahrlässig handeln. Minister sind allerdings keine Beamte. Laut Anwalt Heinemann gibt es für sie keine eigene entsprechende Regelung, weil sie "anders demokratisch legitimiert" seien. Sie stünden "an der Spitze der Verwaltung". Deswegen bräuchten Politiker und Minister eine "ganz andere Beinfreiheit", so Heinemann.

Der Fachanwalt sieht dadurch zwar Potenzial für Missbrauch. Er warnt aber auch vor den Folgen, sollte man strengere Maßstäbe anlegen: So könnten künftige Regierungen – Heinemann nennt hier als Beispiel Regierungen unter Beteiligung von AfD oder BSW – bei ihren Vorgängern Schadensersatz einfordern, weil sie der Auffassung sind, dass diese Fehlentscheidungen getroffen haben. Heinemann sagt, man müsse vorsichtig sein, dass man hier nicht "die Büchse der Pandora öffnet".

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