Seit 14 Jahren sucht die Schweiz nach einem geeigneten Standort für Atommüll. Am Montag will die Regierung nun einen weiteren wichtigen Schritt des selbsternannten "Jahrhundertprojekts" bekanntgeben: Die Bestimmung des Standortes des unterirdischen Endlagers. Zur Auswahl stehen drei Gebiete - direkt an der deutsch-schweizerischen Grenze.
Suche nach passendem Gestein
Die "Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle" (Nagra) hat hierfür über mehrere Jahre den Untergrund in der ganzen Schweiz untersucht. Dabei spielten im Wesentlichen geologische Aspekte eine Rolle, etwa wie das Gestein im Boden zusammengesetzt ist. Entschieden haben sich die Experten für Opalinuston, der die Abfälle sicher verschließen kann und mehrere hundert Meter tief im Boden liegt. Die geeigneten Gebiete mit diesem Gestein befinden sich alle im Norden der Schweiz: in den Kantonen Aargau, Zürich und einem kleinen Teil im Kanton Thurgau. Alle drei Kantone grenzen direkt an Baden-Württemberg an.
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Baden-Württemberg: "Schutz der Bürger muss gewährleistet sein"
Das baden-württembergische Umwelt- und Energieministerium teilte mit, falls der geologisch sicherste Standort in Grenznähe liege, "können wir das akzeptieren". Ressortchefin Thekla Walker (Grüne) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Geologie hat Vorrang: Das Land Baden-Württemberg drängt auf den sichersten Standort und wird zudem bestmögliche Sicherheitseinrichtungen und Transportkonzepte einfordern." Walker fügte hinzu: "Der Schutz unser Bürgerinnen und Bürger vor radioaktiver Strahlung muss gewährleistet sein."
Referendum könnte Bau stoppen
Mit der Entscheidung am kommenden Montag ist aber noch nicht direkt der Bau des Endlagers beschlossen. Bis zum Jahr 2024 soll zunächst ein Rahmenbewilligungsplan eingereicht werden, im Jahr 2029 soll dann der Bundesrat über das Baugesuch entscheiden. Der Bau des Tiefenlagers soll planmäßig ab 2045 starten.
Bis dahin könnten die Schweizer Bürger aber noch den Standort kippen. Denn prinzipiell ist auch nach der Genehmigung der Rahmenbewilligung ein Referendum möglich. Schon in den 90ern wurde so die Standortsuche eines Endlagers im Kanton Nidwalden durch eine Volksabstimmung gestoppt.
Noch vier AKW in Betrieb
Insgesamt rechnet das Schweizer Bundesamt für Energie bis zum Jahr 2075 mit rund 90.000 Kubikmeter Atommüll. Der Großteil davon, rund 90 Prozent, sind schwach- oder mittelradioaktiv, etwa aus der Medizin oder der Forschung. Knapp 9.400 Kubikmeter sind hochradioaktiver Abfall aus Kernkraftwerken. Davon hat die Schweiz aktuell noch vier in Betrieb, eines wurde vor drei Jahren stillgelegt. Anders als in Deutschland sollen die AKW in der Schweiz so lange laufen, wie ihre Sicherheit garantiert werden kann. Der Bau neuer Kernkraftwerke ist nicht geplant.
Deutschland: Endlager-Suche bis 2031
Auch in Deutschland gestaltet sich die Suche nach einem passenden Endlager schwierig. Bisher lagert der Müll in Stahlbeton-Hallen neben den Kraftwerken. Die Genehmigungen hierfür laufen aber bei den meisten im Jahr 2045 aus. Die Suche nach einem Endlager läuft hier ähnlich ab wie in der Schweiz: Derzeit werden in der ersten von drei Phasen die Standorte weiter eingegrenzt. Nach dem Standortauswahlgesetz soll der Bundestag bis 2031 über den endgültigen Standort entscheiden. Ab 2050 soll dort dann der Atommüll eingelagert werden.
- Zum Artikel: "Endlager-Suche: Wohin mit unserem Atommüll?"
Mit Material der dpa.
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